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„Handelskrieg hat am Ende faktisch keinen Gewinner“

17. Wirtschaftstag der Botschafterkonferenz
„Handelskrieg hat am Ende faktisch keinen Gewinner“

„Handelskrieg hat am Ende faktisch keinen Gewinner“
Bundesaußenminister Heiko Maas auf dem Wirtschaftstag der diesjährigen Botschafterkonferenz in Berlin: „Es kommt darauf an, dass wir Multilateralismus gestalten.“ Bild: Frank Rösch/BME

„Bei einem Handelskrieg, insbesondere bei dem zwischen den USA und China, aber auch bei allen anderen Handelskriegen gibt es am Ende keine Gewinner. Wir sind überzeugt: nicht pure Konkurrenz, sondern Kooperation auf Augenhöhe ist die Voraussetzung dafür, dass ein System für alle auf Dauer lebensfähig bleibt“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas bei der Eröffnung des 17. Wirtschaftstages der Botschafterkonferenz 2019 (BoKoWiTa) in Berlin. An der Veranstaltung nahmen auch in diesem Jahr wieder mehr als 1.000 Vertreter von Großunternehmen, Mittelständlern, Start-ups und Verbänden teil. Sie tauschten sich in der Bundeshauptstadt mit den 227 Leitern der deutschen Auslandsvertretungen aus.

Augenhöhe lasse sich jedoch nur mit der Europäischen Union herstellen, betonte Maas. Als geeinte EU bringen wir schon heute in vielen Bereichen das nötige Gewicht auf die Waage; beileibe nicht in allen, wo wir könnten. Aber es ist auch nicht so, dass es nirgendwo so wäre. Und dort, wo das der Fall ist, können wir uns für unsere Interessen und für unsere Werte kraftvoll einsetzen“, fügte der Minister hinzu.

Die EU könne ihr Gewicht noch erhöhen. Dazu gehöre neben der WTO-Reform und den Verhandlungen mit den USA über ein Industriezollabkommen auch eine neue europäische Konnektivitätsagenda. Erforderlich seien zudem strategische Entscheidungen, um die technologische Souveränität und Innovationsfähigkeit der EU zu sichern. Maas: „Die neue strategische Agenda der Europäischen Union und die politischen Leitlinien der neuen Kommission zielen genau darauf ab. Und deshalb sind sie so wichtig.“

In Anspielung auf das diesjährige Veranstaltungsmotto „Multilateralismus gestalten: die Wirtschaft als Partner in Europa und der Welt“ sagte Maas: „Multilateralismus wirkt – das wird besonders in der erfolgreichen EU-Handelspolitik deutlich, die die beste Antwort auf den steigenden Protektionismus gegeben hat: CETA mit Kanada, Vietnam, Singapur, Mexiko, fortgeschrittene Verhandlungen mit Australien, Neuseeland oder Chile.“ Mit dem kürzlich abgeschlossenen EU-Japan-Freihandelsabkommen habe die EU die größte Freihandelszone der Welt geschaffen. Mithilfe von Freihandelsabkommen würden mehr als nur neue Absatzmärkte für eine wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft geschaffen. Die Europäer setzten vielmehr weltweit die höchsten Standards für Verbraucher-, Arbeits- und Umweltschutz.

Der Bundesaußenminister ging auch auf die laufende Reform der Welthandelsorganisation (WTO) ein. Allerdings gestalte diese sich wegen der Fundamentalopposition der USA außerordentlich schwierig. Ohne eine baldige Lösung wäre die WTO ab Dezember auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit und damit in einer ihrer Kernfunktionen nicht mehr handlungsfähig. „Das kann doch in niemandes Interesse sein“, fügte Maas hinzu.

„Die USA sehen zunehmend kritisch auf die internationalen Regelwerke und auf die Architektur der internationalen Institutionen. Sie tun das deshalb, weil sie darin einen Hemmschuh für ihre Machtdurchsetzung sehen“, sagte Emily Haber, Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinigten Staaten, auf dem BoKoWiTa-Forum „Globale Handelskonflikte als neue Normalität in der Außenpolitik?“ Hier füge sich auch die WTO ein, die die USA schon immer kritisch gesehen hätten. Das treffe insbesondere für die Verhandlungsrunden zu. Dennoch glaube sie nicht, dass die Vereinigten Staaten aus der WTO austreten wollen“, fügte Haber hinzu. Allerdings sei zu befürchten, dass die Amerikaner das Streitschlichtungsinstrument behindern werden und die Verhandlungen mit der WTO künftig stärker bilateral durchsetzen wollen.

„Handelskonflikte gab es immer schon. Das ist nichts Neues. Allerdings hat das, was wir jetzt sehen, eine neue Qualität“, so Sabine Weyand, Generaldirektorin der Generaldirektion Handel in der EU-Kommission, in ihrem Statement auf dem BoKoWiTa-Forum „Globale Handelskonflikte als neue Normalität in der Außenpolitik?“ Denn es gehe nicht mehr um Handelskonflikte, sondern um die technologische Vorherrschaft in der Welt zwischen den USA und China. Es sei ein Kampf um eine bipolare Welt, die mit den Mitteln der Handelspolitik ausgetragen werde. Zur Wahrheit gehöre auch, dass sich „unsere Erwartungen, als China 2001 der WTO beitrat, nicht erfüllt haben“, bedauerte Weyand. Diese beruhten auf der Erwartung, dass sich die größte Volkswirtschaft Asiens zu einer Marktwirtschaft entwickeln würde. Insbesondere seit 2012 sei eher das Gegenteil der Fall. Zudem sei die WTO nicht in der Lage, mit einem staatskapitalistischen Modell von der Größe Chinas zurechtzukommen.

„Die WTO hat bei den Verhandlungen mit ihren Partnern stets auf die Einhaltung der Spielregeln geachtet“, lobte Harald Dewert, Leiter Steuern der Schaeffler AG. In dem Moment, wo diese Regeln nicht mehr gelten, sei das Spiel fast verloren. Es werde für die WTO immer schwieriger sich durchzusetzen, fügte Dewert hinzu. Er habe den Eindruck, dass sich viele WTO-Mitglieder mittlerweile davon verabschiedet hätten, an den Grundmechanismen der Welthandelsorganisation festzuhalten.

„Wir müssen die WTO stärken. Politik und Wirtschaft in Europa sollten alles dafür tun, um mit den USA und China ins Gespräch zu kommen. Es geht sowohl um eine Reform der WTO als auch um die Stärkung eines fairen und offenen Handels“, hob abschließend Dr. Donatus Kaufmann, Vorstand Technologie, Innovation und Nachhaltigkeit, Recht und Compliance der thyssenkrupp AG, hervor.

Weitere Infos:

olaf.holzgrefe@bme.de

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