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Strombeschaffung mit wenigen Mausklicks

Online-Energieeinkauf – ein Interview mit den Geschäftsführern Clemens Graf von Wedel und Rainer Otto von EnPortal
Strombeschaffung mit wenigen Mausklicks

Die Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 hat zu einem lebendigen Wettbewerb zwischen den Energielieferanten geführt. Für Unternehmen ist dies eine positive Entwicklung, denn der Preisdruck zwischen den Anbietern kann die jährlichen Kosten für den Stromeinkauf deutlich reduzieren. EnPortal ist eine Plattform, die den Online-Energieeinkauf für Unternehmen und Kommunen anbietet. Beschaffung aktuell hat mit den beiden Geschäftsführern gesprochen.

Beschaffung aktuell: Wie sind Sie zu der elektronischen Vergabe gekommen? Und wie kam es dann zur Entwicklung dieser Plattform? Vielleicht erzählen Sie erst, wie Sie das Portal ins Leben gerufen haben, und wie es zu den öffentlichen Ausschreibungen kam.

Clemens Graf von Wedel: Etwa ab dem Jahr 2006 haben wir gemerkt, dass der Offline-Energieeinkauf viel zu mühsam war und vor allen Dingen viel zu lange dauerte und nur noch mäßige Ergebnisse für die Kunden erbrachte. Da Strom und Gas an der Börse gehandelt werden, bedeuten langsame Prozesse und Entscheidungen schlechtere Preise.
Wir waren es leid, nur eine begrenzte Anzahl an Lieferanten anfragen zu können und bei größeren Ausschreibungen mit längeren Bindefristen arbeiten zu müssen, die dann zu hohen Risikoaufschlägen führten. Wir waren überzeugt, dass sich der Beschaffungsprozess online abbilden lassen müsste, das heißt, dass alle angebotsrelevanten Daten eines Kunden für alle Lieferanten jederzeit verfügbar sind – und bei einer Ausschreibung die Angebotsauswertung in Echtzeit erfolgt.
So entwickelten wir unsere webbasierte Plattform, die Einkäufern von Industrie und Gewerbe Zeit, Arbeit und Geld spart. Plus: Den Markt transparent macht und beste Angebote bietet, da schnelle Entscheidungen nun per Mausklick möglich sind. Vorbei ist die Zeit des mühsamen Datenaustausches und des stundenlangen Vergleichens verschiedener Angebote – das läuft nun vollautomatisch ab.
Bei den öffentlich-rechtlichen Ausschreibungen kam die Kubus Kommunalberatung aus Schwerin auf uns zu und bat uns, das Portal um die VOL-konformen Ausschreibungen zu erweitern.
Das haben wir 2009 geschafft und bieten heute als einziger Dienstleiter einen rechtssicheren Online-Energieeinkauf im Wege der elektronischen Auktion und Signatur für öffentliche Auftraggeber an.
Beschaffung aktuell: Welche Rolle nimmt Ihr Portal zwischen Kunden und Lieferanten ein?
Rainer Otto: Wir bieten eine einzigartige Plattform an, sodass Kunden und Lieferanten gleichermaßen von einfachen, schnellen und transparenten Online-Prozessen profitieren können. Wir sehen uns als professioneller Partner, weil wir beide Seiten auf schnellstmöglichem und direktem Weg miteinander in Kontakt bringen, wenn es um den Energieeinkauf geht. Fairness ist uns dabei sehr wichtig – kein Lieferant wird bevorzugt und kein Kunde zum Vertragsschluss gezwungen. Die Energieeinkäufer entscheiden selbst, welches Energieversorgungsunternehmen sie nach der Online-Ausschreibung beauftragen möchten – das muss auch nicht der günstigste Anbieter sein.
Auf der anderen Seite erfahren alle Lieferanten, welche Online-Ausschreibungen im Portal laufen und für welche Kunden sie ihre Angebote online abgeben können.
Beschaffung aktuell: Muss sich ein Kunde überhaupt für ein Angebot entscheiden oder kann er die Beschaffung zu einem späteren Zeitpunkt erneut ausführen?
