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Purchasing goes online

Neue Instrumente des Einkaufsmarketing
Purchasing goes online

Das Internet, bisher vorwiegend als Instrument der Vertriebsunterstützung bekannt, wird zunehmend im Einkauf eingesetzt, wie die zahlreichen Veröffentlichungen und Seminare zu diesem Thema in jüngster Zeit erkennen lassen. Dabei wird die Suche jedoch hauptsächlich auf neue Lieferanten über deren Homepages oder über im Internet verfügbare Lieferantenverzeichnisse abgestellt. Ein neuer Ansatz zur effizienten und gezielten Marktbearbeitung besteht in der Gestaltung einer eigenen Einkaufshomepage, wie dies am Beispiel der Mannesmann VDO AG dargestellt wird.

Dipl.-Kffr. Dagmar Mohr

Der traditionelle Ansatz des Einkaufsmarketing besteht in der Suche nach fähigen Lieferanten über Lieferantenverzeichnisse, Handelskammern, externe Datenbanken, Messebesuche etc. Je nach Qualität der zur Verfügung stehenden Informationen und Intensität der Suche, gelingt es dabei mehr oder weniger gut, aus der Fülle der möglichen Lieferanten die für das Unternehmen geeigneten zu isolieren.
Eine eigene Einkaufshomepage bietet dagegen die Möglichkeit, das Unternehmen und die gesuchten Produkte so darzustellen, daß sich von vornherein nur Lieferanten melden, die potentiell in der Lage sind, die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. Zu beachten ist jedoch, daß es sich hierbei um einen passiven Ansatz handelt – nicht das suchende Unternehmen, sondern der Gesuchte muß aktiv werden; Lieferanten melden sich eher zufällig. Zwar handelt es sich gewissermaßen um eine „Systematisierung des Zufalls“; dennoch kann diese Vorgehensweise nicht die aktive Lieferantensuche ersetzen, sondern nur sinnvoll ergänzen.
Inhalte einer Einkaufshomepage
Für die inhaltliche Ausgestaltung ist es wesentlich, sich auf Basis der eigenen Zielsetzung in das Informationsbedürfnis eines potentiellen Lieferanten hineinzuversetzen. Wichtig ist aber auch, das eigene Unternehmen so zu positionieren, daß es im Nachfragerwettbewerb um geeignete und preisgünstige Lieferanten bestehen kann.
Eine Einkaufshomepage sollte sich sinnvollerweise aus den folgenden Elementen zusammensetzen:
•Veranschaulichung des Ablaufs, von der Kontaktaufnahme über Internet bis zur Lieferung:
Um den Besuchern der Einkaufshomepage die inhaltliche Orientierung zu erleichtern, bietet es sich an, kurz den idealtypischen Ablauf vom Erstkontakt über das Internet bis hin zur Serienfertigung zu schildern. Für die Navigation innerhalb der Homepage gilt jedoch, daß die Bedienung selbsterklärend sein muß. Der Programmierer sollte sich daher unbedingt an den Internetstandards ausrichten.
•Darstellung der Lieferantenstrategie:
Die Beschreibung der Lieferantenstrategie dient zum einen dem Zweck, das Interesse eines potentiellen Lieferanten zu wecken, indem seine Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen aufgezeigt werden. Zum anderen werden die an ihn gestellten Anforderungen umrissen.
•Kurzbeschreibung der gesuchten Teile:
Der Schwerpunkt wird naturgemäß durch die Kurzbeschreibung der gesuchten Teile gebildet. Hierbei sollte man nach dem Prinzip „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ verfahren. Zielsetzung ist, daß ein Hersteller aufgrund von Beschreibung und Foto (das sich durch Doppelklick vergrößern läßt) entscheiden kann, ob er grundsätzlich in der Lage ist, das jeweilige Teil zu fertigen. Die notwendigen Angaben richten sich nach der Art des Produkts; wichtige Informationen sind jedoch immer die benötigte Menge, das Material und die Größe.
Mannesmann VDO verzichtet bewußt auf eine detailliertere Beschreibung oder sogar die Einstellung von Zeichnungen ins Internet, um die Kontrolle darüber zu behalten, an wen diese Informationen gelangen. Daran, das bestehende Konzept auf eine Angebotsabgabe direkt über das World Wide Web auszudehnen, ist daher zur Zeit nicht gedacht.
