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Buchrezension zu "Die 5 Stunden Revolution" von Lasse Rheingans

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Buchrezension: „Die 5 Stunden Revolution“ von Lasse Rheingans

Buchrezension: "Die 5 Stunden Revolution" von Lasse Rheingans

Der deutsche Unternehmer Lasse Rheingans sorgt für Furore: er führt 2017 in seiner Digitalagentur einen Fünf-Stunden-Tag ein. In dieser Zeit machen die Mitarbeiter die gleiche Arbeit wie in acht Stunden – und bekommen das gleiche Gehalt wie zuvor. Eine radikale Idee, aber wie kann sie funktionieren?

In seinem Buch beschreibt Rheingans, wie er seine Faszination für den fünf-Stunden-Tag entdeckte und wie er ihn im Selbstversuch in der eigenen Agentur umsetzte. Das Buch beginnt mit seiner persönlichen Leidensgeschichte, die jeder nur zu gut nachvollziehen kann: entweder man hat keine Zeit, oder aber kein Geld. Wer, wie Rheingans, ein guter Unternehmer und Familienvater sein will, der stößt oft an seine Grenzen. Diesen Teufelskreis wollte Rheingans durchbrechen mit der radikalen Idee einer 25-Stunden-Woche bei Vollzeitlohn.

Im zweiten Kapitel widmet sich Rheingans der Beschreibung unserer Arbeit, vor allem dem Trugschluss, dass Arbeitszeit auch Leistung bedeutet. Er beschreibt, wie kleine Ablenkungen, wie der Blick auf das Smartphone, oder Ungenauigkeiten in der Verteilung von Verantwortlichkeiten zu Zeitverzögerungen führen und das 40 Stunden konzentrierte Arbeit in einer Woche kaum möglich sind. Er zitiert erschreckende Zahlen: zum Beispiel, dass ein Viertel aller Arbeitnehmer innerlich schon gekündigt haben, aber auch, wie die Produktivitätssteigerung durch die Digitalisierung unsere Arbeit effizienter gemacht hat. Dann geht er auf die Arbeitnehmer selbst ein: die jungen Generationen wollen anders, freier Arbeiten, und fühlen sich im digitalisieren Umfeld zuhause.

Nach dieser theoretischen Vorarbeit erzählt Rheingans ehrlich von dem Selbstversuch, in der eigenen kleinen Agentur mit rund einem Dutzend Mitarbeitern die 25-Stunden-Woche einzuführen. Dabei geht er auch auf Probleme der Umsetzung ein, zum Beispiel, als die Auftragslage einbricht und das Unternehmen vorrübergehend zum Acht-Stunden-Tag zurückkehren muss. Oder aber, wie wichtig der gemeinsame Austausch beim Mittagessen und bei wöchentlichen Feedbackrunden ist, da sonst der „soziale Schmierstoff“ abhandenkommt, der das Team zusammenhält.

Was fast wie ein Märchen klingt: in diesen fünf Stunden soll die gleiche Arbeit gemacht werden wie in acht. Des setzt eine Produktivitätssteigerung von 40 Prozent voraus – eine Zahl, die nicht ohne die Änderung von Arbeitsabläufen funktionieren kann. Um das Experiment durchzuführen, setzt Rheingans auf Selbstverantwortung und Sensibilisierung seiner Mitarbeiter, nicht etwa auf Verbote. So sind die Regeln – keine Smartphones, E-Mails nur zweimal am Tag abrufen – im Teamworkshop erarbeitet, und er als Chef legt sehr viel Wert darauf, dass diese Regeln nicht überprüft werden. Ebenso wichtig für hochproduktives Arbeiten sind regelmäßige Workshops, oft von Moderatoren und Trainern geleitet, um Feedback zu den Abläufen und der Kommunikation zu erhalten. Dabei ist Rheingans Grundsatz: „Nichts ist für immer, nichts ist immer richtig, alles kann auch wieder rückgängig gemacht werden“ (S.180).

Zuletzt gibt Rheingans einen Einblick in Fälle, bei denen Unternehmen ihre Arbeitszeit drastisch verkürzt haben, zum Beispiel vom Pionier des Gedankens, Stephan Aarstol und seinem Start-up Tower Paddle Boards, einem Surfbretthersteller.

Natürlich ist ein fünf-Stunden-Tag kein Spaziergang und kommt mit Herausforderungen, da Arbeit von allen neu gedacht werden muss. Klar ist auch, dass eine solch drastische Arbeitszeitverkürzung nicht in allen Jobs und allen Branchen Sinn ergibt. Das es dennoch funktionieren kann, macht Mut, und gibt hoffentlich auch anderen Unternehmen zu denken. Schön wäre es gewesen, wäre der Autor noch genauer und detailreicher auf die Umstellung der Arbeitsprozesse eingegangen. Aber ein „Schema F“ für eine solche Umstellung mag es vielleicht auch gar nicht geben: wer in seinem eigenen Unternehmen etwas ändern will, muss schon selbst Hand anlegen.

Es ist schön zu sehen, dass es auch heute und in Deutschland Unternehmer gibt, die für eine Idee brennen. Dass es Unternehmer gibt, die trotz ihrer Leidenschaft das Wohl der Mitarbeiter im Blick haben und sich ihrer eigenen Fehlbarkeit bewusst sind. Denn nur so ist die Grundlage geschaffen, eine solch revolutionäre Vision umzusetzen.

Eine Rezension von Sanja Döttling.


Die 5 Stunden Revolution. Wer Erfolg will, muss Arbeit neu denken.
Lasse Rheingans, Campus Verlag, 2019.
Hardcover, 224 Seiten, 24,95 €. ISBN: 978–3593510729

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