Startseite » Allgemein »

Target Costing und Einkauf

Marktnahe Gestaltung der Kostenstrukturen
Target Costing und Einkauf

Der Begriff Target Costing taucht in jüngster Zeit immer häufiger im Zusammenhang mit Einkaufsthemen auf. Er ist erst seit Ende der 80er Jahre im deutschen und englischen Sprachraum bekannt. Anwendungsbeispiele gibt es unter anderem aus der Automobilindustrie und dem Anlagenbau.

Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Peter Leitsch

Target Costing wurde 1965 von einem namhaften japanischen Automobilhersteller entwickelt und wird seit den 70er Jahren in japanischen Unternehmen angewendet, um die Produktkosten zu senken. Dies erfolgt durch die Vorgabe von Zielkosten = Target Cost, die nicht überschritten werden sollen.
Das Target Costing ist ein umfassendes Bündel von Kostenplanungs-, Kostenkontroll- und Kostenmanagementinstrumenten. Die Einzelinstrumente sind größtenteils bekannte und erprobte Tools. Die Anwendung des Target Costing bedingt die kostenorientierte Koordination aller am Produktionsprozeß beteiligten Stellen, insbesondere auch der Einkaufsabteilung.
Ein wesentliches Merkmal des Target Costing gegenüber der traditionellen Vorgehensweise ist die konsequente Gestaltung der Kostenstrukturen nach den Anforderungen des Marktes, der unter anderem die Höhe des Verkaufspreises beeinflußt.
Zielkostenermittlung
Zielpreis + Zielgewinn = Zielkosten
Der Zielpreis wird unter Beachtung von Marktforschung, Konkurrenzanalyse (Wettbewerbspreis) und Kundenwunsch festgelegt. Diese Vorgehensweise wird als ‚Market into Company’ beschrieben. Die aus Zielpreis abzüglich Zielgewinn resultierenden Zielkosten sind die vom Markt erlaubten Kosten. Aus der Differenz zu den höheren Standardkosten (Drifting Cost) ergeben sich die einzusparenden Kosten.
Kostenspaltung
Um die vom Markt erlaubten Kosten einzuhalten, sind konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu werden die Kosten des Gesamtproduktes oder einer Anlage in Teile- bzw. Komponentenkosten zerlegt. Mit Hilfe der Funktionswertmethode können Ansatzmöglichkeiten für die Maßnahmen zur Erreichung der Zielkosten ermittelt werden. Dabei wird unter Einbeziehung des Kunden und dessen Anforderungen der Nutzenbeitrag, d.h. die relative Bedeutung jeder einzelnen Produktkomponenten anhand von Ausstattungsmerkmalen respektive Produktfunktionen, bestimmt. Am Beispiel der Komponenten einer Diesel-Notstrom-Anlage soll diese Vorgehensweise erläutert werden.
Zunächst wird eine Funktions-Gewichtung entsprechend der Kundenbedeutung vorgenommen. In einer Matrix wird anschließend den einzelnen (Haupt-) Funktionen der Nutzenbeitrag je Komponente zugeordnet.
Danach wird die Gewichtung durchgeführt (Multiplikation Gewichtungsfaktor mit Nutzenbeitrag) und die Einzelnutzenwerte werden zum Nutzenbeitrag je Komponente aufaddiert.
Zielkosten-Index (ZK-Index)
Als Indikator für die relative Erfüllung respektive Nichterfüllung der Kundenanforderungen dient der sogenannte Zielkosten-Index. Der ZK-Index ergibt sich als Quotient aus Nutzenbeitrag und Kostenanteil = Standardkosten (Abb. 4) und sagt folgendes tendenziell aus:
Werte 1: Kundenanforderungen sind ‚zu teuer realisiert’, d.h. es besteht Potential zur Kostensenkung.
Werte > 1: Kundenanforderungen sind ‚zu billig realisiert’, d.h. Kunde hat ggf. höhere Ansprüche/Anforderungen, oder das Kostenziel ist bereits (über)erfüllt.
Werte = 1: Kundenanforderungen und Kostenanteil stimmen überein.
Maßnahmen der Beschaffung zurErreichung der Zielkosten
Hinsichtlich der Kostensenkungspotentiale kann aufgrund der Indexwerte eine Prioritätenliste der zu analysierenden Komponenten aufgestellt werden. Im Team mit anderen Abteilungen wie Konstruktion, Produktion, Marketing ist der Einkauf gefordert, die Kosten mit entsprechenden Maßnahmen zu reduzieren.
Zur Kostenreduzierung kommen beim Target Costing generell Instrumente wie
–Wertanalyse,
–Benchmarking,
–Simultaneous Engineering,
–Total Quality Management,
–Lieferantenmanagement,
zur Anwendung.
Target Costing beschränkt sich nicht auf den Einsatz bei der industriellen Güterherstellung. Es gibt Anwendungsansätze, die Vorgehensweise auf den Bereich der industriellen Dienstleistungen zu übertragen, um auch dort kostengünstiger und somit wettbewerbsfähiger zu werden. Sowohl bei der Industrieproduktion als auch bei Dienstleistungen kann der Einkauf mit seinen Marktkenntnissen entscheidend zum Gelingen von Target-Costing-Ansätzen beitragen.
Peter Leitsch
Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Peter Leitsch ist Leiter Einkauf im Bereich Infrastruktur und Technische Dienste der Cegelec AEG Anlagen- und Automatisierungstechnik GmbH in Frankfurt sowie Vorstandsmitglied im Arbeitskreis Rhein-Main des BME.
Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 3
Ausgabe
3.2024
PRINT
ABO

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de