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Soziale Kompetenzen

Schlüsselqualifikationen in Einkauf und Logistik, Teil 2
Soziale Kompetenzen

Soziale Kompetenzen
Sozialkompetenz macht Fachwissen erst fruchtbar. Dies ist die Fähigkeit, im sozialen Umfeld mit anderen Personen umsichtig und verträglich umzugehen und gleichzeitig zielorientiert zu handeln, sowie ferner, sich auf neue und ungewohnte Herausforderungen positiv einzustellen und diese unbefangen und entschlossen mit Erfolg zu meistern.

Günter Hirschsteiner, San Giorgio di Pesaro; E-Mail: hirschsteiner@libero.it

Die elementaren Aspekte der Sozialen Kompetenz sind:
  • die Person mit ihren spezifischen Eigenschaften, Strebungen und Erfahrungen,
  • die Interaktion, also die Art und Weise ihres zwischenmenschlichen Verhaltens und Handelns,
  • der Zielkonflikt der Interessen und die Fähigkeit, einen auf die Zielsetzung ausgerichteten Konsens zwischen den eigenen (oder zu vertretenden) Absichten und den Einstellungen der anderen zu finden,
  • die situative Angemessenheit, bezogen auf die Erwartungen und das Verständnis der Beteiligten, zu den äußeren Gegebenheiten, den legalen Normen und den allgemein anerkannten Konventionen.
Ihre umfassendere Bedeutung haben soziale Kompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten erst in unserer Zeit erhalten, mit dem Strukturwandel der Wirtschaft und mit ihrer Entwicklung von der Industrie- zur Dienstleistungs- und zur Informationsgesellschaft. All dies wird begleitet von der zunehmenden Gruppen- und Teamarbeit in den Betrieben.
Mit den betrieblichen Strategien der Verringerung der Fertigungstiefe, dem Outsourcing von Dienstleistungen und der Beschränkung auf Kernkompetenzen erhalten die sozialen Kompetenzen eine höhere Bedeutung auch in den externen Beziehungen: Lieferer, Dienstleister und andere sind zu führen, in dem Sinne, dass sie die vom Einkäufer zu vertretenden Absichten und Ziele unterstützen und kooperieren.
Selbstverständlich ist mit der Sozialkompetenz nicht die Fähigkeit gemeint, andere zu manipulieren oder eigene Absichten brachial durchzusetzen. Beides hat mehr mit List und Tücke oder mit Macht zu tun. Wer die Macht hat, seine Absichten durchzusetzen, andere zu übervorteilen oder zu zwingen, braucht keine soziale Kompetenz. Letztere hat hauptsächlich mit Respekt, Vertrauen und Verträglichkeit zu tun, denn wer sich übervorteilt fühlt, wird bald Abwehr- oder Vergeltungsabsichten aktivieren.
Machtstreben und Überlegenheit
Allerdings ist das Streben nach Macht auch legitim, und wer Mitarbeiter führen muss, braucht sie auch. Wer Macht und Durchsetzungskraft hat, kann Widerstände überwinden und Ziele erreichen. Einfluss und Macht sind in jeder Organisation notwendig, um das Verhalten und Handeln mehrerer Personen auf bestimmte Ziele auszurichten und zu steuern. Das setzt in einer freien Gesellschaft voraus, dass man sich an die Normen und ethischen Regeln hält, aber auch die allgemeinen konventionalen und verständigen Erwartungen berücksichtigt. Wenn das im Unternehmen dauerhaft vernachlässigt wird, werden die Mitarbeiter verstimmt und unzufrieden. Das Klima wird unfreundlich, und so wird viel Zeit und Aufwand gebraucht, um bestenfalls mittelmäßige Ergebnisse zu erhalten.
Persönliche Macht beschreibt das potenzielle Vermögen eines Menschen, Wahrnehmungen, Einstellungen, Emotionen und das Verhalten anderer Menschen zu beeinflussen. Die persönliche Macht, Social Power, entsteht aus physischer, wirtschaftlicher, verstandesmäßiger und seelisch-geistiger Überlegenheit. Die erstere ist wohl nur in ganz besonderen Betrieben zu finden, aber die anderen sind eine Realität und werden auch als Druckmittel eingesetzt. Allerdings ist die potenzielle Macht auch das Produkt einer subjektiv verfälschten gegenseitigen Einschätzung. Das gilt selbstverständlich auch für vermeintliche Schwächen.
