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„Wir versuchen bereits bei der Konstruktion mit im Boot zu sein“

Keller & Kalmbach-Geschäftsführer Dr. Florian Seidl und Thomas Obermeyer im Gespräch mit Beschaffung aktuell
„Wir versuchen bereits bei der Konstruktion mit im Boot zu sein“

Beschaffung aktuell: Herr Dr. Seidl, wie hat Keller & Kalmbach das vergangeneGeschäftsjahr abgeschlossen?

Dr. Florian Seidl: Wir waren leider nicht ganz zufrieden, da wir umsatzmäßig auf dem Niveau des Vorjahres abgeschlossen haben. Allerdings sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es war das beste unserer Firmengeschichte.
Beschaffung aktuell: Woran lag es, dass die Umsätze stagniert haben?
Seidl: Das hängt mit einer gewissen Umstrukturierung zusammen, die wir vor zwei Jahren begonnen haben. Wir haben uns von Kleinkunden getrennt und damit auch die Vertriebsmannschaft etwas verkleinert. Der Fokus wurde neu auf größere Handwerks- und Industriekunden gesetzt. Der andere Grund war die schwache Entwicklung in einigen Branchen wie beispielsweise der Bahnindustrie oder dem Agrarbereich. Hier besteht doch eine gewisse Abhängigkeit. In anderen Bereichen war die Entwicklung positiv, sodass wir im Gesamten auf das zufriedenstellende Ergebnis gekommen sind.
Beschaffung aktuell: Was waren denn ihre größten Umsatztreiber?
Thomas Obermeyer: Zum einen die Automobilindustrie, hier haben wir uns sehr gut entwickelt, neue Projekte gewinnen können und den einen oder anderen Umsatzverlust aus anderen Bereichen kompensieren können.
Beschaffung aktuell: Inwiefern spielen die Entwicklungen rund um Industrie 4.0 für Keller & Kalmbach eine Rolle?
Obermeyer: Industrie 4.0 ist natürlich ein sehr interessantes Thema im Markt. Wir stellen uns hier auch entsprechend auf und haben im logistischen Bereich sehr gute Antworten darauf. Wir sind gerade dabei ein nächstes Innovationsfeuerwerk zu zünden, welches wir Mitte des Jahres dem Markt vorstellen werden.
Ein weiteres Highlight in diesem Jahr wird die Erweiterung unseres hoch automatisierten Zentrallagers in Hilpoltstein sein, wo wir unsere Kapazitäten verdoppeln werden. Hier wurden 23 Millionen Euro investiert und wir werden das Lager im Juli in Betrieb nehmen.
Beschaffung aktuell: Sie bieten seit mehreren Jahren RFID-Systeme wie dropLog an, in denen bereits Ansätze von Industrie 4.0 stecken. Wie viele Unternehmen setzen bereits diese RFID-Systeme ein?
Obermeyer: Wir haben aktuell rund 100 Projekte im Markt. Die RFID-Thematik beschäftigt sehr viele Unternehmen und die Vorteile wurden entdeckt und geschätzt.
Beschaffung aktuell: Was darf man von ihrem Unternehmen in den nächsten Jahren erwarten, was sind Ihre Visionen?
Seidl: Wir haben eine ganz klare Vision: Wir wollen die Prozesse rund um die Beschaffung von C-Teilen für die Produktion und den internen Bedarf weitestgehend automatisieren. Also das, was man eigentlich unter Industrie 4.0 versteht, eine ganz starke Automatisierung der Daten- und Warenflüsse. Hier wollen wir ganz vorne dabei sein durch verschiedenste Eigenentwicklungen. Das bedeutet, dass angefangen bei der automatischen Bestellauslösung beim Kunden durch Systeme wie turnLog oder dropLog bis hin zur Bezahlung der Prozesse, alles weitestgehend automatisiert erfolgen soll. Lediglich die Entnahme am Arbeitsplatz oder im Lager wird dann in Zukunft noch manuell erfolgen.
Beschaffung aktuell: Wie ist der Einkauf bei Keller & Kalmbach organisiert?
Seidl: Wir haben den Strategischen und Operativen Einkauf vor einiger Zeit getrennt. Es arbeiten rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Einkauf, die größtenteils eine kaufmännische Ausbildung haben. Wir haben hier auch die technische Beratung angesiedelt. sodass wir gleich bei der Anfrage des Kunden unser Know-how einbringen können und eventuell Einfluss nehmen können auf das neu angefragte Sonderteil.
Beschaffung aktuell: Wo kaufen Sie ein?
Obermeyer: Wir kaufen weltweit ein. Schwerpunkte sind verschiedene Länder in Asien, Süd- und Osteuropa. Aber es ist immer noch so, dass fast die Hälfte des Einkaufsvolumens in Deutschland entsteht. Was auch im hohen Anteil von Sonderteilen begründet ist.
