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„Wir bieten an: …“

Wie der Kauf zustande kommt
„Wir bieten an: …“

Einkäufer erhalten Tausende von Angeboten. Aber wer macht sich schon darüber Gedanken, was ein Angebot überhaupt ist. Juristisch gesehen. Unser Autor Professor Dr. Karlheinz Schmid, erläutert die Einzelheiten.

Prof. Dr. Karlheinz Schmid

Häufig beginnt eine Beschaffung mit einer Anfrage, also damit dass ein Unternehmen bzw. ein bestimmter Verkäufer um ein Angebot gebeten wird. Kommt er dieser Bitte nach, dann unterbreitet er dem einkaufenden Unternehmen – wenn alles ordnungsgemäß verläuft – ein Angebot.
Ein Vertrag kommt durch die Annahme eines Angebots zustande. Das zeitlich vorhergehende Angebot – das Bürgerliche Gesetzbuch kennt nur den Begriff „Antrag“ – und die zeitlich nachfolgende Annahme sind unverzichtbare Elemente eines jeden Vertrags. Da das Angebot eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ist, wird das Angebot mit Zugang wirksam. Der Antragende ist damit grundsätzlich an sein Angebot gebunden (§§ 145, 133 BGB).
Ein Angebot liegt allerdings nur dann vor, wenn der Wille des Anbietenden, sich rechtlich zu binden, deutlich zum Ausdruck kommt. Hierdurch unterscheidet sich das Angebot von der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots. Ob das eine oder andere vorliegt, ist eine Auslegungsfrage. Auf den inneren Willen des Antragenden kommt es dabei nicht an, vielmehr ist entscheidend, wie der Vorgang von einem objektiven Betrachter gewertet wird.
Ein Angebot liegt nur dann vor, wenn zwei Voraussetzungen gegeben sind:
  • Das Angebot muss sich an eine bestimmte natürliche oder juristische Person richten. Ausnahmsweise ist es möglich, das Angebot an einen unbestimmten Personenkreis zu richten. Nach herrschender Ansicht liegt ein solches Angebot „an unbestimmte Personen“ in der Aufstellung und Inbetriebnahme eines Automaten, zum Beispiel eines Warenautomaten oder eines Automaten am Eingang eines Parkhauses.
  • Das Angebot muss so konkret sein, dass es vom Adressaten ohne weiteres angenommen werden kann. Das Angebot muss inhaltlich so gestaltet sein, dass es vom Empfänger ohne weitere Verhandlung durch ein einfaches „ja“ angenommen werden kann. An dieser inhaltlichen Bestimmtheit fehlt es, wenn der Verkäufer eine Ware anbietet, ohne ihren Preis zu nennen und wenn auch aus den sonstigen Umständen ein Preis nicht erkennbar wird, etwa aus Preislisten oder Tarifen. Zu einem Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages gehört als Mindestinhalt die Bestimmung des Kaufgegenstandes und des Kaufpreises. Bei fehlenden Positionen findet das Gesetz Anwendung, soweit eine gesetzliche Regelung überhaupt vorhanden ist, wie etwa bei der Lieferzeit (§ 271 BGB).
Vom Angebot muss man die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten unterscheiden. Solche Aufforderungen sind u. a. übersandte Preislisten, ausgelegte Speisekarten, Inserate in Zeitungen, Waren in Schaufenstern. In der Versendung von Katalogen, Lagerverzeichnissen, Proben und Mustern, die erkennbar für mehrere Personen bestimmt sind, ist also noch kein Vertragsangebot zu sehen. Wäre dies der Fall, so könnte jeder Interessent ohne weiteres durch seine Annahmeerklärung die vertragliche Bindung herbeiführen. Die Versendung von Katalogen, Schaufensterauslagen usw. stellt daher lediglich eine Aufforderung an alle Interessenten dar, nun ihrerseits Angebote abzugeben. Hier ist also die Erklärung des Interessenten, zum Beispiel die Bestellung bei einem Versandhaus, das Angebot. Erst mit der Annahme dieses Angebots durch das Versandhaus kommt der Vertrag zustande.
