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Sicherheit in turbulenten Zeiten

Strategie für die Materialversorgung
Sicherheit in turbulenten Zeiten

Das Jahr 2021 war in vieler Hinsicht ein sehr wechselhaftes. Ereignisse wie die anhaltende Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe in Deutschland und den Nachbarstaaten, die Havarie des Frachters „Ever Given“ im Suez-Kanal, Rohstoffverknappungen und Frachtengpässe haben auf den Beschaffungsmärkten zu Unsicherheiten und Preissteigerungen geführt. Was jetzt zählt, ist eine Beschaffungsstrategie, die für Versorgungssicherheit sorgt.

Die Bundesnotbremse aufgrund der zweiten und dritten Corona-Welle in Deutschland sowie erneute Corona-Ausbrüche in den asiatischen Produktionsländern haben die Wirtschaft im gesamten Jahr 2021 stark getroffen. Im Juli kam die Flutkatastrophe in Deutschland und seinen Nachbarländern hinzu. Neben privaten und betrieblichen Existenzen wurden in vielen Gegenden große Teile der Infrastruktur zerstört. Davon betroffen waren auch zahlreiche Lieferanten von Verbindungselementen und bedeutende Hersteller von Vormaterialien sowie Dienstleister (z. B. Galvaniken und Transportlogistik).

Nachdem die fortschreitenden Impfkampagnen in den Industrieländern im Verlaufe des Sommers dazu geführt haben, dass ein Stück weit Normalität in den Alltag zurückgekehrt ist, ist inzwischen auch die Nachfrage in der Wirtschaft wieder „angesprungen“. „Die Lieferketten stellt dies allerdings vor massive Probleme. So traf die sprunghaft gestiegene Nachfrage beispielsweise bei den Stahlherstellern auf zu geringe Produktionskapazitäten“, sagt Klaus-Dieter Schmidt, Geschäftsführer von Reyher, weltweit agierendes Handelsunternehmen für Verbindungselemente und Befestigungstechnik.

Das Ergebnis sind deutliche – zum Teil sogar extreme – Preissteigerungen, die man aus vergangenen Wirtschaftszyklen kaum kannte. So verteuerte sich das Rohmaterial Stahl seit Spätsommer 2020 innerhalb eines Jahres um mehr als 40 Prozent. Die Holzpreise – Grundmaterial für Europaletten – stiegen allein im Mai 2021 um über 38 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Hinzu kommen Preissteigerungen beim Verpackungsmaterial, höhere Energiekosten und die seit dem 1. Januar 2021 geltenden CO2-Abgaben sowie die gleichzeitige Erhöhung der Mindestlöhne.

Einen weiteren extremen Preistreiber stellt die Seefracht dar: Die Frachtraten aus China nach Westeuropa sind innerhalb von zehn Monaten von rund 1.000 Euro auf teilweise über 10.000 Euro pro 20-Fuß-Container gestiegen. Dies bedeutet bei Verbindungselementen eine weitere Verteuerung von mehr als 35 Prozent. Eine Entspannung ist hier bisher noch nicht absehbar.

Anti-Dumping-Verfahren sorgt für zusätzliche Verunsicherungen

Trotz der hohen Frachtraten ist eine pünktliche und zuverlässige Lieferung bei Bestellungen aus Asien jedoch nicht garantiert. „Zum einen sind viele Hersteller von Verbindungselementen in Fernost so stark ausgelastet, dass sich die Lieferzeiten von sechs Monaten auf bis zu zwölf Monate verlängert haben“, sagt Schmidt. „Zum anderen kommt es immer häufiger zu Verzögerungen beim Transport über den Seeweg oder sogar zu Stornierungen von gebuchten Verschiffungen.“ Gründe hierfür seien unter anderem langsame Schiffe, abgesagte Fahrten, Containermangel und überlastete Lade- und Zielhäfen. Die Havarie des Frachters „Ever Given“ im Suezkanal Ende März und ein extremer Bedarf auf US-Routen nach der Präsidentenwahl haben die Situation weiter verschärft.

