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Über den Cross Belt in die große Welt

Exklusiv-Bericht: KEP-Logistik
Über den Cross Belt in die große Welt

Das Luftfrachtverteilzentrum am Köln Bonn Airport ist das Herzstück des integrierten Luft- und Landnetzwerkes von UPS in Europa. Mit der erneuten Erweiterung seines Air Hubs stellt sich das führende KEP- und Logistikunternehmen auf weiter wachsende Märkte und steigende Anforderungen seiner Kunden an weltweite und zuverlässige Distributionslösungen ein.

Jubiläen sind ein gern genutzter Anlass, im Alltagsgeschäft innezuhalten und auf eine erfolgreiche Vergangenheit zurückzublicken. Dazu hatte der KEP- und Logistikriese UPS im September 2011 auch allen Grund, denn mit dem UPS Air Hub Köln Bonn feierte eines seiner wichtigsten internationalen Drehkreuze seinen 25. Geburtstag. Seit 1986 spielt das Distributionszentrum am Köln/Bonner Flughafen eine Schlüsselrolle im globalen UPS-Transportnetzwerk, das mittlerweile gewaltige Ausmaße erreicht hat: So bedient das Unternehmen mehr als 220 Länder und Gebiete. Das jährliche Sendungsvolumen liegt bei vier Milliarden. Paketen und Dokumenten. Täglich stellt der weltgrößte Paketdienst über 16,3 Millionen Pakete und Dokumente zu. Zum Portfolio gehören ein engmaschiges nationales und internationales Netzwerk, Supply Chain Management, Ersatzteillogistik, E-Commerce, Fracht- und Zollabwicklung.

Nach einer Reihe von großvolumigen Erweiterungsinvestitionen ist das Air Hub mittlerweile das größte Verteilzentrum außerhalb der USA. Inzwischen hat sich ein komplexes Konglomerat aus Gebäuden und Funktionsbereichen herausgebildet, das teilweise über Brücken mit jeweils acht Förderbändern direkt miteinander verbunden ist und quasi fließend ineinander übergeht. Die gesamte Hallennutzfläche beträgt 75 000 Quadratmeter. Mit der Anfang 2006 abgeschlossenen letzten Erweiterung durch die neue Frachthalle West mit vollautomatischer Sortierung bekamen die Hallen 4 bis 7, in denen die Sortierung von Menschenhand vorgenommen wird, eine hochmoderne Ergänzung.
Doch zum Jubiläum beließ es UPS nicht allein bei einer feuchtfröhlichen Rückschau. Vielmehr kündigte der Konzern die mit 200 Mio. US-Dollar größte Gebäude- und Anlageninvestition außerhalb der Vereinigten Staaten in seiner über 100-jährigen Geschichte an. Wichtige Faktoren dieser Entscheidung waren die nach wie vor ausgezeichnete Lage des Standorts im Herzen der produktivsten Wirtschaftsregion Europas, die gute Verkehrsanbindung und Infrastruktur, die für einen ganzjährigen Flugbetrieb günstigen örtlichen Wetterbedingungen, das hervorragende Start- und Landebahn-System des Flughafens und das Potenzial an qualifizierten und flexiblen Arbeitskräften im direkten Umfeld. Last, not least spielte auch die Planungssicherheit eine Rolle, die die Möglichkeit des Nachtflugs bis mindestens ins Jahr 2030 bietet. „Das Kölner Hub liegt auch weiterhin genau dort, wo wir es brauchen, um unseren Kunden auf den wichtigen Handelsverbindungen innerhalb Europas und ebenso in Richtung Amerika und Asien den besten Service zu bieten“, so Jim Barber, President UPS International. Das Air Hub stellt aber auch selbst einen wichtigen Faktor für die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes dieser Region dar: „Durch den schnellen Zugang zu einem Knotenpunkt unseres Netzwerkes können hiesige Unternehmen wettbewerbsfähiger werden. So kann zum Beispiel ein Mittelständler aus dem Maschinenbau seinen Kunden in den USA durch uns eine Ersatzteillieferung am folgenden Tag anbieten. Es gibt auch Unternehmen, die sich hier angesiedelt haben, um genau diesen Wettbewerbsvorteil zu haben“, erklärt Reinhold Beutel, Director Air Operations UPS Air Hub Köln Bonn.
