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Warten auf den Durchbruch

Spieltheorie im Einkauf
Warten auf den Durchbruch

Unser Autor will der Spieltheorie im Einkauf zum Durchbruch verhelfen.

Jede neue Idee muss während ihrer Entwicklung einen kritischen Punkt passieren, von dem an man von einem Durchbruch sprechen kann. Hat der Einsatz der Spieltheorie im Einkauf das geschafft, um in Industrie und Wirtschaft als erfolgreich etabliert zu gelten?

Auf den ersten Blick ja, da die Anzahl (a) der Nobelpreise auf diesem Gebiet, (b) der über Spieltheorie forschenden Hochschulprofessoren, (c) deren Hochschulinstitute und (d) der jährlich auf allen Kontinenten stattfindenden Konferenzen beeindrucken. Zudem hört man von einigen wenigen Konzernen, dass sie erfolgreich mit der Anwendung der Spieltheorie im Einkauf begonnen haben.
Es sind jedoch nur Einzelfälle. Auf den zweiten Blick hat es die Spieltheorie noch nicht geschafft, denn die Abstände zwischen den Anwendern (strategische Einkäufer) zu den „Pacemakern“ – wie beim Laufen – sind zu groß. Die Forschung auf diesem Gebiet nimmt zu wenig Rücksicht auf die Anwender. Die Anwender ihrerseits verfügen meistens nicht über die notwendige Qualifikation, um die oft komplizierten Elemente der Spieltheorie selbst anzuwenden. Bücher und Veröffentlichungen werden bei einer Vielzahl von Einkäufern, die man dazu befragt, auch als zu kompliziert empfunden. Zudem verunsichern die dort immer wieder verwendeten gleichen Beispiele, z. B. Wettrüsten, Kuba-Krise, Gefangenendilemma (siehe Grafik), da sie keinen nachvollziehbaren Industriebezug haben. Praxisexperten mit spieltheoretischen Kenntnissen entwickeln häufig das Vergabedesign entweder „im stillen Kämmerlein“ oder sie „zaubern“ eine optimale Lösung „wie das berühmte Kaninchen aus dem Hut“ – nach dem Motto „zunächst eine Hongkong und dann die dreifache Dutch reverse“. Bei manchen endet der Einsatz der Spieltheorie immer in einer elektronischen Auktion, was nicht richtig ist, denn es ist nur eine der vielen Verhandlungsformen. Was muss noch erfolgen, um der Spieltheorie einen echten Durchbruch zu verschaffen? Vielleicht mit einem dialogischen Wettbewerb zwischen den „Pacemakern“? Wir müssen es schaffen, die Einkäufer daran partizipieren zu lassen.
Und was kann man in den Unternehmen direkt machen? Ein grundsätzliches Commitment der Unternehmensleitung zum Einsatz der Spieltheorie ist zwingende Voraussetzung. Denn viele strategische Maßnahmen, die diesen Einsatz möglich machen, sind unbequem und/ oder mit Aufwand verbunden.
Die Spieltheorie muss auch in einer Methode implementiert werden, die auf durchschnittliche Qualifikationen der Einkäufer zugeschnitten ist. Schon beim Prozessstart sind nachvollziehbare Vorlagen notwendig, die vor dem Start eines Verhandlungsprozesses bearbeitet werden können. Die Inhalte müssen so gestaltet sein, dass der Einkäufer sie selbst beantworten kann und andererseits strategische Maßnahmen definiert, die über den Erfolg der Verhandlung entscheiden. Hinter den Fragen stehen natürlich spieltheoretische Grundlagen, die am Ende den maximalen Wettbewerb zwischen den Lieferanten erzeugen und deren Risikoaversion abbauen.
Um die Anwendung der Spieltheorie beim Einstieg zu erleichtern, empfiehlt es sich außerdem, Einkäufer vor dem Prozessstart zu trainieren und während des Verhandlungsprozesses zu coachen. Unabhängig davon, ob es eine konventionelle Verhandlung (Coach als Mitglied des crossfunktionalen Teams), elektronische Auktion/ Parallelverhandlung (Coach als „Prozessbeobachter“) oder ein komplexes Event ist, z. B. ein Lieferantentag (inklusive Glaubwürdigkeit aufbauender Vorträge und den daraus resultierenden Verhandlungen) ist. Die besten Erfahrungen werden dabei mit Training on the job erzielt.
Aktuelle Befragungen der Einkäufer zeigen, dass fast die Hälfte von ihnen die Spieltheorie sofort einsetzen möchte. Zusammenfassend muss man jedoch betonen, dass der Durchbruch nur dann zustande kommt, wenn man zentral eine Dialog-Plattform bildet und dezentral in den jeweiligen Unternehmen bei der Implementierung einige wenige entscheidende Erfolgsfaktoren beachtet.
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