Als wäre die Beschaffungssituation im Jahr 2021 durch die Corona-Pandemie, Kapazitätsauslastungen und Rohstoffverknappungen nicht schon angespannt genug, sorgten auch die im Dezember letzten Jahres eingeleiteten Anti-Dumping-Untersuchungen der Europäischen Kommission auf Verbindungselemente aus Stahl und Ursprung China (AD676) für zusätzliche Verunsicherung in der Branche. Schließlich hatte die EU bereits in den Jahren 2009 bis 2016 Schutzzölle von bis zu 85 Prozent auf Verbindungselemente erhoben. Der Handel mit China kam in der Folge praktisch zum Erliegen. „Zwar hat die EU-Kommission in diesem Sommer gegen die Einführung vorläufiger Anti-Dumping-Zölle entschieden. Die Untersuchungen gehen jedoch weiter“, sagt Schmidt.

Kaum Verlagerungen nach Europa

Eine Verlagerung der Beschaffung nach Europa sei allerdings nicht die Lösung. Die europäischen Hersteller von Verbindungselementen arbeiten bereits seit Längerem an ihren Kapazitätsgrenzen. Dass Verlagerungen eher unwahrscheinlich sind, zeigt auch eine Umfrage des Münchener Ifo-Instituts im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung im Hinblick auf Beschaffungsstrategien nach der Corona-Pandemie: Demnach planen derzeit nur ca. 10 Prozent des Großhandels und des verarbeitenden Gewerbes eine verstärkte Beschaffung aus EU-Ländern bzw. dem Inland. Neben einer besseren Überwachung der Lieferketten ist eine verstärkte Lagerhaltung eine häufiger genannte Strategie.

Zentrale Lagerhaltung für eine hohe Lieferbereitschaft

Aus Sicht von Klaus-Dieter Schmidt ist die F. Reyher Nchfg. GmbH & Co. KG in dieser Hinsicht gut aufgestellt: So habe auch in diesem Jahr trotz aller Herausforderungen die tägliche Lieferbereitschaft das gewohnte Niveau von 99 Prozent mit leichten Abstrichen erreicht. Unterstützend wirke dabei einerseits das umfangreiche Produktsortiment von 130.000 verschiedenen Artikeln im Lagervorrat; zum anderen ermögliche das automatisierte, zentrale Logistikzentrum mit einer Lagerkapazität von 100.000 Palettenplätzen sowie 180.000 Behälterplätzen einen täglichen Warenfluss von mehr als 600 Tonnen. Hilfreich sei hierbei auch die unmittelbare Nähe zum Hamburger Hafen und gute Autobahnanbindung.

Pro Tag werden am Unternehmenssitz durchschnittlich 23.000 Auftragspositionen abgearbeitet; in Hochphasen lassen sich über 30.000 Positionen problemlos bewältigen. Ein Warenbestand von mehreren 10.000 Tonnen dient als Puffer, um eventuelle Lieferverzögerungen in der Beschaffung abzufedern.

Um diese generell so gering wie möglich zu halten, setzt man bei Reyher seit mehreren Jahrzehnten auf die Multiple-Sourcing-Strategie: „Falls einer unserer Lieferanten ausfällt, können wir in unterschiedlichen Ländern und Regionen auf alternative Lieferquellen mit gleichem Qualitätsniveau zurückgreifen“, erklärt Schmidt.

Digitale Versorgungssysteme für Effizienz und Planungssicherheit

Mit verschiedenen digitalen E-Business-Lösungen und kontaktlosen Versorgungssystemen war Reyher bereits vor der Pandemie zukunftsorientiert aufgestellt. Bereits seit 1993 sorgen die verschiedenen Module der C-Teile-Versorgung „ROM – Reyher Order Management“ für Versorgungs- und Prozesssicherheit beispielsweise im Maschinen- und Anlagenbau, in der Automotive-Branche oder in der Agrarindustrie. Das Handelsunternehmen übernimmt dabei für den Kunden die Disposition und Beschaffung von C-Teilen und stellt die reibungslose Materialversorgung sicher. Das Dispositionssystem ist auf saisonale Schwankungen bei Materialbedarfen sowie auf sporadische Entnahmen oder Projektbedarf ausgerichtet. „Die Materialbeschaffung über Reyher reduziert beim Kunden die notwendigen Lagerkapazitäten und sichert die Versorgung mit C-Teilen“, erklärt Schmidt.

