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Werkzeuge strategisch betrachtet

Beschaffung von Maschinenwerkzeugen
Werkzeuge strategisch betrachtet

In vielen Branchen nimmt die Beschaffung von Werkzeugen einen signifikanten Anteil am gesamten Beschaffungsvolumen ein. Eine strategische Betrachtung der Beschaffungskategorie Tooling führt häufig zu Einsparungen und Prozess- optimierungen. Wie man dabei vorgeht, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Ein neuer Einkaufsleiter im Unternehmen oder eine Management-Decision könnte einen Trend für Ihr Unternehmen aufgreifen, der bislang an Ihnen vorbeigezogen ist: Die Supplier-Base soll drastisch reduziert werden. Für jeden Lieferant, der neu im System angelegt werden soll, müssen zehn bestehende im System gelöscht werden. Zudem soll der Lieferantenstamm z. B. um 20 Prozent reduziert werden. Ein anderes Szenario könnte sein, dass genannte Entscheider eine neue Strategie anstreben, um nichtproduktionsmaterial gezielt zu optimieren und nicht nur vorteilhaftere Beschaffungspreise zu erzielen, sondern auch noch die Transaktionskosten zu senken und verschiedene Prozesse zu optimieren. In beiden Szenarien könnte die Lösung sein, eine Strategie für die Beschaffung von Maschinenwerkzeugen zu entwickeln und implementieren.