Wenn Einkäufer Angebote reinholen
Sendet der Einkäufer an verschiedene Firmen Leistungsverzeichnisse mit einer Reihe von preislich offenen Positionen mit der Bitte, die Leistungsverzeichnisse ausgefüllt zurückzusenden, so liegt in der Erklärung des Einkäufers kein Vertragsangebot, sondern lediglich die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots. Die mit den entsprechenden Preisen zurückgesandten Leistungsverzeichnisse sind im Regelfall Angebote. Der Einkäufer wählt das ihm günstigste Angebot aus und nimmt es an bzw. erteilt diesem Anbietenden den Zuschlag.
Ob das Anbieten von Lieferungen und Leistungen auf einer Website ein Angebot ist oder nur eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, hängt letztlich davon ab, ob der User den Inhalt der Website so verstehen darf, dass der Anbietende ein rechtsverbindliches Angebot machen will oder nicht.
Bei Warenofferten ist dies regelmäßig nicht der Fall. Hier will der Verkäufer im Zweifel erst seinen Warenbestand und die Zahlungsfähigkeit des Kaufinteressenten prüfen. Etwas anderes gilt bei Software oder Informationen aus Datenbanken, die gegen Entgelt zum Herunterladen zur Verfügung gestellt werden. Hier muss der Verkäufer seinen Bestand nicht vorher prüfen, weil dieser sich nicht verbraucht, und auch die Bonität des Käufers bedarf keiner vorherigen Prüfung, weil im Normalfall bereits die Kreditnummer eingegeben oder eine andere elektronische Zahlung erfolgt bzw. vereinbart ist.
Wenn Sie einen Verkäufer um ein Angebot bitten, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er Ihnen schreibt: „Bieten wir Ihnen unverbindlich an …“ Statt „unverbindlich“ wird auch das Wort „freibleibend“ verwendet. Liegt dann überhaupt ein Angebot vor? § 145 BGB gibt die Antwort. Dort heißt es : Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.“
Mit den Worten „unverbindlich“, „freibleibend“, eher selten „ohne Obligo“, wird aber gerade die Gebundenheit ausgeschlossen. Ein solches freibleibendes Angebot bedeutet, dass der Anbietende die volle Entschlussfreiheit behalten möchte. Sein „Angebot“ ist im Regelfall nur als Aufforderung an den Einkäufer zu verstehen, er möge nun seinerseits ihm ein Angebot machen. Statt eines Angebots liegt – juristisch – nur eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots vor.
Nur wenige kennen diese Problematik. Dann kann Folgendes passieren: Sie bestellen in der Vorstellung, Ihre Bestellung sei die Annahme, mit dem Zugang der Bestellung komme also der Vertrag zustande. Stattdessen haben Sie ein Angebot abgegeben, das der Verkäufer vielleicht deshalb ablehnt, weil er die Ware in der Zwischenzeit verkauft hat.
Nicht jedes „Angebot“ ist ein Angebot
Wenn ein Verkäufer ein „freibleibendes Angebot“ abgibt, dann hat er hinsichtlich der ihm zugehenden Angebote (Bestellungen) eine Erklärungspflicht. Schweigt er, so wird dies von den Gerichten als Annahme gewertet. Dies ist eine bedeutsame Ausnahme von dem auch für Kaufleute geltenden Grundsatz, dass Schweigen Ablehnung bedeutet.
Was bedeutet die Klausel „Angebot freibleibend, entsprechend unserer Verfügbarkeit“? Die Gerichte legen diese Klausel als Widerrufvorbehalt aus (BGH NJW 84, 1885). Dann kann der Verkäufer sein Angebot widerrufen, wenn er nicht mehr über die erforderliche Liefermenge verfügt. Dieser Widerruf muss aber vor der Annahme des Empfängers erfolgen. Ein dann noch erfolgter Widerruf wäre unbeachtlich.
