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Textilien für die Nachhaltigkeit

Berufsbekleidung der Zukunft
Textilien für die Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist in der Textilbranche immer wichtiger. Auch die Hersteller von Berufsbekleidung haben sich diesem Gebiet angenommen. Wir stellen die wichtigsten Trends für nachhaltige Materialien vor.

» Sanja Döttling

Unter den Endverbrauchern ist es schon lange kein Geheimnis mehr, dass die Textilindustrie nachhaltiger werden muss. Doch auch Unternehmen, die Berufskleidung herstellen, denken über die Zukunft ihrer Branche nach.

Nachhaltiges Denken fängt bei den Rohstoffen an. Carla Cacitti von Arbeitskleidungshersteller Bierbaum-Proenen erklärt, welche nachhaltigen Stoffe sie einsetzen: „Wir nutzen neben Fasern aus recycelten PET-Flaschen unter anderem Naturfasern wie fair gehandelte Baumwolle aus dem Pilotprojekt ‚Supporting Fairtrade Cotton‘ oder Tencel, die durch weniger Ressourcenbedarf im Anbau und eine langen Einsatzdauer zur Nachhaltigkeit beitragen.“ Auch bei CWS hat man die Nachhaltigkeit neuer Gewebe erkannt. Jakob Tobias Steffen, Sustainability Manager beim Hersteller von Berufkleidung CWS, sagt: „Wir haben gerade unsere neue Warnschutzkollektion CWS Alpha HighVis eingeführt. Sie besteht aus dem umweltschonenden Gewebe ‚Tecawork Ecogreen‘, das nach EPD zertifiziert ist. Die Fasern sind ein Gemisch aus Lyocell sowie aus recyceltem Polyester von PET-Flaschen. Der Wasserverbrauch bei der Herstellung sinkt im Vergleich zu klassischem Baumwoll-Polyester-Mischgewebe um 95 Prozent, der Energieverbrauch um 45 Prozent.“ Doch mit dem Nachdenken über die Rohstoffe ist es nicht getan.

Lange Lebensdauer

Einen Vorteil hat Berufskleidung in puncto Nachhaltigkeit gegenüber „Fast Fashion“ für Endverbraucher jetzt schon: Die Kleidung wird länger getragen. Cacitti bestätigt: „Der größte Beitrag zur Nachhaltigkeit ist die lange Lebensdauer der Produkte. Für die Umweltbelastung macht es einen großen Unterschied, ob ein Produkt für 40 oder 80 Waschzyklen eingesetzt werden kann.“ Um die Lebensdauer zu erhöhen, muss auch das Design der Kleidung neu gedacht werden, wie Jan Kuntze, Geschäftsführer des regionalen DBL Partners Kuntze & Burgheim, erläutert: „Schnitte werden noch funktioneller und langlebiger. Und die Farben klassischer: Die Hygienebranchen tragen Weiß, Handwerk und Industrie Blau/Grau. So lassen sich modische Zyklen verringern, da jeder Kollektionswechsel zur vorzeitigen Entsorgung von einwandfreier Berufskleidung führt.“

Auch Anbieter von Mietkleidung tragen ihren Teil bei, da sie selbst an der langfristigen Nutzung der Kleidung interessiert sind, wie Nicole Kieffer, Trendscout Future Textiles bei Mewa Textil-Service berichtet: „Im Gegensatz zu Fast Fashion ist Mietkleidung von Beginn an auf Langlebigkeit ausgelegt. Alle Prozesse rund um die Textilien in unserem Servicekreislauf – Holen, Waschen und Pflegen, Prüfen, Wiederanliefern – sind auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.“ Auch beim Mietservice-Anbieter CWS nimmt man diesen Gedanken ernst. So wurden im Jahr 2019 mehr als 2,3 Millionen Teile repariert und zusätzlich in den letzten 20 Jahren die CO2-Effizienz der Wäschereien um 60 Prozent verbessert.

Zertifizierungen verwenden

Hersteller von Textilien haben eine große Bandbreite an Zertifizierungen und Gütesiegeln, mit denen sie arbeiten können. Cacitti erklärt: „BP wurde bereits siebenmal in Folge von der Fair Wear Foundation ausgezeichnet und ist Teil des Pilotprojektes ‚Fairtrade Rohstoffmodell für Baumwolle‘. Darüber hinaus lassen wir uns die Einhaltung der REACh-Verordnung jährlich von unseren Vorlieferanten bestätigen. Zudem sind 75 Prozent unserer Lieferanten nach STeP by OEKO-TEX oder bluesign zertifiziert.“ Auch bei CWS nimmt man die Verantwortung für die Lieferkette ernst. Steffen sagt: „Wir bewerten unsere Lieferanten regelmäßig bezüglich ihrer sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit und achten hier auf Zertifikate wie etwa Öko-Tex STeP oder das SA8000 Audit. Zusätzlich unterziehen wir uns jährlich der Untersuchung der Prüfstelle ecovadis.“