Nach einem guten Jahrzehnt mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten des Exportvolumens von mehr als zehn Prozent reagiert der Paketdienstleister mit der Großinvestition auf das erwartete kommende Wachstum seines internationalen Expressgeschäfts. Bis dato konnten 110 000 Sendungen pro Stunde sortiert werden. Eine Erweiterung auf bis zu 165 000 Sendungen pro Stunde war bereits in der letzten Erweiterungsstufe des Jahres 2006 vorgezeichnet. Im Inneren des beeindruckenden Gebäudekomplexes zieht sich heute ein umfangreiches Netz aus Förderbändern, Kippschalen und Paketrutschen. Zwischen 23 Uhr und 2.30 Uhr findet die Sortierung statt. In diesem engen Zeitfenster von nur dreieinhalb Stunden kommt eine minutiös durchgeplante Maschinerie in Gang, die auf das nahtlose Zusammenwirken von Mensch und Maschine angewiesen ist. Diese erprobten Automatismen beginnen quasi bereits im Anflug der insgesamt 37 Flugzeuge auf den Airport. Das European Air Service Center (EASC) ist rund um die Uhr im Einsatz und kann sofort auf unvorhergesehene Ereignisse wie schlechtes Flugwetter reagieren. Wenn die UPS-Flotte im Minutentakt zur Landung erwartet wird, steht auf dem Vorfeld alles zur Entladung der Flugzeuge bereit. Die Container werden von Zugfahrzeugen zur Sortieranlage gefahren. Dort werden sie erfasst und anschließend sofort entladen. Zeitgleich erreichen Expresspakete von Kunden im Umkreis von 500 km per Lkw das Air Hub und werden ebenfalls direkt nach ihrer Ankunft entladen. Je nach Größe und Gewicht der einzelnen Sendungen gibt es drei verschiedene Sortierverfahren. Gleich bei der Entladung werden kleine Pakete („Smalls“) von „Normals“ getrennt. Die dritte Kategorie sind „Irregs“ (Irreguläre Sendungen), die für normale Transportbänder zu groß oder zu schwer sind. Sie werden getrennt gescannt und sortiert. Mit Hilfe der Barcodes auf den Adressaufklebern wird jedes Paket während des gesamten Sortierprozesses individuell verfolgt.
Doch in puncto Geschwindigkeit hat die Technik sich inzwischen quasi selbst überholt. Ein zentrales Element sind dabei die neuen Cross-Belt-Sorter, die die bestehende Anlage um zusätzliche modernste Technologie ergänzen. Anstelle einzelner Kippschalen kommen jetzt Förderbänder zum Einsatz, die die Pakete aufnehmen und später weitergeben. Ein Vorteil: Die Kapazitäten steigen. Denn mit den schmaleren Cross-Belt-Sortern können auf den Förderbändern mehr Pakete bewegt werden. Und: In das System kommt mehr Speed. Bewegten sich die im Jahr 2006 installierten Förderanlagen bereits mit 1,9 m pro Sekunde, so erreichen die neuen Sorter bereits 2,4 m/Sek. Damit kann die Gesamtleistung sogar auf bis zu 190 000 Sendungen pro Stunde gesteigert werden. Ein Austausch des alten durch das neue System kam allerdings nicht in Frage. „Bei der Menge, die wir hier tagtäglich durch die Halle befördern, benötigen wir ein System, das absolut zuverlässig und technisch entsprechend ausgereift ist. Das war auch bei der bisherigen Anlage der Fall. Wir gehen daher in einen Parallelbetrieb. Die Herausforderung lag darin, diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten an einem bestimmten Punkt zu synchronisieren“, sagt Klaus-Dieter Becker, Division Manager Industrial Engineering und Leiter des Expansion-Teams am UPS Air Hub Köln Bonn.
Eine weitere Anforderung: War bisher noch reichlich Platz in der Halle, so hat sich dies mit der neuen Sortieranlage drastisch geändert. Daher muss UPS auch in der Höhe variieren können, ohne dass sich die Pakete auf den Förderbändern bewegen. Auch hier zeigen sich die Stärken des Cross-Belt-Sorters mit seinem gewissen Grip gegenüber den glatten Kippschalen.
