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Von Sportlern lernen: Jetzt ist Kopfarbeit gefragt

Dem Wandel mental stark begegnen
Von Sportlern lernen: Jetzt ist Kopfarbeit gefragt

Was Sportler zu Höchstleistungen führt, hilft auch am Arbeitsplatz. Wie Sie in der durch die Digitalisierung angestoßenen Systemtransformation in der Wirtschaft den eigenen Weg finden.

Der Digitalisierung mental stark begegnen

Wenn uns etwas aus dem gewohnten Gleis wirft, bilden wir uns ein, alles sei verloren. Dabei fängt nur etwas Neues, Gutes an. Solange Leben da ist, gibt es auch Glück.“ Die Bemerkung des russischen Schriftstellers Leo Tolstoi mag abgehoben klingen. Doch die Lebenserfahrung spricht für sie. Ohne die Bereitschaft zu Neuanfang und unverzagter Auseinandersetzung mit dem, was den gewohnten Lebensvollzug ins Wanken bringt, wird Leben zu einem frustrierenden Geschäft. Das gilt es zu bedenken, rollt doch eine grundstürzende Veränderungswoge heran. Der Geschäftsführer des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Professor Dr. Henning Vöpel, charakterisiert sie als Systemtransformation in der Wirtschaft.
Die Bedeutung der Digitalisierung für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, so Vöpel, kann kaum unterschätzt werden: „Der wirtschaftliche Strukturwandel und die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse sind grundlegend. Es handelt sich um eine Systemtransformation. Die Welt wird neu vermessen. Wie eine neue Haut zieht sich die Digitalisierung über alte Strukturen und löst diese ab. Die Veränderungsprozesse und der Strukturwandel, die durch die Digitalisierung ausgelöst werden, erstrecken sich auf sämtliche Bereiche des Lebens und der Gesellschaft.“
Das von Tolstoi verheißene Glück des Lebens, das „der Einfachheit halber mit ‚Wohlbefinden‘ und ‚Zufriedenheit mit dem Leben‘ gleichgesetzt wird“, wie der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler und ständige Gastprofessor für Politische Ökonomie an der Universität Basel, Professor Bruno S. Frey, in das „Glück – Die Sicht der Ökonomie“ schreibt, „muss zunehmend in einer ganz neuen Art des Bewährens und Bewältigens gefunden werden: Nicht mehr im gewohnten täglichen Vorantreiben und Abwickeln von allem Möglichen, sondern in der gelingenden Bewahrung davor, sich von den Dingen vorantreiben zu lassen.“
Die anstehende Aufgabe oder das angesichts der Wucht des Heranflutenden besser Herausforderung zu Nennende sollte damit klar sein. Niemand sollte es so weit kommen lassen, sich auf einmal in dem Gefühl wiederzufinden, hilfloser Spielball der Umwälzungen zu sein. Gehen Depressionsforscher doch schon lange davon aus, dass die sogenannte Kontrollüberzeugung einen wichtigen Faktor für die psychische Gesundheit darstellt: Wer das Gefühl hat, sein Schicksal selbst zu bestimmen, läuft seltener Gefahr, depressiv zu werden, als Menschen, die sich als Spielball äußerer Umstände empfinden.
Das in Gedanken auf Vöpels Prognostik ebenso naheliegende wie verständliche Gefühl der Angst vor dem atemberaubenden Neuen sollte sich deshalb tunlichst nur in möglichst seltenen, ganz persönlichen Momenten zu Wort melden dürfen. Wenn Angst in kritischen Momenten durchaus auch „intuitiv“ beachtliche Kräfte freizusetzen vermag, die Gefahr, dass sie in Situationen, wo es auf nichts mehr ankommt, als sich einen kühlen Kopf zu bewahren, blockiert, ist gemeinhin größer. So wird das Vermögen, sich vor dieser Selbstblockade und dem daraus erwachsenden Empfinden des Kontrollverlustes zu bewahren, zum Gebot der Stunde.
Der summende Schwarm der Befürchtungen, Besorgnisse, Zweifel und Selbstzweifel im Kopf ist der gefährlichste Hintertreiber der jetzt einzig den Weg ins Neue bahnenden Frage: Ob es mir gefällt oder nicht, was da am beruflichen Horizont heraufzieht, wie setze ich mich damit ins Benehmen? Wie muss, wie kann ich mich darauf einstellen? Damit kommt auch eine Erkenntnis ins Spiel, die in jeder etwas in die Tiefe gehenden Berichterstattung über sportliche Höchstleistungen unweigerlich anklingt: Die Leistungsfähigkeit in Drucksituationen und unter hoher innerer Anspannung wird im Kopf entschieden. Das Mentale gibt den Ausschlag: Gewonnen wird im Kopf. Verloren auch. Spielt der Kopf nicht mit, gelingt es nicht, das zum Siegen notwendige Maximum an Leistungsfähigkeit im entscheidenden Moment des Wettkampfes abzurufen. Der verstorbene Heidelberger Professor für Sportpsychologie Hans Eberspächer hat das in einem Buchtitel einmal prägnant formuliert: „Gut sein, wenn‘s drauf ankommt.“