Sortenreine Trennung

Was am Ende des Produktlebens geschieht, ist ebenfalls von großer Bedeutung für die Ökobilanz, denn noch immer werden viel zu viele Textilien als Abfall verbrannt. Auch hier gibt es innovative Ansätze, mit in denen sich die Unternehmen auseinandersetzen. Kiefer von Mewa erklärt das Engagement des Unternehmens so: „Um kontinuierlich Verbesserungen zu erzielen, sind wir Partner im Projektverbund „DiTex Kreislaufwirtschaft“. Ziel ist es, Kooperationsformen zur Umsetzung einer kreislauffähigen und ressourceneffizienten B2B-Textilwirtschaft aufzubauen.“

Um Erdöl als Rohstoffbasis zu vermeiden, bieten sich Naturfasern an. Doch diese sind, im Vergleich zum billigen Erdöl, teuer und rar. Zusätzlich können sie die hohen Ansprühe, die im Sinne der Haltbarkeit an Berufskleidung gestellt werden, oft nicht erfüllen. Deshalb werden sie oft mit synthetischen Fasern versetzt und als Mischfasern verwendet, um eine höhere Performance zu guten Preisen zu bieten. Kuntze vom DBL Partner Kuntze & Burgheim merkt an: „Mischfasern erfüllen die Ansprüche an die Langlebigkeit, aber sie widersprechen einem Prinzip des sortenreinen Bekleidungsstückes.“ Kuntze weiß aber, wie Recycling in der Zukunft vereinfach werden könnte: „Am Ende dieses Lebenszyklus sollten sich die in der Berufsbekleidung eingesetzten Materialien sortenrein trennen lassen.“ Ein Beispiel dafür sind Funktionstextilien. Kuntze erklärt: „Solche Textilien aus Polyester könnten für sortenreine Trennung geeignet sein, sofern das Membransystem aus dem gleichen Material wie der Oberstoff besteht.“

Ein besonderer Fall ist Bekleidung, die PSA-Richtlinien entsprechen muss. Hierzu müssen oft verschiedene Fasern kombiniert und chemisch behandelt werden, um die geforderte Schutzleistung zu erbringen. Deshalb sagt Steffen von CWS: „Gerade bei PSA ist die Haltbarkeit und Reparierbarkeit auch ein großes Thema.“ Auch Kiefer von Mewa hat zur Weiterentwicklung von PSA-Geweben eine klare Meinung: „Ganz besonders kritisch muss unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit die Entwicklung hin zu Multinorm-PSA betrachtet werden. Denn je mehr Eigenschaften eine PSA erfüllt, desto schwieriger wird es, sie am „End of Life“ einer Weiterverwertung zuzuführen.“

Man merkt: Nachhaltigkeit in der Textilbranche ist eine Frage der Abwägung. Nicht immer sind naheliegende Ideen, wie etwa der Umstieg auf Naturfasern, die richtige Antwort. Deshalb versuchen Hersteller und Dienstleister, an verschiedenen Hebeln anzusetzen. Dazu gehört die nachhaltige Rohstoffbeschaffung, aber eben auch die Verlängerung des Produktlebenszyklus. Denn wer etwas erreichen will, muss immer das große Ganze im Blick haben.


Kleine Textilien-Kunde

Naturfasern (30 % der Weltproduktion, davon 29 % Baumwolle, nach Zahlen der Industrievereinigung Chemiefasern e.V.)

  • Wolle, Seide sind tierische Produkte. Sie dürfen nicht zu heiß gewaschen und gebügelt werden, dehnen sich gut und halten warm. Sie trocknen allerdings sehr langsam. Leder gehört auch zu den tierischen Produkten.
  • Baumwolle ist wasserintensiv im Anbau und verbraucht viel Pestizide; bei Bio-Produkten ist der Pestizid-Einsatz geringer.
  • Weitere pflanzliche Stoffe können etwa aus Leinen, Hanf, Jute, Sisal und Kokos gewonnen werden. Sie sind wenig elastisch, können aber heiß gewaschen & gebügelt werden.

Zellulosefasern (7 %)

  • Dazu zählen Fasern aus Cellulose (Holz); zur Verarbeitung müssten mehr oder weniger viele chemische Mittel eingesetzt werden. Holzfasern sind etwa Viscose, Modal und Lyocel (Tencel).

Synthetische Fasern (63 %)

  • Polyester, Polyamid (z.B. Nylon) und Polyacryl werden wie alle synthetischen Fasern aus Erdöl gewonnen. Sie alle laden sich elektrostatisch auf und werden so schneller schmutzig. Sie nehmen weniger Wasser auf und trocknen so schnell.
  • Elastan ist sehr dehnbar.
  • Fleece bezeichnet hauptsächlich eine Machart, die zu „flauschigem“ Aussehen führt. Er basiert auf Polyester oder Baumwolle.
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