Was bedeutet „Preis freibleibend“? Bei dieser Klausel bezieht sich die Freiklausel lediglich auf den Preis. Schließt der Käufer den Vertrag mit einer solchen lediglich auf den Preis bezogenen Freiklausel ab, so ist er auch dann an den Vertrag gebunden, wenn der Verkäufer von dem Preisvorbehalt Gebrauch macht und eine angemessene Preiserhöhung durchführt. Bei der Frage, wie hoch die Preiserhöhung sein darf, ist vieles umstritten. Handelsbräuche und Handelsgewohnheiten spielen eine große Rolle. Im Regelfall ist die Klausel so zu verstehen, dass der Verkäufer den Preis bis zur Lieferung nach billigem Ermessen so erhöhen darf, dass er mit dem Marktpreis zur Lieferzeit übereinstimmt (BGHZ 1,354).
Angebotskosten werden im Regelfall nicht erstattet
Ein Anspruch auf Vergütung der Angebotsausarbeitung kommt im Allgemeinen nur dann in Betracht, wenn die Leistungen, die der Auftragnehmer/Verkäufer zur Ausarbeitung und Vorbereitung seines Angebotes gemacht hat, Gegenstand einer vertraglich eingegangenen Verpflichtung waren. So der Bundesgerichtshof im Urteil vom 12.7.1979 (Der Betrieb 1979, Seite 2078). Einschlägig ist hier § 632 Absatz 1 BGB, der beachtet werden sollte: „Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“ Ohne Vertrag erhält daher im Regelfall der Geschäftspartner seine für die Ausarbeitung des Angebots entstandenen Kosten nicht ersetzt. Eine solche Vereinbarung zur Kostenübernahme muss aber nicht ausdrücklich erfolgen; sie kann auch, siehe § 632 Abs. 1 BGB, stillschweigend bzw. durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten zustande kommen. Die Rechtsprechung ist aber im Allgemeinen sehr zurückhaltend, wenn Lieferanten auf Bezahlung ihrer Angebotskosten bestehen und sich dabei nur auf eine „stillschweigende Abmachung“ beziehen können.
Es empfiehlt sich gleichwohl mit folgenden Klauseln zu arbeiten:
  • Angebote sind für uns unverbindlich und kostenlos einzureichen.
  • Angebote sind verbindlich und kostenlos einzureichen.
  • Vergütungen für Ausarbeitung von Angeboten, Projekten usw. werden nicht gewährt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang § 20 Ziffer 2 Abs. 1 VOB/A, wo es heißt:
„Für die Bearbeitung des Angebots wird keine Entschädigung gewährt. Verlangt jedoch der Auftraggeber, dass der Bewerber Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, statische Berechnungen, Mengenberechnungen oder andere Unterlagen ausarbeitet, insbesondere in den Fällen des § 9 Nr. 10 bis 12, so ist einheitlich für alle Bieter in der Ausschreibung eine angemessene Ent-schädigung festzusetzen. Ist eine Entschädigung festgesetzt, so steht sie jedem Bieter zu, der ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot mit den geforderten Unterlagen rechtzeitig eingereicht hat.“
Neu im BGB ist § 632 Abs. 3 BGB: „Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten.“ Will demnach ein Unternehmen einen Kostenvoranschlag vergütet haben, muss es eine dahingehende Vereinbarung mit dem Kunden treffen. Eine entsprechende Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen reicht dafür nicht aus. AGB-Vergütungsklauseln sind wegen Verstoßes gegen § 305c Abs. 1 BGB (bisher § 3 AGBG) oder § 307 BGB unwirksam. Der Auftragnehmer muss daher mit seinem Kunden eine selbstständige Vereinbarung über die Erstellung und Vergütung eines Kostenvoranschlags im Voraus treffen.