Mentale, also intellektuelle und emotionale Überlegenheit muss nicht zufällig gegeben sein, sondern ist für jeden Menschen zugänglich.
Mentale Überlegenheit
Soziale Intelligenz
= Kommunikationsfähigkeit,
kreative Intelligenz
= schöpferisches Talent,
emotionale Intelligenz
= Gefühlsorientierung,
praktisch-intuitive Intelligenz
= Alltagsverstand.
Die Fähigkeiten der mentalen Überlegenheit sind Begabungen, die erlernt und weiterentwickelt werden können. Sie sind die eigentlichen Qualifikationen und Erfolgsfaktoren im Arbeitsleben, im Management und in dessen Außenbeziehungen.
Charme und Charisma
Das Gegenteil zum machtorientierten ist der charismatische Mensch: Er kann persönliche Beziehungen und Freundschaften angemessen eingehen und fördern, soziale Beziehungen analysieren, verstehen und ausgestalten, Gruppen motivieren und organisieren, mit Konflikten umgehen und Konsens schaffen, was den Weg zum beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg und zum persönlichen Glück erleichtert und möglich macht.
Der Begriff meint eine als übernatürlich empfundene und nicht alltägliche Qualität eines Menschen, die ihn in seinem Umfeld als besonders begnadet erscheinen lässt. Für unser berufliches Umfeld gilt: Charisma haben Menschen, die andere begeistern, beeinflussen und aktivieren können. Das ist allerdings wertneutral zu sehen und kann grandios zum Erfolg oder elendig zum Fiasko führen.
Charismatiker, die sich konstruktiv einsetzen, können ihre Partner und Mitarbeiter allein durch ihre Persönlichkeit zu besten Leistungen führen. Ihr Verhalten wird sich motivierend auch auf Lieferer, Kunden und andere übertragen. Charme oder Charisma ist die emotionale Intelligenz, die beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg sowie privates Glück leichter erreichen lassen.
In unserer heutigen Arbeitswelt wird von den Managern und Mitarbeitern eine angemessene und flexible Kombination von Sachwissen, Fachkenntnissen, Handlungskompetenzen, sozialem Verhalten und emotionaler Intelligenz verlangt, die ihre Handlungskompetenz qualifizieren.
Persönliche Qualifikationen:
Fachkompetenz
+ Methodenkompetenz
+ Sozialkompetenz
+ Emotionale Intelligenz
= Handlungskompetenz
Persönlichkeit und Charakter
Die äußerliche von anderen wahrgenommene persönliche Ausstrahlung einer Person betrifft alle ihre verbalen und körpersprachlichen Äußerungen:
  • Die Worte und Sätze, die und wie sie gesagt werden,
  • das Auftreten und das Verhalten, die Mimik des Gesichts, die Gestik der Hände, die Körperhaltung, mit der sie auf andere zugeht.
Erst ihre Kombination macht den Gesamteindruck. Wenn dieser nicht stimmig ist, wird die Aufmerksamkeit und Bereitschaft des anderen nicht erreicht, sondern eine erhöhte kritische Einstellung aber auch Ablehnung, vielleicht sogar Antipathie, provoziert. Mit den Sozialkompetenzen werden im beruflichen Umfeld auch
  • kommunikative Dialogfähigkeiten,
  • integrierende Konsensfähigkeiten,
  • kooperative Teamfähigkeiten
verstanden, die sich erst mit der individuellen Sozialisation des Menschen, aus seinem persönlichen Erfahren und Lernen, bilden. Dazu braucht man besonders auch die emotionale Kompetenz, die Fähigkeit, widersprüchliche Verhaltensweisen mit sozialer Interaktion zu behandeln. Diese setzt die Authentizität einer Persönlichkeit voraus mit den überzeugenden Eigenschaften
  • Selbstvertrauen und Echtheit,
  • Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit,
  • Gelassenheit und Integrität.
