Startseite » Buchrezensionen »

Die Plattform-Revolution ist nicht aufzuhalten

Buchrezension
Die Plattform-Revolution ist nicht aufzuhalten

Die Plattform-Revolution ist nicht aufzuhalten
Geoffrey G. Parker; Marshall W. Van Alstyne; Sangeet Paul Choudary: Platform Revolution. W. WE. Norton & Company, New York – London 2016, 336 Seiten, 21,95 €
Geschäfte werden in immer mehr Branchen heute schon im Netz getätigt. Disruption heißt das von Traditionsbranchen gefürchtete Zauberwort. Dahinter stehen enorm leistungsfähige Plattformen, die wie Kraken immer mehr Wirtschaftsbereiche durchdringen. Es findet eine Revolution statt, die nicht mehr aufzuhalten ist, und bei der es sich nicht nur um einen Hype handelt.

„Platforms are eating the world.“ Dies sagen die Protagonisten aus dem Silicon Valley. Und wenn man etwa die Entwicklung von Uber, Airbnb, Amazon, Apple, PayPal oder auch Alibaba betrachtet, dann haben sie wohl nicht ganz unrecht. Plattformen verändern ganze etablierte Sektoren der Wirtschaft, marginalisieren die alten stolzen Platzhirsche und gestatten es, kleinen, aber cleveren Start-ups schnell zu globaler Dominanz aufzusteigen.

Wie kommt das, und wie geht es weiter in der näheren Zukunft? Auf was müssen sich unsere traditionellen Unternehmen, auch die auf einem hohen Ross sitzenden Marktführer einstellen? Diesen Fragen sind die drei Autoren – zwei amerikanische Professoren plus ein renommierter wissenschaftlich versierter Berater – nachgegangen. Sie schwafeln nicht, sondern bringen Fakten und vor allem konkrete Beispiele aus der Praxis. Sie behandeln Erfolgsstorys und Pleiten von Plattformbetreibern.
Analyse der Erfolgsfaktoren
Es ist beeindruckend, mit wie viel analytischer Schärfe das Trio die Erfolgsfaktoren, die scheinbar so unterschiedliche Unternehmen wie das soziale Netzwerk LinkedIn, die Fotoplattform Instagram, Uber oder den Suchmaschinenriesen Google erfolgreich machen, sezieren. Das Rezept dieser Unternehmen ist immer das gleiche: Erfolgreiche Plattformbetreiber bauen ihr Geschäft zu Beginn um eine Kerninteraktion zwischen Anbieter und Nachfrager auf. Dabei kann es sich um eine Uber-Fahrt oder ein gepostetes Bild auf Instagram, das andere für gut befinden, handeln. Ihr Mehrwert, der von den Nutzern der Plattform – wenn sie denn auf den Geschmack gekommen sind – geschätzt wird, ist die Vereinfachung dieses Austausches (Convenience), so gut es geht. Ein ‚Filter‘ stellt sicher, dass Nutzer nur die Informationen angezeigt bekommen, die sie interessieren. Auf der Plattform installierte Algorithmen lernen durch ständiges Nutzerfeedback und können so das Erlebnis der Kerninteraktion für die Nutzer ständig verbessern. Erst wenn diese Kerninteraktion so gut funktioniert, dass viele Nutzer sie gerne in Anspruch nehmen, werden weitere Angebote eingeführt – so wie Uber nun Fahrgemeinschaften anbietet und auch Amazon längst über Bücher hinausgeht. Mit zunehmender digitaler Vernetzung gibt es hier wohl für die Zukunft kaum Grenzen, sodass traditionelle von den Autoren als Pipeline-Firmen bezeichnete Anbieter aufpassen müssen, welche Stücke vom Kuchen ihnen noch verbleiben.
Plattformen sind …
Was sind nun Plattformen, und wie funktionieren diese? Eine Plattform ist ein neues Geschäftsmodell, das darauf basiert, wertschaffende Interaktionen zwischen externen Produzenten und Konsumenten mithilfe der Internettechnologie zu ermöglichen. Plattformen bieten eine partizipative Infrastruktur für die Interaktionen und beinhalten Spielregeln (Governance Conditions) für deren transparenten und zuverlässigen Ablauf. Dies schafft Vertrauen bei den Plattformnutzern.
In der Welt der Plattformen dient das Internet also nicht länger nur als Distributionskanal, mit dem die Unternehmen ihre Güter und Dienstleistungen in ihre Märkte pumpen. Es dient dazu, Nutzer auf der Anbieter- und der Nachfragerseite anzuziehen, ein Matching zwischen diesen zu ermöglichen, sodass viele und vielfältige Interaktionen zustande kommen. Es geht also darum, ein interaktives Ökosystem zu kreieren, in dem Wert geschaffen und ausgetauscht wird. Ganz entscheidend hierfür sind die Netzwerkeffekte, die umso größer sind, je mehr Interaktionen über die Plattform laufen. Hier gibt es ein Henne-Ei-Problem, das die Plattformbetreiber lösen müssen: Wer auf seiner Plattform nicht genügend handelnde Anbieter hat, scheitert, wer nicht genügend aktive Nachfrager hat, scheitert ebenso. Aber auch erfolgreich gelaunchte Plattformen haben es nicht leicht, denn unter den leicht skalierbaren Plattformen besteht natürlich ein erbitterter Wettbewerb.
Die Verfasser bieten eine Handreichung für den erfolgreichen Start und Betrieb einer Plattform. Sie zeigen auf, wie Plattformen den Wettbewerb verändern. Schließlich behandeln sie auch die spannende Frage, ob und wenn ja wie die immer stärker werdenden Plattformen reguliert werden sollten.
Alle diejenigen, die ihre Geschäftsmodelle für das digitale Zeitalter fit machen wollen, sollten das Buch lesen. Traditionsunternehmen, die nun von disruptiven Angreifern bedroht werden, werden nach der Lektüre erkennen, dass es auch für sie unverzichtbar ist, ihr eigenes wertschaffendes Ökosystem aufzubauen. Firmen wie Nike, GE und Adidas machen dies. Es müssen noch viel mehr werden.

40358128

Prof. Dr. Robert Fieten, fachlicher Berater der Beschaffung aktuell, Köln
Unsere Webinar-Empfehlung
Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 4
Ausgabe
4.2024
PRINT
ABO

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de