Graf von Wedel: Ein Kunde muss sich nicht für einen Lieferanten entscheiden, doch wenn die Energieeinkäufer die Angebote der Online-Ausschreibung sehen – konkret die Einsparsumme – entscheiden sich rund 95 Prozent nach dem ersten Durchlauf. Zudem wissen unsere Kunden dank unserer „Preisprognose“, mit welchem Ergebnis sie in etwa rechnen können. Die Preisprognose übersetzt die täglichen Terminmarktkonditionen in einen abnahmestellenspezifischen Preis. Die Ausschreibungsergebnisse weichen selten mehr als zwei Prozent von unserer Preisprognose ab. In Einzelfällen wollen Kunden zu einem späteren Zeitpunkt erneut ausschreiben, doch hier besteht die Gefahr, dass das beste Angebot ungünstiger ausfällt oder der Wunschlieferant nicht mehr mitbietet. Auf jeden Fall steht ihm diese Entscheidung frei – mit allen Vor- und Nachteilen, die sich dadurch ergeben können. Aber hierbei stehen unsere EnPortal-Kundenbetreuer immer mit ihrer Expertise zur Seite.
Beschaffung aktuell: Wie lange dauert eine Online-Ausschreibung über das Portal?
Otto: Minimum 15 Minuten, wenn die Online-Ausschreibung und die darauffolgenden Prozesse bekannt sind. Aber auch mit wenig Know-how nicht länger als eine Stunde. Schneller als über das Web-Tool lässt sich Energie nicht einkaufen, das wissen unsere Portalnutzer sehr zu schätzen. Denn für ihre eigenen, internen Prozesse bedeutet es ebenfalls eine starke Reduzierung des Aufwandes und der Zeit. Besonders, weil in unserem Portal alle Energiedaten permanent vorliegen, zum Download als PDF oder Excel bereitstehen und jederzeit weiter bearbeitet werden können.
Beschaffung aktuell: Können auch Ausschreibungen für mehrere Jahre gleichzeitig gestartet werden?
Otto: Ja, das ist möglich. Über unser Portal können Energieeinkäufer bis zu fünf Jahre im Voraus Energie beschaffen und die Preise für Strom und Gas absichern, wenn sie das Gefühl haben, dass derzeit ein guter Zeitpunkt ist. Mit unserem Börsenpreisalarm sind sie ja bestens darauf vorbereitet und können eigenständig entscheiden, wann sie einkaufen wollen und wann nicht. Sieht man sich die Strompreise im Spotmarkt an, so sind diese jetzt wieder so günstig wie vor zwölf Jahren. Ähnliches gilt für die Terminmärkte, die für die langfristige Beschaffung über EnPortal relevant sind.
Beschaffung aktuell: In welchem Punkt unterscheiden sich die abgegebenen Angebote voneinander?
Graf von Wedel: Wir differenzieren bei der Auflistung und Sortierung aller eingegangenen Angebote in erster Linie nach dem Energiepreis und dann nach den Nebenbedingungen. Die Netzentgelte, Abgaben und Steuern sind ebenfalls dargestellt, doch der Wettbewerb existiert nur bei dem reinen Energiepreis und den Nebenbedingungen. Bei den Nebenbedingungen handelt es sich beispielsweise um Toleranzbänder, mengenbefreite Lieferungen und Zahlungsziele. Alle anderen Preiselemente sind hoheitliche Kosten, die nicht dem Wettbewerb unterliegen. Bei uns sind die Angebote so aufgebaut, dass alle Anbieter die gleichen Vorrausetzungen erfüllen müssen – erst so entsteht die maximale Transparenz.
Beschaffung aktuell: Welche Beschaffungsmodelle sind bei EnPortal üblich?
Otto: Wir bieten die Möglichkeit an, Festpreise oder Tranchen auszuschreiben. Für große Kunden steht auch ein Portfoliomanagement zur Verfügung.