Soziale Kompetenz kann man lernen. Sie ergibt sich aus der Persönlichkeit und bildet sich aus dem Wissen über die Normen, Regeln und aus den Erkenntnissen der Psychologie des menschlichen Verhaltens. Das gilt für die eigene Innenansicht und für das Erkennen der Motivationen anderer. Erst aus einem gesunden Selbstwertgefühl kommt das wahrhafte Selbstbewusstsein, das sympathisch, aufrichtig und überzeugend wirkt.
Selbsterkenntnis kommt aus dem Wissen, dass man als Individuum „ist“ und „wer“ man ist. Damit muss man sich kritisch und konstruktiv auseinandersetzen, um die eigenen Stärken und Schwächen zu erfahren, erstere weiter zu entwickeln, letztere zu behandeln und besonders auch zu erkennen und zu akzeptieren.
Ein Selbstkonzept ist die Gesamtheit des Wissens über die eigene Person, das man sich selbst zuschreibt: Eigenschaften, Fähigkeiten, Interessen, Strebungen, Verhaltensformen und Wirkungen. Ein optimales Selbstkonzept wird erreicht, wenn das wirkliche Selbstbild mit dem angestrebten weitgehend übereinstimmt. So werden mentale Unsicherheiten und negative Bedenken vermindert, Selbstsicherheit erworben und nach außen vermittelt.
Das Selbstwertgefühl oder die Selbstachtung ist die subjektive Bewertung des eigenen Empfindens und begründet die Qualität der Selbstsicherheit, ob jemand selbstsicher und unabhängig sein kann oder sich leicht beeinflussen lässt und spontan verletzbar ist.
Soziale Kompetenz kann man trainieren mit allen Verfahren, die die sozialen und emotionalen Fähigkeiten entwickeln helfen, zwischenmenschliche oder gesellschaftliche Gegebenheiten und Anforderungen besser zu bewältigen. Mit einem zielstrebigen Selbstsicherheitstraining können die sozialen Kommunikationsformen mit Rollenspielen und Verhaltensübungen geübt und gelernt werden:
  • Gespräche beginnen und führen,
  • Sprechen vor Publikum,
  • Emotionen beherrschen,
  • Kontakte herstellen und halten,
  • Wünsche und Forderungen vortragen und realisieren,
  • Kritik akzeptieren und richtig behandeln,
  • Enttäuschungen und Misserfolge verarbeiten,
  • gegebenenfalls Nein sagen.
Rollenverhalten
Wer die Führer und Mitglieder einer Gruppe beobachtet, wird bemerken, dass diese jeweils unterschiedliche, aber gleich bleibende Rollen spielen. Rollen sind hier Verhaltensmuster und Handlungsfolgen, die in der Interaktion ausgeführt werden, solange sich die Zusammensetzung der Gruppe nicht ändert und die äußeren Bedingungen annähernd gleich bleiben. Dazu hat jeder in der Gruppe auch eigene Rollenerwartungen; bestimmte Verhaltensmuster werden auch von den anderen Gruppenmitgliedern erwartet.
Drei Grundmuster des Rollenverhaltens lassen sich unterscheiden:
  • Zielrollen: spielen die Mitglieder, die mehr offensichtlich zum Erfolg der Gruppenziele beitragen, also Leistungsträger, Gruppenstars, Vorgesetzte.
  • Erhaltungsrollenspiel: bringen den Motivationsaspekt in die Gruppe, unterstützen den sachlichen und sozialen Zusammenhalt der Gruppe; sachorientierte, kooperative Mitarbeiter.
  • Individualrollenspieler: vertreten vorwiegend ihre eigenen Interessen, verstehen die Gruppe als Mittel zur Erfüllung ihrer persönlichen Bedürfnisse; Außenseiter, Streber, Drückeberger.