Beschaffung aktuell: Wie hoch ist der Anteil von Sonderteilen?
Obermeyer: Bei uns im Unternehmen liegt der Anteil von Sonder- und Zeichnungsteilen bei rund 45 Prozent des Gesamtumsatzes. Was sicherlich auch ziemlich einzigartig in der Branche ist.
Beschaffung aktuell: Wird Keller & Kalmbach bereits frühzeitig in die Entwicklung miteinbezogen?
Seidl: Wir versuchen hier bereits bei der Anfrage oder am besten schon bei der Konstruktion, mit im Boot zu sein. Unsere technischen Kundenberater die eine große Erfahrung haben und teilweise aus der Produktion kommen, besuchen die Entwicklung und Konstruktion unseres Kunden und entwickeln zusammen mit den Konstrukteuren des Kunden die optimale Verbindung. Ein Thema was viele Kunden noch nicht erkannt haben, ist, dass diejenigen, die bereits auf diese Weise mit uns zusammengearbeitet haben, uns immer häufiger zu Rate ziehen. Wir sind also aktuell Fachberater im Engineering und in der Logistik. Das sind die Bereiche, in denen wir unseren Kunden helfen wollen, besser zu sein als ihre Konkurrenz.
Beschaffung aktuell: Keller & Kalmbach hat im vergangenen Jahr den US-amerikanischen Händler Infinity Fasteners gekauft. Ist durch diesen Zukauf insbesondere der amerikanische Markt im Visier?
Seidl: Wir folgen mit dem Schritt in den USA unserer Unternehmensstrategie international weiter zu wachsen. Europa wollen wir weitestgehend von Deutschland aus bearbeiten. Aber wir müssen in den Kernmärkten außerhalb Europas präsent sein. Das ist zum einen China, wo wir schon seit zehn Jahren eine Niederlassung haben, und Amerika als weiterer sehr wichtiger Markt. Hier gab es noch einen weißen Fleck auf unserer Karte. Der US-amarikanische Markt ist für uns sehr attraktiv und bietet ein hohes Potenzial. Infinity Fasteners hat in den USA einen erstklassigen Ruf für schnelle und effiziente Problemlösungen und passt somit hervorragend zu uns. Den Umsatz von Infinity Fasters wollen wir dahingehend um den Kundenkreis ausweiten, den wir mit einbringen.
Beschaffung aktuell: Dann wird eine gewisse Internationalisierung vom Kunden gefordert?
Obermeyer: Auf jeden Fall. Wir haben sehr viele international tätige Kunden und hier werden letztendlich die Leistungen, die wir in Europa bringen, in anderen Märkten gefordert. Es gibt seit dem 1. März 2016 noch ein weiteres neues Mitglied in der Keller-&-Kalmbach-Familie: Wir haben Keller & Kalmbach Russland gegründet um auch auf diesem Markt präsent zu sein, denn dort gibt es große Bedürfnisse im Bereich des C-Teile-Managements.
Beschaffung aktuell: Inwiefern spüren Sie im dortigen Geschäftsverlauf die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland?
Obermeyer: Das ist auf jeden Fall bemerkbar, hat aber auch den Effekt, dass die russischen Unternehmen stärker lokal beschaffen müssen. Also die Beschaffung von einem in Russland ansässigen Unternehmen, das aber nicht russischstämmig sein muss, was uns zugutekommt.
Beschaffung aktuell: Herr Dr. Seidl, Herr Obermeyer, vielen Dank für das Gespräch. Das Gespräch führte Alexander Gölz.

Kernkompetenz C-Teile

Das Unternehmen

Keller & Kalmbach wurde 1878 in München als Großhandel für Schrauben und Schmiedebedarf gegründet. Heute gehört das Unternehmen zu den führenden Großhandelsunternehmen und bietet neben der breiten Produktpalette an Verbindungs- und Befestigungstechnik, Werkzeugen, Hebezeugen und Arbeitsschutz innovative C-Teile-Logistiksysteme.
Im Geschäftsjahr 2015 erwirtschaftete das Unternehmen 253 Mio. Euro. Derzeit sind 750 Mitarbeiter an 20 Standorten weltweit angestellt. Die Unterschleißheimer verfügen derzeit über 72 000 Palettenplätze sowie 164 000 Kleinteilebehälter-Stellplätze und ab Juli durch die Erweiterung des Zentrallagers Hilpoltstein über 300 000. Zum Sortiment zählen 80 000 lagerhaltige Artikel (Verbindungs- und Befestigungstechnik, Hand- und Elektrowerkzeuge, chemisch-technische Produkte, Hebezeuge und Arbeitsschutz), 30 000 Sonder- und Zeichnungsteile sowie 750 000 Industrieteile (im Rahmen von Logistikprojekten).
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