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Schlüssel zum Erfolg

Supply-Key-Account-Management
Schlüssel zum Erfolg

Der Einkauf muss sich vom Selbstverständnis eines untergeordneten Dienstleisters lösen und zum strategischen Partner seiner internen Kunden aufsteigen, wenn er seiner großen Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens Rechnung tragen will. Ein Blick in die Marketing- und Vertriebsabteilungen zeigt, dass dort schon lange an ähnlichen Fragestellungen gearbeitet wird. Deren Erkenntnisse können auf das Supply Management übertragen werden.

Dr. Evi Hartmann Dipl.-Kaufm. Sando Reinhardt

Wie selten zuvor befindet sich der Einkauf in jüngster Zeit im Fokus der Unternehmenspraxis. Es wird immer häufiger erkannt, dass im Einkauf ein außerordentliches Potenzial zur Realisierung von Wettbewerbsvorteilen liegt. In Zeiten erhöhten Kostendrucks, voranschreitender Globalisierung der Märkte und Intensivierung des Wettbewerbs gilt dies mehr denn je.
Dennoch, in vielen Unternehmen werden die hohe Bedeutung und das Potenzial des Einkaufs immer noch verkannt. Oft nimmt der Einkauf nach wie vor die Rolle einer untergeordneten Servicefunktion ein. In diesen Unternehmen stehen die bloße Verbesserung der Einstandspreise und administrative Abwicklungsaufgaben auf der Tagesordnung.
In der Optimierung von Konditionen liegen allerdings keine weiteren signifikanten Potenziale mehr. Dies zeigen eindrucksvoll Negativbeispiele von Unternehmen, die ihre Marktmacht bereits zu stark ausgespielt hatten (Lopez-Effekt).
Und die Begrenzung des Einkaufs auf administrative Aufgaben schafft kaum Mehrwert für das Unternehmen.
Wie kann das Potenzial des Einkaufs nun aber ausgeschöpft werden?
Natürlich hat die Erzielung günstiger Konditionen weiterhin höchste Bedeutung. Zukünftig muss jedoch die Konzentration auf die Realisierung von Einsparpotenzialen in den Geschäftsprozessen im Unternehmen noch stärker in den Vordergrund rücken. Der bloße Einsatz von E-Plattformen reicht bei weitem nicht aus.
Um der hohen Bedeutung des Einkaufs für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen Rechnung zu tragen, muss sich der Einkauf vom Selbstverständnis eines untergeordneten Dienstleisters lösen und zum strategischen Partner seiner internen Kunden, also der Fachbereiche im Unternehmen, aufsteigen. Der hieraus entstehende Anspruch an Einkauf und Beschaffung findet im Verständnis des Supply Managements Ausdruck. Dieses übernimmt die ganzheitliche, integrative Planung, Steuerung und Kontrolle der internen und externen Wertschöpfungskette. Das Supply Management hat das Ziel, prozessübergreifenden Einfluss auf Entscheidungen im Unternehmen auszuüben und somit die Unternehmenseffizienz nachhaltig zu verbessern.
Der Einkauf gewinnt weiter an Bedeutung
Durch den Wandel von Einkauf und Beschaffung zum Supply Management und das damit einhergehende Ziel, prozessübergreifenden Mehrwert im Unternehmen zu schaffen entsteht ein Aufgabenfeld, das nur in enger Abstimmung mit den internen Kunden wahrgenommen werden kann.
Der Wandel des Einkaufs und die Ausschöpfung der Potenziale eines effektiven Supply Managements werden jedoch gerade durch mehrere Probleme der innerbetrieblichen Zusammenarbeit erschwert.
Hierzu zählen zum einen Koordinationsdefizite. Sie äußern sich in Synergiemängeln und Zielkonflikten zwischen dem Einkauf und dessen internen Kunden. So kaufen einzelne Geschäftseinheiten oft gänzlich getrennt voneinander ein und verzichten damit auf positive Effekte aus Bündelungsmöglichkeiten und Standardisierungsmöglichkeiten. Erschwerend kommt hinzu, dass in der Zusammenarbeit zahlreiche Zielkonflikte herrschen. Ein klassisches Beispiel für einen solchen Zielkonflikt ist das Bestreben der Fachbereiche, sei es bewusst oder unbewusst, den Einkauf erst möglichst spät einzuschalten. So stehen anfangs zumeist technische Gesichtspunkte im Vordergrund, während die kaufmännische Perspektive des Supply Managements von den Fachbereichen eher als störend empfunden wird.
