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Saubere Saubermänner

Textilreinigung
Saubere Saubermänner

Die Sauberfrauen und Saubermänner der Textilreinigungsbranche sorgen in vielen Betrieben für stets frische Wäsche – Arbeitskleidung und Arbeitsmittel. Sie selbst wollen jedoch auch sauber bleiben – ökologisch gesehen. Die Branche strebt jetzt eine größere Energie- und Ressourceneffizienz an, die schon beim Einkauf beginnt.

Blut? Backpulver und viel Wasser. Rotwein? Salz und viel Wasser. Beim Entfernen von Flecken scheint das Motto „viel hilft viel“ zu gelten. Vor allem Wasser. Zwar empfiehlt der Waschmittelhersteller statt Backpulver und Salz Waschmittel, aber auch davon viel. Man nehme reichlich. Und erst Energie! Kochwäsche, 90° Celsius. Da kommt dann einiges zusammen, vor allem Liter und Megawattstunden. Gerade bei den großen Textilreinigern, welche sich um die Schmutzwäsche von Industriebetrieben, Kliniken (Blut) oder Hotels (Rotwein) kümmern.

Energie, Wasser und Waschmittel sind in diesen Betrieben bedeutende Kostenfaktoren – also immer eine Herausforderung für den Einkauf. Aber: Es ist der Branche auch sehr ernst mit dem Umweltschutz. Obwohl, um es mal mit etwas weniger Ernst zu formulieren, die Begriffe „grünes Mäntelchen“ und „Green Washing“, mit denen man normalerweise eine gewisse Scheinheiligkeit mancher Unternehmen bezeichnet, wie geschaffen sind für Textilreiniger und Großwäschereien.
Von einem „grünen Mäntelchen“ und „Green Washing“ kann jedoch keine Rede sein, wenn der Deutsche Textilreinigungs-Verband (DTV), das Laundry Innovation Network (LIN), die Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege e.V. und der Fachverband für Wäscherei-, Textil- und Versorgungsmanagement (FWL) jetzt gemeinsame Energiesparziele für die gesamte Branche aufgestellt und einen Masterplan zur Ressourceneinsparung aufgestellt haben. Der hohe Verbrauch von Ressourcen treibt die Branche um, die vor allem nach technischen Lösungen sucht. Durch den Einsatz neuster Technik können Wäschereien Energieeinsparungen von 20 bis 30 Prozent erreichen.
Eine Wäscherei, die eine Tonne Wäsche am Tag reinigt, könnte damit jährlich rund 400 Megawattstunden an Energie einsparen. Dies entspricht ungefähr dem Verbrauch von 130 Privathaushalten. Würden die etwa 2000 von den Textilreinigungsverbänden vertretenen Wäschereien je 200 Megawattstunden im Jahr einsparen, entspräche das dem ungefähren Verbrauch einer Stadt mit rund 70 000 Einwohnern.
Mit der Entwicklung eines gemeinsamen Masterplans wollen die Verbände die Entwicklung von Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz und Ressourcenschonung in Wäschereien fördern.
Dabei konzentrieren sich die Textilreinigungsverbände nach eigenen Angaben auf ganzheitliche Lösungen. Mit einer gemeinsamen Kampagne wollen die Verbände sowohl alle Unternehmen der eigenen Branche als auch Maschinenbau- und Zulieferbetriebe für die Energieeinsparung gewinnen.
Mit Maschinenbauern, die die Anlagen liefern, arbeiten die Reinigungsbetriebe besonders eng zusammen. So bearbeitet Mewa Textil- und Mietservice in Bottrop mit moderner Prozesstechnik monatlich rund 440 000 Kleidungsteile. Über ein Rohrpostsystem gelangt die Schmutzwäsche automatisch zu den Wiege- und Bearbeitungsstationen. Die beiden zwölf Meter langen Waschstraßen arbeiten nach einem Wirkprinzip, das einen besonders geringen Einsatz an Wasser, Energie und Waschmittel möglich machen soll.
Weitere Beispiele wie in der Textilreinigungsbranche die Energie- und Ressourceneffizienz verbessert werden kann, zeigen verschiedene Projekte der Verbände. „In Einzelprojekten des DTV können bis zu 90 Prozent Wasser und 70 Prozent der Energiekosten eingespart werden“, so Joachim Krause, Präsidiumsmitglied des DTV, „diese Einsparpotenziale wollen wir nun auf die gesamte Branche übertragen.“ Der Inhaber einer Wäscherei werde sich zukünftig Gedanken machen müssen, wie er die „verlorene“ Energie beim Waschen-Trocknen-Mangeln, die über das Dach gepustet wird, sinnvoll zum Beispiel mit Wärmetauschern mehrfach verwenden kann, ergänzt Karl-Rainer Dauer, Erster Vorsitzender der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege e.V. Auch bei der Energieeffizienz verzeichnen die Projekte der Textilreinigungsverbände Erfolge. Das Laundry Innovation Network rief das Projekt „Die grüne automatisierte Wäscherei“ ins Leben. Teilprojekte zielen etwa auf die Wärmeerzeugung durch Holzpellets ab. „Diese Innovation erreicht eine Einsparung von 30 Prozent der Energiekosten gegenüber Gas- und Ölheizungen“, berichtet Lothar Kühne, Beiratsvorsitzender und Sprecher des Laundry Innovation Networks. Ein weiteres durch das Netzwerk erarbeitetes Verfahren kann den Wasserverbrauch, mittels Waschwasserrecycling um 60 Prozent senken.