Die Zusammenstellung der Teile wird sich an den firmenspezifischen Erfordernissen ausrichten. Bei Mannesmann VDO stellt die Einkaufshomepage die Umsetzung eines schon vorher bestehenden Instrumentariums zur Lieferantensuche, der Standardanfrage, im Internet dar. Die Standardanfrage enthält für jede wichtige Materialgruppe Teile aus allen Einkaufsabteilungen im Inland und bildet somit ein repräsentatives Spektrum des Bedarfs je Materialgruppe ab.
•Online-Fragebogen zum Lieferantenprofil:
Ist ein Lieferant nun interessiert, einige der beschriebenen Teile anzubieten, wird er dazu aufgefordert, einen Fragebogen on-line auszufüllen und per E-Mail zurückzusenden. Der Fragebogen dient als wertvolle Informationsquelle, gleichzeitig aber auch als Hürde: Er enthält die Informationen, die wichtig sind, um zu entscheiden, ob eine Firma die gewünschte Anfrage erhält oder nicht, hat aber auch den Zweck, nicht ernsthafte Interessenten abzuschrecken.
Zugangswege
Wie findet nun ein potentieller Lieferant den Weg zur Einkaufshomepage? Zum einen, indem er ein Stichwort, beispielsweise das Produkt, welches er anbieten möchte, in eine Suchmaschine eingibt. Hierzu sollte die Homepage zusammen mit einer sinnvollen Auswahl an Stichworten bei den wichtigsten Suchmaschinen wie Alta Vista, Yahoo, Lycos, um nur einige zu nennen, registriert werden. Die Trefferquote läßt sich zusätzlich erhöhen, indem man eine Dokumentenkurzbeschreibung und eine Stichwortliste in den Header (Kopfbereich eines html-Dokumentes), der von einigen Suchmaschinen systematisch ausgewertet wird, einstellt.
Eine weitere Möglichkeit, die Anzahl der Zugriffe zu erhöhen, besteht im Setzen von Links auf anderen Homepages, zum Beispiel von Verbänden oder Handelskammern. Grundlage hierfür ist die Überlegung, welche Internet-Seiten von der Zielgruppe häufig besucht werden.
Nicht zuletzt kann man Lieferanten auch durch Angabe der Internet-Adresse auf Faxen, Briefbögen, E-Mails und Visitenkarten sowie im persönlichen Gespräch gezielt auf die Homepage verweisen.
Nutzen
Der Hauptnutzen einer Purchasing Homepage liegt in der Erweiterung des Instrumentariums zur weltweiten Suche neuer Lieferanten. Darüber hinaus gibt es positive Nebeneffekte, die für sich allein schon Kosten und Aufwand rechtfertigen können.
Sehr nützlich und zeitsparend ist beispielsweise die Möglichkeit, interessierte Lieferanten, die sich telefonisch oder schriftlich vorstellen, auf die Homepage zu verweisen, anstelle die gesuchten Produkte im Detail zu beschreiben, was verbal ohnehin nur begrenzt möglich ist. Genauso kann man bei der Kontaktierung neuer Lieferanten im Rahmen von Marktanalysen bereits im ersten Anschreiben auf die Homepage verweisen, was eine Verknüpfung mit dem traditionellen Ansatz darstellt. Nicht zuletzt kann die Homepage auf CD-ROM in Kombination mit einem Notebook als Online-Präsentation, beispielsweise auf Messen, anstelle der Mitnahme von Musterteilen verwendet werden.
Realisierung
Falls man Programmierung und Gestaltung einem externen Dienstleister überlassen möchte, sollte man darauf achten, daß er über Internet- und möglichst auch Einkaufserfahrung verfügt. Aufgrund der Aktualisierungshäufigkeit sind Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit ebenfalls wichtige Auswahlkriterien.
Nach der Entscheidung für einen Dienstleister geht es, in Abstimmung mit diesem, um die inhaltliche Ausgestaltung der Homepage. Der hierfür notwendige Zeitaufwand ist abhängig davon, inwieweit man auf schon Bestehendes, wie eine bereits ausformulierte Einkaufsstrategie oder, wie bereits erläutert, das Konzept der Standardanfrage, zurückgreifen kann. Wertvolle Anregungen können dabei auch andere Einkaufsseiten im Internet liefern.
Steht der Inhalt in den Grundzügen, sollte er mit den betroffenen Einkaufsabteilungen – falls diese nicht schon bei der Teileauswahl involviert waren, der Öffentlichkeitsarbeit, der Rechtsabteilung und gegebenenfalls auch mit den Kunden abgestimmt werden. Darüber hinaus müssen Musterteile beschafft und fotografiert und Vorschläge für das Layout erarbeitet werden.