Das Kernelement der Erweiterung ist die neue Frachthalle Nord mit rund 10 000 Quadratmeter Grundfläche. Darin gibt es zwei große Arbeitsbereiche, zum einen den Endladebereich für Kleinpakete. Diese werden anschließend über Förderbänder in die Frachthalle West transportiert, um dort sortiert zu werden. Damit besteht auch eine entsprechende Verknüpfung zwischen der neuen und der älteren Halle. Zum Zweiten wurde ein neuer großer Bereich für das Frachthandling geschaffen. Dieser war früher in der bestehenden Frachthalle West mit untergebracht.
Des Weiteren sind zahlreiche wetterfeste Endladepositionen für Lkw integriert. Hier wird die Ware direkt kommissioniert und auf die Flüge verteilt. So kann etwa Expressfracht binnen eines Tages innerhalb Europas zugestellt werden. Anders als an vielen anderen Rampen finden diese Abläufe hier direkt in der Halle statt.
Für die neue Halle wurde bereits eine zweite Arbeitsebene geschaffen. Dazu wurden entsprechende Stahlstreben installiert. Bei Bedarf kommt die Verkleidung mit einem Bodenblech hinzu. Danach könnte weitere Technik, etwa für die Sortierung von Kleinpaketen, einziehen. Damit ist UPS bereits für spätere Expansionsschritte bestens gerüstet.
Durch den Neubau der Halle Nord waren auch im Bereich der Halle West Umbauten erforderlich, denn bis dato dienten zwei Aufwärtsrampen an den beiden Kopfenden dazu, in das Halleninnere zu gelangen. Eine dieser Rampen wurde umgebaut und begradigt, um durch eine wetterfeste Verbindung aus der Frachthalle West über die Frachthalle Nord nach draußen auf das Flugvorfeld fahren zu können.
Die Ergänzung um weitere Stationen bzw. Kreisläufe ist ein weiteres Element der jüngsten Expansion. Hinter jedem dieser Kreisläufe steckt ein bestimmtes Gebiet. Jetzt konnten für einzelne Regionen eigene Kreisläufe geschaffen werden, die ebenfalls mit den Cross-Belt-Sortern bedient werden.
Eine Besonderheit des Air Hubs Köln ist die Verknüpfung verschiedener Gebäudeteile über zwei Brückenkonstruktionen mit mehrstöckigen Paketförderbändern. Der Paketfluss zwischen den Anlageteilen wird optimiert, indem die Stücke in die optimale Position gebracht werden. In den Induction Areas wechseln die Pakete von Bändern auf die Kippschalen-Systeme, die das gesamte Gebäude durchziehen.
In zwei Sortierstufen erreichen die Pakete ihr Ziel. Die Schalen werden automatisch an derjenigen Paketrutsche gekippt, die für die jeweilige Sendung vorgesehen ist. Währenddessen werden die „Smalls“ einem kleineren Kippschalensystem zugeführt. Mit Informationen aus dem Barcode wird automatisch nach Ländern und wichtigen Wirtschaftszentren sortiert. Nachdem ein Transportsack mit Kleinpaketen gefüllt ist, wird er mit einem Barcode-Label versehen und in das Sortiersystem zurückgeführt. Die „Irregs“ werden in Transportschalen anhand von Barcode-Informationen durch das Gebäude geleitet und an sieben automatischen Kippstationen auf Förderbänder umgesetzt, mit denen sie ihr Ziel erreichen. Der gesamte Paketfluss wird im Kontrollraum genauestens überwacht. Jedes Detail der Anlage wird visualisiert. Sendungsströme können vorübergehend umgeleitet werden. Wenn ein Barcode fehlt oder unleserlich ist, wird die Sendung zur „Resolution-Area“ umgeleitet, wo Adressaufkleber generiert werden.
Basierend auf den Scans während der Sortierung werden die Sendungen je nach Ziel den Containern und somit den Flugzeugen zugewiesen. Ein letzter Scan stellt die korrekte Beladung sicher. Die fertig beladenen Container werden über einen Rollenboden zu einer Bodenwaage gezogen und dann auf das Vorfeld gefahren und in die Flugzeuge verladen. Wenn rund drei Viertel eines Ladeplanes für ein Flugzeug zur Verfügung stehen, kann der Ladevorgang bereits beginnen. Unnötige Verzögerungen lassen sich so vermeiden. Die Abhol- und Zustellzeiten der Sendungen beim Kunden bestimmen den Flugplan. Noch vor Sonnenaufgang verlässt das letzte UPS-Flugzeug den Köln Bonn Airport, um einen der 55 innereuropäischen oder zwölf interkontinentalen Zielflughäfen anzusteuern.
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