„Wir müssen unserer ökologischen, ökonomischen und unserer unternehmerischen Verantwortung Rechnung tragen – mit energieeffizienten, umweltrelevanten Maschinen, Hilfsmitteln und Verfahren“, so Friedrich Eberhard, DTV-Präsident. Energiekosten im Textilreinigungsgewerbe erreichen gemessen am Umsatz einen Anteil von 7 bis 12 Prozent. „Energieeinsparungen lohnen sich deshalb auch wirtschaftlich“, so Eberhard.
Durch den Zusammenschluss der Verbände könne sehr viel mehr erreicht werden, als es durch die Einzelprojekte möglich ist, meint Hans-Ulrich Steinkopf, erster Vorsitzender des FWL. Mit der gemeinsamen Kampagne unterstütze man auch diejenigen Unternehmen, die alleine nicht über die notwendigen Investitionsmittel etwa für Forschung und eigene Entwicklungen verfügen. Einsparungen nutzt also den Unternehmen und der Umwelt gleichermaßen.
Bei allen Versuchen Ressourcen einzusparen haben die Textilreiniger aber auch ernüchternde Erkenntnisse gemacht. Eine davon lautet: „Wasser ist zum Waschen da“. Das soll bedeuten, dass Versuche, mit Ultraschall zu reinigen, im Wesentlichen gescheitert sind. Wasser ist jedoch auch zum Spülen da und hier nicht weniger wichtig. Das Wasser in kaum noch verschmutzten Spülbädern kann jedoch wieder für einen Waschgang verwendet werden. Die Fachleute sprechen von sogenannter „Kaskadennutzung“. Für das Spülen müssen derzeit 12 bis 18 Liter Wasser da sein, Ziel sind 5 bis 6 Liter.
Richtig gute Erfolge gab es aber zum Beispiel beim Trocknen der Wäsche, wahrlich ein großer Kostenblock. Der ließ sich deutlich verkleinern, in dem man schnell trocknende Textilien zu verwenden begann. Am deutlichsten treten die ambitionierten Ziele beim Energieverbrauch zutage. Ein durchschnittlicher mittelständischer Betrieb behandelt heute etwa 4000 kg Wäsche pro Stunde (im Haushalt etwa 5 kg). Jedes Kilo verschlingt drei bis vier Kilowatt, das Ziel sind 0,6 kW/kg. Allerdings hapert es oft schon an der Verbrauchsdatenerfassung und an der Kennzahlenbildung.
Hier schimmert ein bei den Verbandsvertretern der Textilreinigungsbranche ein wenig Frust durch. Jeder spreche über die Aluminiumindustrie mit wenigen Großbetrieben und entsprechender Lobby, die Druck ausübt. Das gelingt den Textilreinigern kaum, weil es 300 bis 400 Großwäschereien mit mehreren Tonnen Waschleistung pro Tag gibt und dazu über 2000 kleine und mittelständische Betriebe mit nicht mehr als zwei bis drei Beschäftigten.
Großbetriebe haben es beim Energie- und Wassersparen etwas einfacher. Dies zeigt das Beispiel der Industriewäscherei Larosé in Berlin. Das Unternehmen tut einiges, von der emissionsoptimierten Fahrzeugflotte bis zur Verwendung von Textilien mit dem Öko-Tex-Standard 100. Es ist Mitglied im B.A.U.M. und im Global Compact Netzwerk. Besonders stolz ist Carsten Schlegel, Niederlassungsleiter in Berlin, auf die Installation des, wie er sagt, größten Energierückgewinnungssystems einer Wäscherei mit 7 Waschstraßen, 2 Waschschleudermaschinen sowie 3 Finishern und 5 Mangelstraßen. Einerseits geht es dabei um das warme Abwasser der Waschstraßen und Schleudermaschinen. Aus einem Sammelbecken fließt es in das Herzstück des Systems, ein Rohr-in-Rohr-Wärmetauscher mit 120 m Länge. Er kühlt das Wasser ab, es fließt dann in einen Kanal. Im Gegenstrom wird das gesamte Frischwasser über den Wärmetauscher vorgewärmt und in einem zweigeteilten (12 m3/6 m3) 18-Kubikmeter-Tank gespeichert. Andererseits geht es um die heiße Luft, die der Betrieb produziert, nämlich mit den Mangelstraßen und Finishern. Sie wird zu vier Kondensationswärmetauschern geleitet. Durch diese Wärmetauscher wird dann das schon vorgewärmte Frischwasser gepumpt. Für die beiden Teile des Tanks kann man unterschiedliche Temperaturen wählen, so dass das Wasser den Waschstraßen als Warm- oder als Heißwasser zur Verfügung steht.
Die Berliner Großwäscherei spart dadurch über die Hälfte (51 %) der Primärenergie ein und stößt entsprechend weniger CO2 aus. In Berlin sind das etwas über 3500 MWh/Jahr bzw. knapp 742 Tonnen CO2, für die gesamte Larosé-Gruppe lauten die Werte 6936 MWh/Jahr bzw. 1457 Tonnen CO2. Das entspricht, so das Unternehmen, einer jährlichen CO2-Reduzierung von 70 000 Bäumen.
Auch die Umrechnung auf die Mitarbeiter macht deutlich, was der Einsparungserfolg Wert ist. Bei 450 Beschäftigten in Berlin, entspricht die Reduzierung dieses Betriebes 1,6 Tonnen pro Kopf. Das sind von 15 Prozent der Gesamtemissionen eines Menschen in Deutschland.
Das alte Motto „viel hilft viel“ beim Waschen gilt definitiv in der Textilreinigungsbranche nicht mehr. Daniel Zabota
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