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Schrott-Preise machen Guss-Produkte teurer

Winfried Hespers, Chef der Claas Guss GmbH, im Gespräch mit BA
Schrott-Preise machen Guss-Produkte teurer

„Die Chinesen kaufen Schrott zu fast jedem Preis“, sagt der Sprecher der Geschäftsführung der Claas Guss GmbH, Bielefeld, Winfried Hespers, im Interview mit BA Beschaffung aktuell. Dadurch sind jetzt auch die Schrottpreise auf dem Weltmarkt drastisch gestiegen. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf die Preise für Gussteile in Deutschland bleiben. kg

BA: Herr Hespers, die Schrottpreise ziehen derzeit drastisch an, Schrott ist fast nicht mehr zu bekommen, warum?
Hespers: Der Hauptgrund dürfte darin zu suchen sein, dass der asiatische Stahlverbrauch – und hier insbesondere der chinesische – drastisch gestiegen ist und noch weiter steigen wird. Gleichzeitig sind die europäischen Produktionskapazitäten nicht gestiegen, aber der Export boomt. Die europäischen Stahlerzeuger brauchen mehr Schrott, und der Schrott-Export aus Europa boomt. Die Chinesen kaufen Schrott zu fast jedem Preis.
BA: Wie haben sich die Preise seit 2000 entwickelt?
Hespers: In den Jahren 2000 bis 2002 schwankten die Schrottpreise gering um einen Mittelwert von etwa 110 Euro/t. Erst im Jahr 2003 gingen die Preise drastisch nach oben. So stiegen die Notierungen an der New Yorker Börse innerhalb von 12 Monaten um 64,5 %. Für unser Haus entwickelten sich die Schrottpreise aber je nach Qualität im Mittel in den letzten 12 Monaten von 125 auf 222 Euro.
BA: Welche Auswirkungen hat das auf die Preise der Gussprodukte, aber auch auf andere Branchen wie Schmiedeteile, Draht etc. und dadurch auf die Endprodukte?
Hespers: Bei einem angenommenen Durchschnittspreis von 1.400 Euro für die Tonne Guss wirken sich rund 100 Euro/t Stahlschrott zu einer Preissteigerung von rund 7 % beim Gussrohling aus. Je nach Rohstoffintensität (gewichtsintensiv) und anschließender Wertschöpfung werden sich Finalprodukte (Aggregate) um 1 bis 2 % verteuern.
BA: In Italien wurde ein Stahlwerk bereits vorübergehend stillgelegt, ist das in Deutschland auch zu befürchten?
Hespers: Für Stahlwerke kann ich das nicht besonders gut beurteilen, aber Gießereien, die nur 20 % des deutschen Schrottbedarfs abnehmen (80 % nehmen die Stahlwerke) dürften weiterhin versorgt werden, wenn sie jeden Preis bezahlen. Zur Zeit bekommen wir Stahlschrott für unsere Schmelzbetriebe angeliefert und erfahren erst 10 Tage später, was dafür zu zahlen ist. Andernfalls werden wir nicht versorgt.
BA: Wo kommt der Schrott bisher her, warum ist er knapp? Kann das als Kehrseite der Globalisierung bezeichnet werden?
Hespers: Sicherlich spielt die Globalisierung eine große Rolle. Vereinzelte Volkswirtschaften versuchen sich dagegen zu wehren und schützen den Inlands-Stahlschrottanfall durch Export-Strafzölle. Eine gewisse Parallelität kann man erkennen bei den Gießerei-Roheisenqualitäten. Konnte man vor Jahresfrist noch Roheisen für 160 bis 180 Euro/t aus Russland, Südafrika oder Brasilien beziehen, so liegen aktuelle Abschlüsse um 380 bis 400 Euro frei Werk. Das heißt, keine Abhängigkeit von Herstellkosten, sondern es zählt ausschließlich der am Markt erzielbare Preis.
BA: Gibt es mögliche Gegenmaßnahmen?
Hespers: Sollte sich der Stahlverbrauch in China in nächster Zeit auf diesem Niveau fortsetzten – der derzeitige Jahresverbrauch der Chinesen pro Kopf liegt nur bei 1/3 des europäischen Stahlverbrauchs – so werden wir längere Zeit mit diesen hohen Preisen leben müssen. Dieses wird dann aber auch wieder neue technologische Möglichkeiten finanzierbar machen. Stichworte sind hier wieder mehr Stahl aus Erz-Verhüttung, Eisenschwamm-Produktion und noch mehr Recycling-Kapazitäten.
BA: Danke für das Gespräch.
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