Maschinenwerkzeuge sind in vielen Unternehmen kritische Beschaffungsgüter. Zum einen produktkritisch, d. h. Maschinenwerkzeuge beeinflussen unmittelbar die Qualität der gefertigten Endprodukte. Zudem sind Maschinenwerkzeuge für das Kerngeschäft vieler Unternehmen kritisch als Teil der Wertschöpfungskette. Bei vielen Maschinenwerkzeugen handelt es sich um niedrigpreisige Verschleißteile, deren Bedeutung für die Wertschöpfungskette meist erst dann erkennbar wird, wenn es Qualitäts- oder Lieferprobleme gibt.
Abhängig vom Reifegrad der Einkaufsorganisation und der Unternehmensgröße werden Maschinenwerkzeuge vom indirekten Einkauf beschafft, in vielen Unternehmen ohne eigene Einkaufsorganisation für indirekte Kategorien vom Zentraleinkauf oder von Einkäufern für Direktmaterial. In jedem Fall muss eine strategische Betrachtung der Maschinen erfolgen, denn häufig ergeben sich zusätzlich zu harten Einsparungen noch Prozessoptimierungen. Hohes Potenzial entsteht bei einer strategischen Bearbeitung durch Volumenbündelung und einer damit einhergehenden Reduktion der Supplier-Base.
Bei vielen Maschinenwerkzeugen handelt es sich um niedrigpreisige Standardprodukte, deren Einzelpreis sehr häufig unter 100 Euro liegt. Gleichzeitig müssen vom selben Produkt verschiedene Ausführungen ständig vorrätig sein z. B. im Fall von Schleifmitteln oder Gewindebohrern. Aus historischen Gründen werden Maschinenwerkzeuge in vielen Unternehmen bei einer vergleichsweise hohen Anzahl von Lieferanten beschafft, im Regelfall mit einer BANF. Eine Bestandsführung der Maschinenwerkzeuge wird dabei häufig nicht durchgeführt. Strategisches Ziel bei der Beschaffung von Maschinenwerkzeugen ist es,
  • Einsparungen bei den Einstandspreisen zu generieren,
  • die Anzahl der Lieferanten signifikant zu reduzieren,
  • Transaktionskosten bei der Beschaffung zu senken,
  • zu jeder Zeit die Verfügbarkeit sicherzu-stellen
und gleichzeitig die Qualität der Maschinenwerkzeuge auf mindestens gleichem Niveau zu halten oder im Idealfall sogar noch zu erhöhen.
Im ersten Schritt muss eine aussagekräftige Basis erarbeitet werden. Gemeinsam mit den Shareholdern im Unternehmen werden die relevanten Daten erhoben und gebündelt. Auch dabei muss die Wirtschaftlichkeit gesichert sein, denn die Transaktionskosten bei der Datenermittlung und -erhebung dürfen keinesfalls entgleisen. Die Fachbereiche, in denen Maschinenwerkzeuge eingesetzt werden, haben häufig einen soliden Überblick und können mit eigenen Aufzeichnungen oder weiteren Informationen über den Einsatz der Werkzeuge dienen. Auf Basis dieser Informationen können im System die entsprechenden Lieferanten und beschafften Produkte der vergangenen Perioden identifiziert werden. Unbürokratische Hilfe ist häufig auch im Controlling oder in der Kreditorenbuchhaltung zu bekommen. Mit den allseits bekannten Tools wie der ABC-Analyse und der XYZ-Analyse kann in Kombination mit den Daten aus den Fachabteilungen, Buchhaltung und System eine aussagekräftige Analyse durchgeführt werden. Mit diesen Daten können zudem die Kostentreiber bei den Maschinenwerkzeugen identifiziert werden. Dazu gehören insbesondere auch Kosten für Wartung und Instandhaltung.
Die Fachbereiche sollten unbedingt bei der Definition und Sicherung der Qualität der Maschinenwerkzeuge unterstützen. Idealtypisch werden dazu praktikable Attribute definiert, die mess- und vergleichbar sind. Diese Vorbereitung wird sich später als lohnende Investition erweisen, denn dadurch werden sehr viele Rückfragen in der Anfragephase im Vorfeld eliminiert. Für die Qualifizierung von Lieferanten bestehen im Regelfall bereits Kriterien und Prozesse. Falls dies nicht der Fall sein sollte, werden diese ebenfalls im Vorfeld definiert. Aufgrund der angestrebten Reduktion der Supplier-Base besteht eine höhere Abhängigkeit von wenigen, bevorzugten Lieferanten, die sehr sorgfältig ausgewählt werden müssen.
Die Anfragen werden in der nächsten Phase vorbereitet. Neben den relevanten, kaufmännischen Inhalten werden vor allem die technischen Inhalte der Anfrage aufbereitet. Auch hier gilt: je gründlicher die Vorarbeit, desto weniger Fehlerquellen und Rückfragen. In einem wirtschaftlich sinnvollen Rahmen kann ein hoher Grad an Kostendetaillierung die Transparenz für spätere Verhandlungen und Cost-Breakdown-Analysen erhöhen. Dies ist ggf. bei Maschinenwerkzeugen indiziert, die „customized“ geliefert werden und als Kostentreiber im Unternehmen gelten. An dieser Stelle sollte auch der Kommunikationsweg und die Terminschiene definiert werden. Lieferanten von Maschinenwerkzeugen sind häufig große Warenwirtschafter mit gut organisierter Vertriebsorganisation. Aus Effizienzgründen sollten die Rückfragen und sonstige Aktivitäten der Lieferanten kanalisiert werden. Nach den gründlichen Vorbereitungen erfolgt die Anfragephase. Zur Erhöhung der Effizienz kann eine Voranfrage in Kurzform an die Kandidaten der Vorauswahl erfolgen, in der grob skizziert der Umfang der Anfrage kommuniziert wird. Die darauf eingehenden Antworten können als erster Filter dienen. Nach erneuter Sichtung der verbleibenden Kandidaten erfolgt die eigentliche Ausschreibung. Eine Empfehlung dazu ist eine Vertraulichkeitserklärung, die vor der Übermittlung der Anfrage unterzeichnet werden muss. In einer späteren Phase der Ausschreibung müssen möglicherweise firmeninterne Details zu technischen Prozessen oder Ähnlichem an mögliche Lieferanten übermittelt werden. Möglicherweise können anhand der beschafften Werkzeuge oder deren Menge Rückschlüsse auf Kundenbeziehungen oder gar betriebswirtschaftliche Erfolge geschlossen werden. Zudem handelt es sich um einen weiteren Filter, denn die Verweigerung der Unterzeichnung einer Schweigepflichterklärung eines angefragten Lieferanten ist rational nicht nachvollziehbar und kann disqualifizieren.
In dieser Anfragephase kann ein Lieferantenworkshop im eigenen Unternehmen den Zugang zu wertvollem Zusatzwissen verschaffen. Diese bewährte Methode wird nur sehr zurückhaltend eingesetzt. Neben dem Aufbau von Netzwerkbeziehungen kann eine Grundlage zur Lieferantenentwicklung geschaffen werden. Hauptzweck ist jedoch die Identifikation von Prozessoptimierungen im eigenen Unternehmen. Aus den Kosten- und wertanalytischen Ansätzen können auch mögliche Kostensenkungspotenziale ermittelt werden. Der Lieferantenworkshop ist selbstredend nur dann sinnvoll, wenn ein relevanter Gesamt-Spend in der Kategorie „Tooling“ zu vergeben ist. Die Teilnahme der Shareholder an diesem Workshop ermöglicht den Anwendern einen wertvollen Wissenstransfer und Ansätze zu Prozessoptimierungen durch externe Experten. Für die Lieferanten der Maschinenwerkzeuge bietet sich die Möglichkeit zu höherem Umsatzpotenzial.
Je nach unternehmerischer Gesamtstrategie kann die konsequente Reduktion auf wenige, strategische Lieferanten erfolgen. Die Volumenbündelung erzeugt einen Hebel für Einsparungen und reduziert die vielseits angestrebte Reduktion der Supplier-Base. Neben den Vorteilen aufgrund der günstigeren Beschaffung kann eine Bonusvereinbarung mit Rückvergütungen die Savings zusätzlich erhöhen.
Transaktionskosten senken. Nach der Volumenbündelung kann für häufig wiederkehrende Bedarfe ein Kanban-Prozess implementiert werden. Neben der Verlagerung von Verantwortung auf die strategischen Lieferanten werden die internen Bestell- und Prozesskosten signifikant reduziert. Wenn die Kanban-Prozesse optimiert sind, ist zudem die ständige Verfügbarkeit von Maschinenwerkzeugen sichergestellt. Die Erfahrung zeigt, dass in vielen Unternehmen gem. Prinzip von Vilfredo Pareto fast 80 Prozent der wiederkehrenden Bedarfe an Maschinenwerkzeugen mit einem Kanban-System abgedeckt werden können. Durchschnittlich weitere 15 Prozent der gesamten Bedarfe an Maschinenwerkzeugen können mit elektronischen Katalogen gedeckt werden. Sollte kein ERP-System im Unternehmen implementiert sein, stehen auch sehr funktionsfähige Webkataloge für Maschinenwerkzeuge zur Verfügung. Sofern noch nicht im Einsatz, können mit den webbasierten Katalogen noch weitere Einkaufskategorien transferiert werden, was weitere Einsparungen ermöglicht. Auch bei Webkatalogen kann eine Bonusvereinbarung mit Rückvergütungen verhandelt werden. Die übrigen Bedarfe von ca. 5 Prozentmüssen weiterhin manuell beschafft werden, wenn möglich bei einem der bevorzugten Lieferanten auf Basis eines ausgehandelten Rahmenvertrages.
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