Bis zur Abgabe des fertigen Entwurfs an den Programmierer können so mehrere Monate vergehen. Die Programmierung selbst nimmt dann noch einmal zwei bis vier Wochen in Anspruch. Parallel dazu müssen die der Homepage zugrundeliegenden Anfragepakete zusammengestellt werden. Für Korrekturen und Feinschliff sollten mindestens zwei weitere Wochen veranschlagt werden.
Auch nach dem Online-Termin muß genügend Zeit für die Bearbeitung der Antworten, die ständige Aktualisierung beziehungsweise Erweiterung der Homepage und Maßnahmen zu ihrer Verbreitung reserviert werden.
Kosten/Aufwand
Die Kosten einer Einkaufshomepage sind nur schwer zu beziffern, da sie von verschiedenen Faktoren abhängen wie der Wahl des Dienstleisters, dem Anteil der geleisteten Eigenarbeit (beispielsweise bei der Konzeption und der Erstellung der Fotos), der Anzahl und Ausgestaltung der Seiten und davon, ob bereits eine allgemeine Firmenhomepage, auf die aufgebaut werden kann, vorhanden ist. Zu berücksichtigen sind ebenfalls die Folgekosten für die Aktualisierung beziehungsweise Erweiterung.
Auch der zeitliche Aufwand kann sehr unterschiedlich ausfallen. Bei Mannesmann VDO vergingen ungefähr fünf Monate bis zum Online-Start.
Erfolgskontrolle
Ein großer Vorteil des Internets liegt in der Meßbarkeit dieses Mediums, weil man problemlos Statistiken über die erfolgten Zugriffe erstellen und damit die Anwendung permanent optimieren kann.
Mit Hilfe von Programmen wie Webtrends (http://www.webtrends.com) können beispielsweise ausgewiesen werden:
•Nutzer nach Ländern,
•Nutzer nach Organisationen,
•die am meisten genutzten Seiten,
•die am wenigsten genutzten Seiten,
•die durch eine Homepage gewählten Wege,
•die zeitliche Verteilung der Nutzung nach Wochentagen und Tageszeiten,
•welche Links zur Seite am häufigsten genutzt werden.
Feedback
Die bisher bei Mannesmann VDO mit der Purchasing Homepage gesammelten Erfahrungen sind durchweg positiv. Eine Auswertung der über drei Monate eingegangenen Antworten zeigte, daß das Ziel, nämlich Kontakte zu internationalen, exportorientierten, größeren Unternehmen mit Erfahrung in der Automobilbranche herzustellen, erreicht wurde.
Im Betrachtungszeitraum gingen insgesamt 26 Antworten ein, was circa zwei Antworten pro Woche entspricht. Dies mag sich wenig anhören, es kommt jedoch nicht auf die Masse, sondern auf die Klasse der Antworten an.
Die untersuchten Firmen verfügten im Durchschnitt über 290 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von 39 Mio. DM. Die gewünschte Affinität zur Automobilindustrie zeigt sich daran, daß der Anteil des Umsatzes in der Automobilindustrie bei durchschnittlich 41% lag. Ein weiteres Qualitätsmerkmal der Antworten zeigt sich im hohen Anteil von ISO- und QS-9000-Zertifizierungen: 73% der betrachteten Firmen verfügen über oder planen eine ISO-9000-Zertifizierung, 42% eine QS-9000-Zertifizierung.
So ist es nicht verwunderlich, daß 18 von 26 Firmen die gewünschte Anfrage auch bekamen. Absagen erhielten Firmen, die zu klein (lediglich in einem Fall) oder deren Produkte nicht geeignet waren (in drei Fällen). In einigen Fällen kam es auch vor, daß sich bestehende Lieferanten meldeten. Soweit sich ihr Interesse auf die bereits gelieferten Produktgruppen bezog, wurden sie an den für sie zuständigen Einkäufer verwiesen.
Die geographische Verteilung der angefragten Firmen zeigt mit elf Firmen einen Schwerpunkt in Europa, weitere vier Firmen liegen in Nordamerika, je eine Firma in Südamerika, Asien und Australien.
Das Konzept der Einkaufshomepage hat sich für Mannesmann VDO als wirksames zusätzliches Instrument zur Lieferantensuche bewährt und soll daher in Zukunft noch weiter ausgebaut werden. Es bleibt zu wünschen, daß diese Methode möglichst viele Nachahmer findet, denn umso eher wird die Angebotsseite diesen neuen Vertriebskanal für sich entdecken und aktiv nach Einkaufsseiten suchen.
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