Der Paradigmenwechsel in der industriellen Automatisierung – weg von starren, proprietären Systemen hin zu offenen, flexiblen Lösungen – ist eingeläutet. Jedoch werden erst in diesem Jahr viele Veränderungen im Markt deutlich spürbar und sichtbar. Das sagt Steffen Winkler, Vertriebsleitung Business Unit Automation & Electrification Solutions bei Bosch Rexroth. „Der Bedarf nach alternativen Lösungen und offenen Standards wächst immens, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu reduzieren. Gleichzeitig ist zunehmende Offenheit auf Seiten aller Beteiligten gefragt, um in Co-Creation die besten Entwicklungen zu erzielen.“ Demnach bedarf es eines offenen Automatisierungsbaukastens, dessen Lösungsraum durch ein möglichst großes Ökosystem aus Drittanbietern erweitert wird. Anwendende können sich ihre Automatisierungslösung nach Bedarf zusammenstellen, aber auch ihre eigene Software entwickeln.
„Für die Software-Entwicklung ist vor allem eines wichtig: Sie muss mit allen gängigen Programmiersprachen und -tools möglich sein und darf nicht mehr von proprietären Systemen einzelner Anbieter abhängig sein. Nur so kann die nächste Generation von Entwickelnden für die Industrie gewonnen und die Abhängigkeit von einzelnen Automatisierungsanbietern – insbesondere in puncto Software – reduziert werden“, so Winkler.
Schnelle Entwicklung
Industrielle Automatisierungslösungen werden zunehmend durch Software-Entwicklung bestimmt. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, noch einfacher und schneller an Lösungen zu gelangen. Der Trend geht daher in Richtung Low-Code-/No-Code-Plattformen. Über diese können Personen, die über wenige bis gar keine Programmierkenntnisse verfügen, Software generieren. Die Entwicklung einfacher Anwendungen soll dadurch bis zu fünfmal schneller sein und einen fehlerfreien Code liefern.
Auch das Engineering unterliegt einem Wandel, da Engineering-Aufgaben immer häufiger webbasiert ausgeführt werden. Die umfangreichen Installationen von Softwarelösungen und deren Wartung ist heute kaum mehr zu leisten. Deshalb erfolgen bei Automatisierungssystemen wie ctrlX Automation von Bosch Rexroth laut Winkler etwa 70 Prozent aller Engineering-Tätigkeiten webbasiert – 100 Prozent ist das Ziel.
Unabhängig von globalen Lieferketten
Neben der zunehmend geforderten Einfachheit und neuen Freiheitsgraden auf technologischer Seite zeichnet sich aktuell auch ein verstärkter Wunsch nach Unabhängigkeit von Anbietern auf globaler Ebene ab. „Durch die Coronapandemie und die schwierige Beschaffungslage wurden die Schwachstellen der Globalisierung deutlich aufgezeigt. So sehen wir im Jahr 2022 einen noch größeren Trend zum Loslösen von einzelnen Lieferanten. Vermehrt werden Re-Shoring-Projekte verfolgt und wieder Multi-Sourcing-Strategien umgesetzt – oft gezwungenermaßen, da einige Anbieter bereits lieferunfähig geworden sind“, erklärt Winkler. „Jetzt zeigt sich besonders, wie wichtig ein offenes Automatisierungssystem ist, das auf allen Ebenen Drittanbieter zulässt und somit sogar kurzfristig dringend notwendige Alternativen eröffnet.“ (ys)
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