Abhängigkeitsprobleme thematisieren den notwendigen Zugang zu Entscheidungsprozessen, die bei den internen Kunden liegen, sowie die Abhängigkeit von deren Kooperationsbereitschaft. Nur wenn das Supply Management in Entscheidungsprozesse der Fachbereiche einbezogen wird, kann es unternehmensweiten Mehrwert schaffen. Dem Einkauf aber eine gleichberechtigte Position im Unternehmen zuzugestehen und dabei womöglich Entscheidungskompetenzen an ihn abzutreten, missfällt Fachbereichen häufig sehr. Dadurch entstehen Widerstände und opportunistisches Verhalten, welche sich beispielsweise im teilweisen Umgehen des Einkaufs, im eigenmächtigen Festlegen von Lieferanten oder durch Nichteinhalten von Richtlinien und Rahmenverträgen manifestieren.
Informationsprobleme verstärken schließlich die bereits beschriebenen Defizite. Beteiligte Parteien verfügen häufig schlichtweg nicht über alle benötigten Informationen, um objektiv entscheiden und ihr Handeln an einer gemeinsamen übergeordneten Zielsetzung ausrichten zu können.
Wie können diese Problemfelder der Zusammenarbeit überwunden werden? Die Antwort liegt in der Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zwischen Supply Management und internen Kunden.
Ebenso wie Unternehmen auf der Absatzseite in Kundenbeziehungen investieren, muss das Supply Management in die Beziehungen zu seinen internen Kunden investieren und zum kundenorientierten Problemlöser werden. Das Supply Management muss Überzeugungsarbeit leisten und ein proaktives, internes Marketing betreiben, damit die internen Kunden von den Erfolgspotenzialen und seiner Kompetenz überzeugt werden.
Die Akzeptanz und das Vertrauen seitens der internen Kunden sind kritische Erfolgsfaktoren für das Supply Management. Sie heben Widerstände auf und beeinflussen den Zugang zu Informationen, die Beteiligung an Entscheidungsprozessen und die Kooperationsbereitschaft.
In Kundenbeziehungen investieren – vom Marketing lernen
Nur stellt sich die Frage nach dem „Wie“: Wie kann das Supply Management die Beziehungen zu den Fachbereichen verbessern? Ein Blick in die Marketing- und Vertriebsdisziplin zeigt, dass dort schon lange an ähnlichen Fragestellungen gearbeitet wird. Schon seit Mitte der 70er-Jahre beschäftigt sich die Marketingforschung intensiv mit dem Management von Beziehungen zu den wichtigsten Endkunden, die in der Regel „Key Accounts“ genannt werden. Hierzu wurden spezielle Stellen, sogenannte Key Account Manager, geschaffen. Diese bilden die Schnittstelle zu den Key Accounts und koordinieren die internen Ressourcen, die für eine kundenorientierte Leistungserstellung benötigt werden. Sie sind für die ganzheitliche Betreuung des Kunden verantwortlich. Die dahinterstehende „One-Face-to-the-Customer“-Philosophie stellt die Kundenorientierung in den Mittelpunkt und versucht hierdurch, die Probleme der Zusammenarbeit wesentlich zu reduzieren.
Die Erkenntnisse der Marketing- und Vertriebsforschung können auf das Supply Management und dessen interne Beziehungen zu Fachbereichen übertragen werden. Das daraus entstehende Konzept des „Supply-Key-Account-Management“ (SKAM) ist ein organisatorisches Konzept zum Management von internen Kundenbeziehungen im Supply Management. Supply-Key-Account-Management leistet einen großen Beitrag für den Wandel des Einkaufs zum Supply Management und hilft mit, die beschriebenen Probleme der Kooperation mit Fachbereichen zu überwinden.