Diese Rollendifferenzierung ist eine existenzielle gruppendynamische Erscheinung. Sie muss von allen Mitgliedern erkannt und akzeptiert werden. Rollenkonflikte entstehen, wenn die
  • Mitarbeiter ihre selbstgewählte oder zugewiesene Rolle nicht ausfüllen können,
  • Mitarbeiter, beispielsweise aus existenziellen Gründen, zu Rollen gezwungen sind, die sie eigentlich nicht wollen und so unzufrieden sind,
  • Mitarbeiter die gegenseitigen Anforderungen und Erwartungen nicht erfüllt sehen,
  • Mitarbeiter massive Ansprüche von oben und drängende Forderungen von unten nicht verständig verarbeiten können.
Soziale Kompetenzen brauchen nicht nur die Manager und Vorgesetzten, sondern auch die Mitarbeiter, die mit anderen Leistungen erbringen sollen, sich aber auch anerkannt und in ihrer Gruppe integriert fühlen wollen.
Durchsetzungsvermögen und Konsensfähigkeit
Ziele werden nur erreicht und Aufgaben gemeistert, wenn sie vorher durchgesetzt wurden: Gegen Widerstände, in der Auseinandersetzung mit anderen und letztlich in der Übereinstimmung der Beteiligten.
Viele Gegebenheiten, Bedingungen und Ziele setzen sich aus unterschiedlichen und auch divergierenden Bedürfnissen, Absichten und Erwartungen zusammen. Die Aufgabe hier ist nicht primär, den Kompromiss zu finden, sondern einen vorteilhaften Konsens herzustellen und dafür die Verantwortung zu übernehmen.
Menschen mit einem guten Durchsetzungsvermögen
  • zeichnen sich durch zielgerichtetes, überzeugendes, aber auch flexibles Denken und Handeln aus,
  • nennen die Dinge beim Namen und behandeln Konflikte verträglich,
  • suchen den Konsens und finden, wenn nötig, einen akzeptablen Kompromiss,
  • erreichen ihre Ziele mit einem gesunden Maß an Selbstdisziplin.
Alles jedoch verlangt einen Sinn für das Machbare. Dieser braucht zum logischen auch einen starken mentalen Ansatz. Nicht der Kompromiss, sondern der Konsens ist das Ziel.
Verhandlungsgeschick
Es gibt immer wieder Menschen, die die Kunst der geschäftlichen Verhandlungen auf den Satz „Das ist zu teuer“ reduzieren und Einkäufer, die intelligente Verhandlungsfähigkeiten durch Machtspiele und Tricks ersetzen wollen. Einkäufer sind selbstbewusste und ergebnisorientierte Verhandlungspartner, die den Bedarf ihres Unternehmens professionell, engagiert und mit überlegten Argumenten sachlich und angemessen selbstsicher anbieten und vermarkten können.
Verhandlungskunst ist keine Technik, die durch Auswendiglernen erworben werden kann. Verhandlungen sollen geschäftliche und soziale Beziehungen gestalten, verpflichten und fördern: Absichten und Aufgaben müssen im Spannungsfeld der Gegebenheiten und der Interessen konkurrierender Menschen erfolgreich und verträglich realisiert werden. Grundregeln des überzeugenden Verhandelns sind:
– Selbstsicherheit erhalten. Das setzt ein gesundes Selbstvertrauen voraus und das rechte Maß zwischen Anbiederung und Überheblichkeit; wohlmeinende, kollegiale und freundliche Distanz.
– Eigene Mängel erkennen. Jeder Mensch ist einmalig. Das ist die Basis eines gesunden Selbstvertrauens. Selbstvertrauen ergibt sich aus dem Bewusstsein, welche Rolle man in seinem Umfeld übernehmen will.
– Persönlichkeit entwickeln. Verhandeln bedeutet andere Menschen zu einem Ergebnis führen. Weil die Sachautorität nicht ausreicht, erhält die persönliche Autorität eine besondere Bedeutung. Menschen mit Eigenschaften, die vorbildlich anerkannt und geschätzt sind, werden als Persönlichkeiten angesehen.
– Strategien, Taktiken und Techniken beherrschen. Strategien sind Konzepte des zielorientierten Vorgehens, bei Berücksichtigung der äußeren Gegebenheiten und der Wirkungen. Taktik ist das berechnende und zweckorientierte Verhalten. Techniken sind die Instrumente, ein Vorhaben auszuführen.
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