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Der (Un)Sinn des Fortschritts

Buchrezension
Der (Un)Sinn des Fortschritts

In diesem essayistischen Werk befasst sich der bekannte Philosoph Richard David Precht mit dem technischen Fortschritt und arbeitet heraus, was unsere Technikgläubigkeit für die Moral und Ethik unserer Gesellschaft bedeutet.

Richard David Precht ist seit seinem im Jahr 2007 erschienen Werk „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ zum Haushaltsnamen in Deutschland geworden. In seinem neuen Buch „Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens“ widmet sich der populäre Philosoph dem technischen Fortschritt und der Möglichkeiten (und Unmöglickeiten), die künstliche Intelligenzen mit sich bringen.

Die Philosophie der Technik

Dieses Buch betrachtet nicht die technische Seite von künstlicher Intelligenz. Vielmehr geht es dem Autor darum, die philosophischen und moralischen Auswirkungen einer technophilen Gesellschaft zu untersuchen.

Seine These: Künstliche Intelligenz steht im Dienste des Kapitalismus und des Gewinnstrebens. Die Technik soll „der Menschheit“ helfen, immer höher, schneller und weiter zu kommen. Dies, so kritisiert Precht, ist nicht anderes als ein „diktatorischer Fortschrittszwang“, der dem Menschen die Freiheit raubt, über seine Zukunft selbst zu entscheiden. Technik-Gurus wie Ray Kurzweil behaupten, so Precht, dass der technische Fortschritt deterministisch gegeben ist, dass er die Weiterentwicklung der menschlichen Evolution darstellt. Sie führte, so Kurzweil, unweigerlich zu einer transhumanistischen Gesellschaft, in der Mensch und Technik zu einer Art Cyborg verschmelzen, oder aber zu einer posthumanistischen Gesellschaft, in der die Menschen nicht mehr als „Haustiere“ intelligenter Computerprogramme werden.

Dem widerspricht Precht vehement. Die Effizientsteigerung liege nicht in der Natur des Menschen – sie stiftet weder Sinn, noch macht sie den Menschen glücklich. Die Frage, wozu der Fortschritt dienen soll (abgesehen von dem finanziellen Gewinn einiger weniger) wird nicht gestellt. Doch laut Precht ist genau das die Frage, die man stellen sollte: Was kann die Technik für jeden Einzelnen von uns tun? Eine Frage, die in der gesamten Fortschrittsdebatte gerne außer Acht gelassen wird.

Warum Maschinen nicht böse sind

Precht räumt außerdem mit einigen Vorurteilen auf. So argumentiert er, dass Maschinen nicht per se „böse“ sein können. Sie können zwar von zwielichtigen Menschen für unlautere Zwecke missbraucht werden, doch es erscheint ihm unwahrscheinlich, dass eine Maschine ein „Selbst“ bzw. einen Willen entwickelt. Und dass dieses sich nur aus den schlechtesten menschlichen Eigenschaften zusammensetzt. Warum sollte eine KI nacht Macht streben, fragt er. Nicht einmal die meisten Menschen sehen den Machtgewinn als ihr Ziel an.

Zusammenhänge entdecken

Precht schafft es in diesem Buch, Zusammenhänge unserer Technikgläubigkeit aufzudecken und unter moralischen Gesichtspunkten feinfühlig und wortgewaltig zu analysieren. Besonders interessant wird das Werk dann, wenn er auf die versteckten Zusammenhänge unserer Umwelt und Wirtschaft mit den neuen Technologien eingeht. Dennoch schimmert im Werk, bei aller Kritik des technologischen Fortschritts in der heutigen Form, eine geradezu optimistische Botschaft mit. Denn Precht ist fest davon überzeugt, dass es uns möglich ist, aus den momentanen Strukturen auszubrechen und eine Zukunft zu bauen, die eben nicht von einer „Höher-Schneller-Weiter“-Mentalität geprägt ist, sondern sich auf die Werte und die Moralvorstellungen zurückbesinnt, die uns allen innewohnen.

Autorin:  Sanja Döttling, Redakteurin Beschaffung aktuell

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