Supply-Key-Account-Management – Zielsetzungen und Funktionen
Zielsetzung des Supply-Key-Account-Managements ist es, die Geschäftsbeziehungen des Supply Managements zu seinen Key Accounts zu gestalten und ständig zu verbessern. Im Fokus stehen dabei
  • die Leistungsparameter Zeit, Qualität und Kosten,
  • die Erfüllung der internen Kundenbedürfnisse,
  • die Sicherstellung der internen Kundenzufriedenheit,
  • die Stabilisierung der internen Kommunikationsflüsse sowie
  • die Wirtschaftlichkeit der Supply-Prozesse und der beschafften Produkte und Dienstleistungen.
Supply-Key-Account-Manager identifizieren die Bedürfnisse der bedeutendsten internen Kunden, den so genannten Supply-Key-Accounts. Sie unterstützen diese bei der Bedarfsplanung und beraten sie umfassend. Sie realisieren Integrationspotenziale und Synergiepotenziale und vertreten die Interessen ihrer Kunden als deren „Anwälte“ innerhalb des Supply Managements. Außerdem stellen sie die rechtzeitige Einbindung des Supply Managements in Entscheidungsprozesse sicher, erhöhen die interne Kundenzufriedenheit und kommunizieren die Stärken und Erfolgspotenziale aus einer Zusammenarbeit mit dem Supply Management.
Das Supply-Key-Account-Management wirkt innerhalb des Unternehmens und verfolgt dabei zwei Zielrichtungen:
Zum einen gestaltet das SKAM die Beziehungen zwischen Supply Management und internen Kunden. Es baut qualitativ hochwertige Beziehungen auf und vermarktet das Supply Managements aktiv im Unternehmen. Durch verbesserte Geschäftsbeziehungen mit den internen Kunden steigt der Informationsstand sowohl im Supply Management als auch beim internen Kunden. Hierdurch kann eine frühzeitige Einbeziehung des Supply Managements in Beschaffungsentscheidungen erreicht werden. Außerdem ermöglichen die engeren Beziehungen ein Controlling der Fachbereiche, da die Einhaltung von Rahmenverträgen und Richtlinien in den Fachbereichen überwacht werden kann. Unterstützung durch die Supply-Key-Account-Manager bei der Bedarfsplanung und bei der Bedarfskoordination der Supply-Key-Accounts verbessert sowohl die Planungssicherheit des Supply Managements als auch Standardisierungschancen und Volumenbündelungspotenziale. Außerdem kann der Supply-Key-Account-Manager dazu beitragen, die Ausgaben der Fachbereiche zu reduzieren. Dies führt zu zusätzlichen Einsparungen und Effizienzsteigerungen. Eine intensivierte Kundenbindung trägt dazu bei, dass die Einkaufspotenziale optimal ausgeschöpft werden können.
Zum anderen unterstützt das SKAM die Beziehungen innerhalb des Supply Managements, also unter den Mitarbeitern der Supply Organisation. Es übernimmt hierbei die Koordination der Leistungserstellung für den internen Kunden, indem es die notwendigen internen Ressourcen des Supply Managements zusammenführt und auf den kundenbezogenen Bedarfsfall ausrichtet.
Insbesondere in großen Konzernen finden sich neben zentralen Supply Managern auch zahlreiche dezentrale Supply Manager in Werken und Auslandsgesellschaften. Auch diese Werks-Supply-Organisationen können als interne Kunden des zentralen Supply Managements verstanden werden. Supply-Key-Account-Management ermöglicht hier die außerhierarchische Beziehungsgestaltung zu Werks-Supply-Organisationen.
Implementierung eines Supply-Key-Account-Managements
Erster Schritt der Implementierung des SKAM muss sein, die Supply-Key-Accounts von weniger bedeutenden internen Kunden abzugrenzen. Diese Aufgabe scheint zunächst trivial, ist aber von größter Wichtigkeit für den späteren Erfolg des Supply-Key-Account-Managements.
Die Identifikation von Key Accounts anhand ihres Anteils am Gesamt-Einkaufsvolumen liegt nahe. Dies ist aber bei weitem nicht das einzig mögliche Identifikationskriterium. Ebenso kommt eine Auswahl anhand der Bedeutung des Beschaffungsvolumens der internen Kunden in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens in Betracht. Auch das Versorgungsrisiko der internen Kunden, die Wahrscheinlichkeit von Erfolgspotenzialen bzw. das Verbesserungspotenzial durch eine intensivierte Kooperation sind als Identifikationskriterien denkbar.