Beschaffung aktuell: Wie garantiert EnPortal, dass die Netzentgelte korrekt und aktuell im Portal platziert sind?
Graf von Wedel: Wir arbeiten mit der ene’t GmbH, Datendienstleister im Bereich Netzentgelte, zusammen, die uns stets aktuell die neuesten Netzdaten und Netzpreise in unser Portal einspielt. So garantieren wir unseren Nutzern, immer alle Preise korrekt vorliegen zu haben.
Beschaffung aktuell: Muss man sich jeden Tag mit den aktuellen Strom- und Börsenpreisen beschäftigen, um gute Marktchancen nicht zu verpassen?
Otto: Nein, das ist mit unserem Web-Tool nicht mehr nötig. Wir bieten einen „Börsenpreisalarm“ an und informieren unsere Kunden, sobald sein zuvor selbst definierter Wunschwert an der Leipziger Strom- und Gas-Börse erreicht wird. Nehmen wir an, ein Unternehmen wünscht einen Energiepreis von 3,5 Cent/kWh, dann erhält er just in dem Moment eine Nachricht, wenn der Kurs auf diesen Wert gefallen ist. Schon kann die Online-Ausschreibung starten und Energie beschafft werden.
Beschaffung aktuell: Wie viel Zeit muss ich nach der Online-Ausschreibung für eine Vertragsprüfung investieren?
Graf von Wedel: Keine Minute. Wir bieten einen rechtssicheren Online-Vertragsabschluss an. So können Kunden und Lieferanten per Mausklick ihre Zusammenarbeit besiegeln – Papierausdrucke, Auftragsfaxe und dergleichen entfallen komplett. Das minimiert den Aufwand enorm. Alle Verträge und Daten sind anschließend im Portal jederzeit einsehbar und exportierbar. Dadurch ersparen wir unseren Portalnutzern viel Verwaltungsarbeit. In der Regel enden die Verträge nach einem Jahr, sodass auch Kündigungsfristen nicht verpasst werden. Sollte es eine Kündigungsfrist geben, informiert das Portal automatisch den Kunden rechtzeitig über das nahende Fristende. Die Kündigung haben wir ebenfalls optimiert, in diesem Fall brauchen Portalnutzer nur auf ein PDF zu klicken, das den Kündigungstext inkl. aller wichtigen Daten enthält, und es an den Lieferanten senden. Sollte ein Online-Vertragsabschluss nicht gewünscht sein, prüfen wir in Einzelfällen auch die angebotenen Lieferantenverträge. Allerdings hat sich der von uns entwickelte Standard bei Lieferanten und Kunden im Wesentlichen durchgesetzt.
Beschaffung aktuell: Wie gehen Sie damit um, wenn wesentliche Verbrauchsänderungen von Strom oder Gas erwartet werden?
Graf von Wedel: Wenn ein Kunde nicht genau planen kann, wie hoch sein Energieverbrauch im auszuschreibenden Lieferjahr ist, hat er bei der Online-Ausschreibung die Möglichkeit, mengenbefreite Angebote anzufragen und zu beauftragen. So können Verbrauchsveränderungen ohne zusätzliche Mehrkosten durch eine Mehr- oder Mindermengenregelung im Lieferzeitraum aufgefangen werden.
Beschaffung aktuell: Wie kommen Sie an die Lieferanten, also die Bieter?
Graf von Wedel: Tatsächlich kommen nicht wir an die Lieferanten, sondern die Lieferanten kommen zu uns. Auf unserem Portal sind rund 500 Lieferanten aus Deutschland gelistet, dabei alle überregional großen Energieversorgungsunternehmen. Sollte ein neuer und noch nicht gelisteter Lieferant unser Portal für die Angebotsabgabe nach Online-Ausschreibungen nutzen wollen, kann er sich über unsere Website registrieren und einen kostenlosen Zugang erhalten. Nach eingehender Prüfung durch uns kann im Prinzip jeder Lieferant über unser Tool an Online-Ausschreibungen teilnehmen und Angebote abgeben.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Beschaffung-aktuell-Redakteur Alexander Gölz.
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