Beinahe so etwas wie eine Legende auf diesem Gebiet ist der 1943 geborene Amerikaner James E. Loehr. Loehr hat über 100 Weltklassesportler in unterschiedlichen Sportarten betreut und gilt als einer der erfahrensten Sportpsychologen. Sein 1996 erschienenes Buch „Die neue mentale Stärke – Sportliche Bestleistung durch mentale, emotionale und physische Konditionierung“ ist ein Standardwerk. Darin unterteilt Loehr die mentale Stärke in eine wohl ausgewogene Mischung aus vier Komponenten:
  • Emotionale Flexibilität, verstanden als Fähigkeit, sich auf Belastungen und Veränderungen einzustellen und in angespannten Situationen unverkrampft und ausgeglichen zu bleiben; nicht aufzubrausen und im Bezug auf die anstehenden Aufgaben und Herausforderungen eine positive Einstellung zu entwickeln und durchzuhalten.
  • Emotionales Engagement, verstanden als Fähigkeit, sich unter Druck und Unsicherheit eine langfristige Aspekte stets miteinbeziehende, zielbezogene Handlungsfähigkeit zu bewahren und nicht in Schein- oder kurzfristig Erfolge versprechende Aktivitäten auszuweichen oder sogar gänzlich zu blockieren.
  • Emotionale Stärke, verstanden als Fähigkeit, im Kontakt mit anderen auch unter Belastung den Eindruck innerer Ruhe und Ausgeglichenheit zu vermitteln, anstatt eine Atmosphäre von Hektik, Frustration oder gar Resignation zu verbreiten.
  • Emotionale Spannkraft, verstanden als Fähigkeit, vergebene Chancen und Misserfolgserlebnisse als Lernsituationen zu verarbeiten, definitive Fehler als solche zu erkennen, zu ihnen zu stehen und sie zu korrigieren, um sich so unbefangen neuen Aufgaben zu widmen.
Seine Erfahrung hat Loehr gelehrt, mentale Stärke lässt sich erlernen. Was in der praktischen Quintessenz bedeutet, beeinträchtigende Emotionen lassen sich beherrschen. Der erfolgsabträgliche summende Schwarm der „Wenns und Abers“ im Kopf kann unter Kontrolle und zum Schweigen gebracht werden. Und genau das ist die Voraussetzung, sich losgelöst und unbeeinflusst von Umgebungsbedingungen innerlich frei, offen und konzentriert an der persönlichen Leistungsgrenze zu bewegen; sich nicht, in Freys Worten, von den Dingen (und Umständen) treiben und umtreiben zu lassen. Mentale Stärke sorgt dafür,
  • sich nicht vom Augenblick und seinen momentanen Eindrücken entkräften, durch ein Wechselbad von Gefühlen verunsichern und zu unausgereiften Äußerungen, Entscheidungen und Handlungen verleiten zu lassen;
  • sich nicht von verfestigten eigenen oder in der Umgebungskultur vorgegebenen Denk-, Handlungs- und Verhaltensmustern steuern zu lassen;
  • sich unvoreingenommen auf neue Gegebenheiten einstellen zu können, gewohnte oder bewährte Erfolgspfade verlassen beziehungsweise auf ein Ziel in einer Kombination von alten und neuen Wegen hinarbeiten zu können.
Über sich selbst zu verfügen, aus der Kontrollüberzeugung heraus sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, in intensiven Momenten dieses Empfindens stellt sich ein Gefühl von Hochstimmung ein, von tiefer Freude, das lange anhält und zu einem Maßstab dafür wird, wie das Leben aussehen sollte. Der inzwischen 82-jährige Mihály Csíkszentmihályi, emeritierter Professor für Psychologie an der University of Chicago, hat diesem Gefühl den Namen gegeben und ein beinahe legendäres Buch darüber geschrieben, das in 15. Auflage erscheint: Flow. Knapp zusammengefasst lauten seine Erkenntnisse:
  • Alles, was wir erleben, wird im Bewusstsein als Information dargestellt. Wenn wir in der Lage sind, diese Informationen zu kontrollieren, können wir bestimmen, wie unser Leben aussieht. Wie wir uns fühlen, die Freude, die wir dem Leben abgewinnen, hängt letztlich davon ab, wie der Verstand die tagtäglichen Erfahrungen filtert und deutet.
  • Ein Mensch kann sich glücklich oder unglücklich machen, unabhängig davon, was tatsächlich draußen geschieht, indem er den Inhalt seines Bewusstseins verändert. Jeder kennt Menschen, die eine hoffnungslose Situation in eine Herausforderung verwandeln und bewältigen können, und zwar einfach durch die Kraft ihres Denkens.
  • Diese Fähigkeit, trotz Hindernissen und Rückschlägen weiterzumachen, ist eine Eigenschaft, die man bei anderen zu Recht am meisten bewundert; es ist vermutlich die wichtigste Eigenschaft nicht nur für den Erfolg im Leben, sondern auch für die Freude daran.

