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So beschafft die Bundeswehr

Leuchttürme der Öffentlichen, Teil I
So beschafft die Bundeswehr

Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) in Koblenz hat seit August 2006 eine eigene Serviceabteilung „Strategischer Einkauf der Bundeswehr“ (StratEK Bw). Ihre Kernaufgabe ist die bedarfsgerechte Versorgung der Streitkräfte zu wirtschaftlichen Bedingungen. Im Bereich der Beschaffung handelsüblicher Güter und Dienstleistungen nimmt sich StratEK Bw auch aktiv der Rolle als Service Center für den Bund an.

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Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) in Koblenz hat seit August 2006 eine eigene Serviceabteilung „Strategischer Einkauf der Bundeswehr“ (StratEK Bw). Ihre Kernaufgabe ist die bedarfsgerechte Versorgung der Streitkräfte zu wirtschaftlichen Bedingungen. Im Bereich der Beschaffung handelsüblicher Güter und Dienstleistungen nimmt sich StratEK Bw auch aktiv der Rolle als Service Center für den Bund an.

Der Strategische Einkauf der Bundeswehr ist eine Folge veränderter Rahmenbedingungen für die Beschaffung in der Bundeswehr („Teilkonzeption Bereitstellung und Bevorratung“, „ 7-Punkte-Programm der Bundesregierung“ und „Zukunftsorientierte Verwaltung durch Modernisierung“). Die Bundeswehr ist im Rahmen ihrer Transformation mit der Teilkonzeption „Bereitstellung und Bevorratung“ auf einen Paradigmenwechsel im Bereich der Bundeswehr-Logistik angewiesen. Um eine nachhaltige Reduzierung von Depotlagerflächen zu erreichen, werden mittelfristig handelsüblich-querschnittliche Güter (indirect spend), die am Markt beschafft werden können, nicht mehr zentral bevorratet. Die noch aus Zeiten des kalten Krieges herrührende Depotlogistik wird damit zunehmend durch eine direkte Zulieferlogistik ersetzt.

Das „7-Punkte-Programm der Bundesregierung“ sieht zur Optimierung öffentlicher Beschaffungen die Bündelung der Bedarfsdeckung auf Bundesebene vor (z.B. Nutzung des zentralen Internetportals, des E-Vergabe-Systems, des Kaufhauses des Bundes, Rahmenverträge für Standardleistungen und -produkte, durchgängige elektronische Geschäftsprozesse). Danach ist für geeignete handelsübliche Güter und Dienstleistungen die politische Vorgabe einer ressort-übergreifenden Bündelung auf der „Konzernebene Bund“ vorgegeben. Im Rahmen der Initiative „ Zukunftsorientierte Verwaltung durch Modernisierung“ wird die Bundesverwaltung in Zukunft komplexere Aufgaben mit weniger Ressourcen schneller und vielfach in höherer Qualität erbringen müssen. Als unmittelbare Handlungsfelder ergeben sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Geschäftsprozessoptimierung, die elektronische Zusammenarbeit von Wirtschaft und Verwaltung durch gemeinsame Prozessketten sowie die Anpassung bestehender Organisationsstrukturen.

Die Serviceabteilung StratEK Bw im BWB greift diese Zielsetzungen aktiv auf. Sie unterstützt die Umstellung der Depot- auf eine Zulieferlogistik in der Bundeswehr, leistet einen Beitrag zur Steigerung der Beschaffungseffizienz des Bundes und setzt die Forderungen des Regierungsprogramms „ Zukunftsorientierte Verwaltung durch Innovation“ konsequent um.

Immenser Effekt für das Gemeinwohl

Der Unterschied zur bisherigen Beschaffung der Bundeswehr liegt darin, dass beim Strategischen Einkauf nicht mehr eine abschließend quantifizierte „aktuelle“ Bedarfsmenge zu einem Vergabeverfahren und zu Einmal- oder Sukzessivlieferungen ins Depot führt. Vielmehr ist eine prognosebasierte, in einem künftigen Zeitfenster ableitbar zu erwartende Bedarfsmenge Gegenstand eines zentralen Vergabeverfahrens, auf dessen Grundlage ein Bündelungsvertrag geschlossen wird. Bei Auftreten des konkreten Bedarfs wird dann aus diesem Vertrag dezentral bestellt.

Die Nutzung dieses Angebots ist insbesondere mit folgenden Vorteilen verbunden:

· Bündelung: Als größter Bedarfsträger auf Bundesebene erreicht die Bundeswehr eine preisbildende Grundmenge, an der andere Ressorts partizipieren können.

· Prozessoptimierung: Schlanke Prozesse führen zu schnellen und kostengünstigen Beschaffungen. Durch die Nutzung von Bündelungsverträgen der Bundeswehr entfallen für Beschaffer anderer Ressorts eigene zeit- und kostenaufwändige Vergabeverfahren. Einfache Bestellmöglichkeiten wie das Kaufhaus des Bundes oder Excel-basierte Bestellscheinverfahren stehen zur Verfügung.