Kann denn ein Angebot nicht jederzeit vom Anbietenden widerrufen werden? Das Angebot ist nach deutschem Recht für den Anbietenden bindend. Er kann daher grundsätzlich sein Angebot nicht widerrufen. Die Bindung beginnt mit dem Zugang des Angebots und endet mit seinem Erlöschen. Nach § 146 erlischt das Angebot, wenn es dem Anbietenden gegenüber abgelehnt wird oder wenn es nicht innerhalb der Annahmefrist angenommen wird. Die Antwort lautet also ganz entschieden: „Nein“!
Etwas anderes gilt nur dann, wenn es zum Beispiel heißt: „… bieten wir Ihnen jederzeit widerruflich an.“ Dann hat sich der Anbietende vorbehalten, sein Angebot ohne Angabe von Gründen jederzeit zurückzunehmen. Dieses Recht verliert er allerdings in dem Moment, in dem ihm eine Annahme des Angebots zugeht und damit wirksam wird.
Die Frage ist, wie lange eigentlich ein Angebot gilt? Ebenso könnte man fragen: Wie lange hat man als Einkäufer Zeit, um ein Angebot anzunehmen? Stellen Sie diese Frage Ihren Kollegen! Sie werden die unterschiedlichsten Antworten erhalten. Dies kann damit zusammenhängen, dass das Bürgerliche Gesetzbuch an dieser Stelle keine klare Auskunft gibt. Dabei ist die gesetzliche Regelung für die Situation unter Anwesenden eher noch bestimmt genug. Es heißt dort in § 147 Abs. 1 BGB (Annahmefrist): „Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachten Antrag.“ Damit der Empfänger eines Angebots nicht sofort annehmen muss, sollte er daher bei telefonischen Offerten immer eine Annahmefrist vereinbaren und sich die Zusage am besten schriftlich geben lassen.
Die Situation ist dagegen sehr unklar, wenn die Vertragsparteien nicht anwesend sind, also das Angebot mittels Brief, Fax, E-Mail usw. abgegeben wurde. Dazu heißt es in § 147 Abs.2 BGB: „Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.“ Diese Zeitspanne umfasst die gewöhnliche Beförderungszeit für das Angebot und die Antwort sowie eine angemessene Überlegungszeit, die je nach Vertrags-umfang bzw. Vertragsgegenstand unterschiedlich lang sein kann. Die Überlegungsfrist ist das Problem. Sie lässt für unterschiedliche Interpretationen einen weiten Spielraum. Es hängt damit ganz vom Richter ab, was er im Einzelfall unter „regelmäßigen Umständen“ versteht. Deshalb kann es nur einen Rat geben: Fragen Sie den Verkäufer, welche Annahmefrist er Ihnen bereit ist einzuräumen. Ist die genannte Frist für Sie akzeptabel, wäre es empfehlenswert, sich dies schriftlich geben zu lassen. Man weiß ja nie.
Bei einem Vertragsabschluss im Internet gelten Käufer und Verkäufer als Abwesende im Sinne von § 147 Abs. 2 BGB. Die Bindung an ein Angebot errechnet sich dann praktisch nur aus der Bearbeitungs- und Überlegungszeit, weil die Übermittlung im Regelfall sehr schnell erfolgt.
Das Angebot wird abgelehnt
Der Anbietende ist auch dann nicht mehr an sein Angebot gebunden, wenn dieses von seinem Empfänger abgelehnt wird. Das Angebot erlischt mit Zugang der Ablehnungserklärung beim Anbietenden. Entsprechend heißt es in § 146 BGB: „Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird.“
Wenn das Angebot erlischt, dann ist nicht nur die Bindung des Antragenden entfallen, der Antrag existiert rechtlich nicht mehr. Das Angebot kann daher nach der Ablehnung nicht mehr angenommen werden.
Ablehnung im Sinne von §146 BGB ist die eindeutige und endgültige Erklärung des Angebotsempfängers gegenüber dem Anbietenden, das Angebot werde endgültig nicht angenommen. Eine Ablehnung kann daher auch durch Mimik und Gestik, also durch schlüssiges Verhalten erfolgen.
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