  • Laufen für den Erfolg

    Presse

    Läufer entwickeln eine Reihe positiver Eigenschaften: Sportler können sich gut motivieren, haben Ausdauer, gehen an ihre Grenzen, gelten als hartnäckig, willensstark, zielstrebig, fleißig und diszipliniert. Unter Führungskräften wird Laufen immer populärer. Ein Marathonwettkampf gilt als Sinnbild von Disziplin und Konsequenz. Etwa jeder zehnte Vorstand börsennotierter Firmen beteilige sich inzwischen an der Massenbewegung Marathon. „Je höher man in Unternehmen schaut, desto größer ist die Dichte der Läufer“, stellt Lauftrainer Andreas Butz, der ein Buch über das Thema geschrieben hat, fest. Für ihn steht fest: „Marathonlaufen ist das neue Golfen.“
    Quelle: www.zeit.de, 21.09.2015
    Buchtipp: Schwitzen für Erfolg: In Laufschuhen Karriere machen. Andreas Butz, Axel vom Schemm, Butz & Friends, 224 Seiten, August 2015, 24,90 €

    Bestzeiten für die Karriere

    Fachpresse

    In einer Studie, die im Rahmen des Frankfurt-Marathons erstellt wurde, stellte man fest, dass mehr als 35 Prozent der befragten 3906 Marathonläufer auf Führungsebenen beschäftigt sind – nahezu die Hälfte davon im Bereich des Senior Managements. Interessant war aber vor allem, dass die Läufer mit einem Jahreseinkommen von mehr als 500 000 Euro durchschnittlich auch die schnellsten Bestzeiten vorzuweisen hatten. Der durchschnittliche Zeitunterschied zwischen den Bestzeiten von Geringverdienern und Top-Verdienern betrug dabei rund 16 Minuten. Somit ließ sich ein direkter Zusammenhang zwischen beruflicher Karriere und persönlichen Bestzeiten im Marathon belegen: Wer im Job zu den Erfolgreichsten gehört, läuft laut dieser Studie auch die schnellsten Marathonzeiten.
    Quelle: www.runnersworld.de, 31.05.2011

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