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Fabrikvernetzung: Leitungen werden dünner

Fabrikvernetzung
Leitungen werden dünner

Worauf achten Anwender bei Ethernet-Leitungen für die Fabrikvernetzung? Zuerst natürlich auf eine ausreichende Datenübertragungsrate. Aber manchmal sind ein kleiner Durchmesser und günstige Kosten noch wichtiger. Diesen Wunsch erfüllen Single-Pair-Ethernet-Leitungen. Platzsparen ist auch bei Robotik-Anwendungen eine Anforderung an die Verkabelung.

Die vierte industrielle Revolution ist in vollem Gange. Sie revolutioniert die Art zu arbeiten und zu fertigen und vervielfacht die Produktivität. Wichtigster Rohstoff des 21. Jahrhunderts sind Daten. Sie verschmelzen die physische Welt mit der digitalen, gleichzeitig nimmt die Vernetzung zu – jede Maschine, jedes „Ding“ tauscht mit ande-
ren Informationen aus.

Platzsparend und kostengünstig

Doch wie gelangen digitale Informationen von A nach B? Die Frage stellt sich umso dringlicher, weil in Zukunft alles mit allem vernetzt ist und die Zahl der Verbindungen folglich rasant zunimmt. Auch die Anforderungen an die Qualität und die Verfügbarkeit dieser Verbindungen steigen – aber nicht unbedingt die Datenübertragungsrate. Nach dem Motto „viel hilft viel“ kaufen Anwender oft Leitungen, die überdimensioniert sind und zum Beispiel Übertragungsraten von
10 Gigabit pro Sekunde schaffen. Für Hochgeschwindigkeitskameras zur Qualitätskontrolle kann das sinnvoll sein, andererseits braucht nicht jeder Sensor diese maximale Datenübertragungsrate, wenn er nur ein paar Bits pro Sekunde übermittelt.

Downsizing bei Ethernet-Datenleitungen ist daher ein Trend, der in den nächsten Jahren in Fabriken Einzug halten dürfte. Doch wo sparen? Der wichtigste Hebel ist die Zahl der Aderpaare. Statt wie üblich vier Aderpaare haben so genannte Single-Pair-Leitungen nur noch ein Aderpaar. Von solchen abgespeckten Leitungen kann man zwar keine Rekordgeschwindigkeiten erwarten, aber ein Gigabit pro Sekunde schaffen sie auch, und das ist schnell genug für viele Anwendungen.

Dafür punkten Single-Pair-Datenleitungen mit geringem Platzbedarf, geringem Installationsaufwand und niedrigen Kosten. Wenn es in einer Maschine eng zugeht, sie gleichzeitig aber mit vielen Sensoren bestückt wird, können diese Leitungen eine spürbare Erleichterung sein. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass solche abgespeckten Leitungen auch länger sein dürfen als die sonst bei Ethernet-Leitungen üblichen maximal 100 Meter. Grundsätzlich nehmen zwar bei größeren Distanzen die Störungen zu und es kann zu Datenfehlern kommen. Durch neue Entwicklungen bei Halbleiter-Chips aus der Automobilindustrie ist es nun aber möglich, viele dieser Störungen zu korrigieren und damit höhere Reichweiten von bis zu einem Kilometer zu erreichen.

Ethernet trumpft auf

Industrial Ethernet legt derzeit mit 22 Prozent pro Jahr ein rasantes Wachstum hin, Feldbus-Systeme wachsen nur noch mit sechs Prozent. 2018 übertrifft die Zahl der installierten Industrial-Ethernet-Systeme in Fabriken erstmals die von Feldbussen. Davon werden auch neue Konzepte wie Single-Pair-Ethernet profitieren. Derzeit sind Leitungen für Single Pair Ethernet noch nicht verfügbar, zumindest nicht für den Einsatz in der Industrie, dafür fehlen noch Standards. Um die kümmern sich neu gegründete Arbeitsgruppen. „Erste Serienprodukte für Single Pair Ethernet wird es aber in zwei bis drei Jahren geben, natürlich auch von Lapp“, verspricht Guido Ege, Leiter Produktmanagement und -entwicklung bei Lapp.

Ein scheinbar widersprüchlicher Trend zum Downsizing ist die zunehmende Nachfrage nach Hybridkabeln. Dort geht es nicht darum, die Zahl der Elemente in einem Kabel zu reduzieren, sondern im Gegenteil möglichst viele Leitungen in einem Kabelmantel zusammenzupacken. Solche Hybridleitungen, auch Ein-Kabel-Lösungen genannt, vereinen unterschiedliche Funktionen in einem Mantel, etwa Anschlussleitungen für Servoantriebe plus Feedbackleitungen zur Abfrage der Sensoren. Ein-Kabel-Lösungen sparen im Vergleich zu mehreren separaten Leitungen mit separaten Steckern viel Platz – insofern kann man auch bei ihnen von Downsizing sprechen.

Lieber konfektionieren lassen

Downsizing vereinfacht die Konfektionierung und Installation von Leitungen. Lapp lässt sich darüber hinaus weitere Kniffe einfallen, um die Verarbeitung noch einfacher zu machen. Ein Beispiel ist die Etherline PN Cat.6A FC mit 10 Gbit/s bei 500 MHz Bandbreite. Sie ist Fast-Connect-fähig, weil sie ohne Folienschirmung der Aderpaare auskommt, was eine schnelle und sichere Konfektion ermöglicht. Zudem ist die Leitung zertifiziert für den nordamerikanischen Markt. Dazu passt unter anderem das EPIC MH Gigabit-Datenmodul, Bestandteil des vielseitigen modularen Rechtecksteckersystems Epic MH. Oder die robusten Etherline Access Switches zur Daten-
verteilung im rauen Industrieeinsatz.

Noch einfacher geht es mit Fertigkonfektionen. Die Produktlinie Ölflex Connect von Lapp mit Fertigkonfektionen von Servoleitungen bis zu vollbestückten Schleppkettensystemen ist entstanden, weil Kunden sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren möchten und sie von den Experten bei Lapp Beratung, Produkte und Service aus einer Hand bekommen.

Abspecken auch in der Robotik

Die Roboterhersteller profitieren ebenfalls von kompakteren Leitungen, wobei hier auch die leistungsführenden Leitungen einen Beitrag leisten müssen. Es gibt einige Stellhebel, um diese kompakter und noch robuster zu machen, damit sie die engen Biegeradien aushalten. Dabei gilt: Am Kupfer kann man nicht sparen. Die Dicke des Leiters ist durch die Anwendung vorgegeben, etwa durch den Leistungsbedarf der Servomotoren. Die sind allerdings bei Kompaktrobotern kleiner, benötigen also weniger Strom und damit Leiterquerschnitt. Ein weiterer Stellhebel ist eine größere Schlaglänge – die Litzen der Leiter werden weniger verdrillt.

Die Steckverbinder werden ebenfalls kompakter. Große Roboter werden vom Schaltschrank mit einer Versorgungsleitung gesteuert, die überlicherweise in einem Industrie-Rechteckstecker im Fuß des Roboters endet, oder auch mit einem M23-Rundstecker. Von dort laufen Energie und Daten über Leitungen mit M23-Rundstecker in den Roboterarm. Für kleinere Roboter wurde der Standard auf das M12-Format geschrumpft. Soll es noch kleiner sein, bei Robotern mit reiner Innenverkabelung etwa, sind auch solche Stecker nicht mehr praktikabel. Hier werden die Leitungen über kleine Steckverbinder angeschlossen, wie aus der Verbindung von Leiterplatten bekannt.


Bernd Müller,
freier Journalist in Bonn

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