Auch die Lebenszyklusphase der Beziehung zwischen internem Kunden und Supply Management ist ein mögliches Identifikationskriterium zur Definition von Key Accounts. Vorstellbar ist etwa, dass neue interne Kunden eine besonders intensive Betreuung durch den Key Account Manager erhalten.
Dies sind natürlich nur einige exemplarisch ausgewählte Kriterien. Viele weitere sind in Abhängigkeit von den vom Supply Management verfolgten Zielen möglich.
Die marketingseitige Key-Account-Management-Forschung unterscheidet hinsichtlich der Konzeptimplementierung häufig vier Gestaltungsdimensionen. Hiernach kann das Key-Account-Management in den Dimensionen KAM-Aktivitäten, KAM-Akteure, KAM-Zusammenarbeit und KAM-Formalisierung variieren.
Übertragen auf das Supply-Key-Account-Management sind SKAM-Aktivitäten diejenigen Tätigkeiten, die das Supply Management für seine Key Accounts initiieren kann. Die Bandbreite möglicher Aktivitäten ist groß. Vom bloßen Vermitteln von Kontakten zu Spezialisten im Supply Management bis hin zu besonderen Dienstleistungen für Key Accounts ist vieles möglich.
SKAM-Akteure sind die am SKAM partizipierenden Mitarbeiter und deren organisatorische Einordnung. Die Ausübung des SKAM kann von Einzelpersonen oder spezialisierten Teams wahrgenommen werden. Außerdem kann sie als Vollzeittätigkeit oder als Teilzeittätigkeit neben dem Tagesgeschäft durchgeführt werden. Des Weiteren ist die hierarchische Einordnung des SKAM variabel. Die Dimension SKAM-Zusammenarbeit beschreibt die Kontrolle des Supply-Key-Account-Managers über andere beteiligte Ressourcen und die SKAM-Kultur im Supply Management.
Unter SKAM-Formalisierung kann der Grad der Formalisierung des SKAM-Programms verstanden werden. Hier können SKAM-Programme mit formellen Prozessbeschreibungen und Richtlinien von weniger formellen SKAM-Programmen unterschieden werden.
Die letztendliche Gestaltung eines individuellen SKAM-Programms in den beschriebenen vier Dimensionen muss sich an der individuellen Situation des Unternehmens bzw. des Supply Managements und an den verfolgten Zielsetzungen ausrichten. Eine idealtypische Gestaltung des SKAM im Unternehmen gibt es nicht.
Das traditionelle Key-Account-Management hat sich schon seit langem branchenweit durchgesetzt. Die Bedeutung des Managements von Beziehungen zu Kunden auf Abnehmerseite wird allgemein nicht in Frage gestellt. Das Potenzial eines Supply-Key-Account-Managements wurde bislang jedoch nur von wenigen Unternehmen erkannt. Und das, obwohl alleine die Anzahl interner Kunden in einigen Branchen leicht an die Anzahl an Endkunden herankommt.
Der Wandel vom Einkauf zum Supply Management hat begonnen und die Erschließung von möglichen Einsparungspotenzialen in Unternehmen geht in die nächste Runde. Prof. Christopher Jahns
Literatur:
  • Carduck, Christian: Marketing für den Einkauf – Zunehmender Einfluss auf strategische Unternehmensentscheidungen. In: Beschaffung aktuell, Nr. 1, 1999, S. 28–30.
  • Jahns, Christopher: Supply Management. Neue Perspektiven eines Managementansatzes für Einkauf und Supply, St. Gallen und Sternenfels, 2004.
  • Jahns, Christopher: Supply Communication Management. In: Beschaffung aktuell, Nr. 8, 2003, S. 26–31.
  • Workman, John P., Homburg, Christian und Ove Jensen: Intraorganizational Determinants of Key Account Management Effectiveness. In: Journal of the Academy of Marketing Sciences, Vol. 31, No. 1, 2003, S. 3–21.

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