· Transparenz: Einkaufscontrolling ist integraler Bestandteil des Beschaffungsprozesses über Bündelungsverträge der Bundeswehr. Jeder Beschaffer erhält damit automatisch Transparenz über seine Beschaffungsaktivitäten als kostenlose Serviceleistung.

Das BWB hat erkannt – ebenso wie es im Einkauf der Privatwirtschaft der Fall war –, dass neue Aufgaben neue Rollen bzw. Anforderungsprofile benötigen. Zentraler Rollenträger seitens des strategischen Einkaufs ist der „Sortimentsmanager“. Er initiiert Bündelungsverträge, steuert, koordiniert und unterstützt alle Teilprozesse der Entstehung und Nutzung von Bündelungsverträgen und ist der zentrale Ansprechpartner für alle Beteiligten. So kann sich der „Sortimentsmanager“ zum Beschaffungsmarkt-Spezialisten mit fundiertem Markt-Know-how entwickeln.

Dem ebenfalls häufig in der Privatwirtschaft anzutreffenden Problem der Datentransparenz und zielorientierten Steuerung des Einkaufs wird durch ein integrales Einkaufscontrolling begegnet. In dessen Rahmen werden alle Prozessabläufe unter den Aspekten Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit als Daueraufgabe analysiert und optimiert.

Mit Hilfe speziell entwickelter „Sortiments-Cockpits“ werden insbesondere das Bestell- und Ausgabeverhalten der Bundeswehr und weiterer Bedarfsträger des Bundes, die Leistungen der Auftragnehmer sowie die erzielten Einsparungen ausgewiesen. Bei Bedarf sind diese Cockpits mit Kennzahlen, die in den einzelnen Beschaffungsorganisationen benötigt werden, ergänzbar.

Die neuen strategischen Ansätze verlangen eine angemessene Organisationsstruktur: Im Mittelpunkt des StratEK Bw stehen drei „ Produktivbereiche“ (Bereiche E 2, E 3, E 4 im Organigramm), deren Output Beschaffungsverträge sind. Bei E 2 werden Kooperationsmodelle für Dienstleistungen und „Solution-Verträge“ sowie Verträge im Rahmen von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) vorbereitet und umgesetzt. Weiterhin werden hier die für die Bundeswehr wichtigen Geschäftsfelder Kraftstoff und Heizölversorgung sowie Druckerzeugnisse abgewickelt.

Die Verantwortung für die Sortimente der Bündelungsverträge liegt im Bereich E 3, dem Kernbereich des StratEK Bw. Hier erfolgen die Koordination aller Bedarfsträger- und Bedarfsdeckerstrukturen der Bundeswehr sowie die Einbeziehung weiterer Bedarfsträger im Bund. Mit Hilfe der vernetzten Beschaffungskompetenz der gesamten Bundeswehr stellt E 3 sicher, dass die Transparenz der Beschaffungsmärkte erhöht, die Nachfragemacht gebündelt, das Know-how verfügbar gemacht und die Prozesskosten reduziert werden.

Im Bereich E 4 wird das Kerngeschäft für die Bundeswehr erledigt: Die Beschaffung des Ersatzteilfolgebedarfs für die Waffensysteme der Streitkräfte. Jedes Jahr werden hier ca. 25 000 Anforderungen in ca. 9000 Vertragsabschlüsse mit einem Gesamtwert von ca. 360 Millionen Euro umgesetzt.

Flankierend unterstützt werden die Produktivbereiche von zwei unterstützenden Bereichen sowie dem Controlling (Bereiche E 1, E 5 und EAC im nachfolgenden Organigramm). Durch die damit geschaffene Matrixorganisation entsteht ein Mehrliniensystem, dass konsequent produktbezogen ausgerichtet ist und gleichzeitig eine schnelle Kommunikation gewährleisten soll.

Der Ansatz des strategischen Einkaufs in der Bundeswehr verbindet – für öffentliche Verwaltungsbetriebe auf erstaunlich konsequente Art und Weise – die Ausrichtung auf die Bedürfnisse der internen Kunden und Märkte. Wenngleich noch nicht alle strategischen Register wie in der Privatwirtschaft gezogen werden, hat das BWB erkannt, dass auch innerhalb des Vergaberechts enorme Potenziale zur Wirtschaftlichkeitssteigerung bestehen. Im Vordergrund stehen die Strategien interner und externer Bündelung von Einkaufsvolumina und Prozessverbesserungen, begleitet durch organisatorische und Personal-Maßnahmen. Der Effekt auf das Gemeinwohl durch einen strategischen öffentlichen Einkauf ist immens. Insbesondere vor dem Hintergrund des noch recht jungen Servicebereichs sind die Veränderungen zu würdigen, die an eine „privatwirtschaftliche“ Umsetzungsgeschwindigkeit erinnern.

Dr. Constantin Blome Sven Hischke

 

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