Das Kanban-basierte Service-Paket lässt sich in verschiedenen Stufen präzise an die Bedarfe des Kunden anpassen. In den letzten Jahren wurde das ROM-System um verschiedene smarte Lösungen erweitert – wie z. B. kontaktlose Bestellauslösungen per RFID-Technik, ergonomischere und effizientere Kanban-Behälter oder das erst vor kurzem vorgestellte mobile Regalsystem für flexible Montagearbeitsplätze nach den Prinzipien der Lean Production (siehe auch Beschaffung aktuell, Ausgabe 10/2021).

Für eine möglichst effiziente und kostengünstige Beschaffung sind die Kanban-Systeme mit den E-Business-Lösungen von Reyher kombinierbar. Hierzu zählen unter anderem der schnelle Austausch von Geschäftsdaten via EDI, kundenspezifische elektronische Kataloge sowie der Webshop RIO – Reyher Internet Order. Dieser erlaubt es Kunden, jederzeit die tagesaktuellen Preise und Verfügbarkeiten von rund 80.000 Artikeln abzufragen. Alternativ kann die Beschaffung über RIO auch über eine OCI-Schnittstelle in vorhandene Warenwirtschaftssysteme integriert werden.

„Mit unserer bewährten Multiple-Sourcing-Strategie, der umfangreichen, vollautomatisierten zentralen Lagerhaltung von 130.000 Artikeln und modernen digitalen Lösungen zur C-Teile-Beschaffung und -Versorgung können wir auch in turbulenteren Zeiten, wie wir sie in den vergangenen Monaten erlebt haben, weiterhin die gewohnt hohe Lieferbereitschaft sicherstellen“, verspricht Schmidt. Mit neuen Entwicklungen rund um die Kanban-Versorgung, Digitalisierung und Automation sowie Erweiterungen der Logistik sorge man bei Reyher permanent dafür, auch für zukünftige Anforderungen bestens gewappnet zu sein. (ys)


Auf dem Weg zur grünen Logistik

Über 600 t Waren werden täglich im Logistikzentrum von Reyher in Hamburg verarbeitet. Damit dies im Einklang mit der Umwelt möglich ist, hat sich das Handelsunternehmen – neben der Effizienz und Planungssicherheit für die Kunden – auch die Ökologie und grüne Logistik zum Ziel gesetzt. Reyher hat sich z. B. vorgenommen, seinen CO2-Ausstoß jedes Jahr unter Berücksichtigung des angestrebten Umsatzwachstums um mindestens 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu senken. Durch die Umstellung der Hallenbeleuchtung auf LED-Technik wird der Strombedarf um bis zu 50 Prozent gesenkt. Beim Paketversand werden 100 Prozent der verursachten Emissionen durch Investitionen in ein extern zertifiziertes Waldschutz- und Aufforstungsprojekt ausgeglichen. Für den Versand der Ware auf Europaletten setzt Reyher seit diesem Jahr auf Palettenabdeckungen aus spezieller Wellpappe, die den Bedarf an Energie, Wasser und Chemikalien reduziert.


Reyher

Die F. Reyher Nchfg. GmbH & Co. KG steht seit vielen Jahrzehnten für eine sichere C-Teile-Versorgung und kundenorientierte Dienstleistungen. Das Unternehmen wurde 1887 ursprünglich als Handel für Eisenwaren, Schiffsartikel und Werkzeuge direkt am Hamburger Hafen gegründet. Vor rund 70 Jahren spezialisierte sich das Familienunternehmen auf Verbindungselemente und Befestigungstechnik. Heute zählt Reyher mit einem jährlichen Umsatz von rund 320 Mio. Euro zu den führenden Handelsunternehmen in Europa und beliefert vom zentralen Standort in Hamburg-Altona mehr als 11.000 Kunden weltweit. Mit einem umfassenden Sortiment von 130.000 verschiedenen Artikeln auf Lager stellen mehr als 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine tägliche Lieferbereitschaft von über 99 Prozent sicher.

www.reyher.de

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