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Technischer Einkauf – Vorreiter für den „Einkauf 4.0“

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Technischer Einkauf – Vorreiter für den „Einkauf 4.0“

Der moderne, zukunftsorientierte Einkauf erfordert die digitale Beschreibung von Produkten in Form einer Kostenfunktion von erforderlichen Produkteigenschaften und deren Preise. Dieser Anforderung werden bislang nur einige Einkaufsbereiche in wenigen Unternehmen gerecht. Viel eher haben Ingenieure in Konstruktionsabteilungen Zugang zu diesem Thema. Dort finden sich auch entsprechende Lösungen für diese Aufgabe. Denn – auch wenn es die Einkäufer nicht gerne hören oder glauben – Kostentreiber zu erkennen und in ihrem wirtschaftlichen Gewicht zu bewerten, ist im Bereich der Konstruktion bereits ein zentrales Element.

Daher haben einige Konstruktions-Software-Tools ein System integriert, das die Kostentreiber einer Warengruppe identifiziert und die Ausreißer bewertet. Die eingesetzten Verfahren unterscheiden sich qualitativ: Es gibt einfachere Verfahren, die nur eine Eigenschaft einer Produktgruppe und deren Einfluss auf den Preis ermitteln (unilineare Korrelation). Komplexere Systeme, die eine große Zahl von Kostentreibern und deren Einfluss auf den Preis analysieren (multivariate Korrelation). Das Ergebnis dieses zweiten Verfahrens sind detaillierte Kostenfunktionen, die angeben, wie hoch der Kostenanteil einzelner Eigenschaften am Preis eines konkreten Einkaufproduktes ist. Diese Kostenfunktionen können Basis für den Einkauf im Rahmen von „Industrie 4.0“ sein. Die analytische Vorgehensweise ermöglicht die Identifizierung von eventuell zu teuren, jedoch nicht erforderlichen Produkteigenschaften, von technisch ersetzbaren Produktteilen und von Ersparnissen – „Savings“ in einer Warengruppe.
Unternehmen werden mit dieser Vorgehensweise nur dann vollen Erfolg erzielen, wenn auch der kaufmännisch orientierte Einkauf erkennt, dass solche Systeme großen Nutzen für das Unternehmen generieren. Im kaufmännischen Einkauf findet sich jedoch derzeit der größte Nachholbedarf an methodischen „Skills“. Denn obwohl Unternehmen sich bewusst sind, welche Erfolgschancen Digitalisierung bieten kann, wird die notwendige Veränderung wenig dynamisch aufgegriffen. Dies hat vielfache Gründe.
Einmal sind solche Analysemethoden und deren daraus ableitbaren Ergebnisse unbekannt. Es gibt berufsbegleitend oder an Hochschulen kaum Lehrangebote, die diese Kenntnisse vermitteln. Dies ist ein Faktum, das Erfahrungen aus zahlreichen Gesprächen mit Verantwortlichen aus dem Einkauf bestätigen. Auch Studien stellen einen hohen Bedarf an Ausbildung unternehmensinterner „Fähigkeiten, Skills“ für die Umsetzung von „Industrie 4.0“ fest. In BME-Vorträgen hört man vielfach, dass das nahezu wichtigste Unternehmenskapital das Wissen und die methodische Kompetenz der Mitarbeiter ist. Hier ist die Hoffnung groß, dass durch steten Tropfen solcher Hinweise und Appelle zum Handeln sich die Verhältnisse bessern.
Zum andern wird angeführt, es stünden Daten in erforderlicher Qualität nicht zur Verfügung und der Aufwand für Personal und für Systemschulung sei gemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen, den man allerdings nicht kennt, viel zu hoch. Schließlich habe dieses Thema keine hohe Priorität im Unternehmen.
Diese Einschätzungen decken sich nicht mit den Erfahrungen in Unternehmen, die moderne Analyseverfahren einsetzen. Demnach liegen die realisierbaren Ersparnisse je nach Warengruppe zwischen 3 und 8 Prozent. Erfahrungsgemäß lassen sich die größten Ersparnisse bei den B- und C-Warengruppen eines Unternehmens realisieren: Mit im Unternehmen als unbedeutend eingeschätzten Warengruppen lassen sich oft und schnell erheblich höhere Ersparnisse realisieren.
Die Erkenntnis, dass das Thema Digitalisierung und Einsatz von Analysetools für den Einkauf des Unternehmens von hoher Bedeutung ist, sollte Ansporn sein, einen angepassten Veränderungsprozess konsequent zu entwerfen und auch umzusetzen. Hier sind Führung und Motivation gefragt.

Dr. rer. oec. Hans Jürgen Arens, Gesellschafter der PBI, Mitglied im BkU und BME, www.con-centro.de
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