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Buchrezension: „Mit Ignoranten sprechen“ von Peter Modler

Verhandlungsstrategien
Buchrezension: „Mit Ignoranten sprechen“ von Peter Modler

Buchrezension: "Mit Ignoranten sprechen" von Peter Modler

Als Trump die Debatten zur Präsidentschaftswahl gegen Hilary Clinton gewinnt, obwohl sie eigentlich die besseren Argumente hat, fragten sich nicht nur harte Demokraten: Warum gewinnt die Diskussion der Mann, der argumentativ klar unterlegen ist? Der Unternehmensberater Peter Modler gibt darauf in seinem Buch „Mit Ignoranten sprechen“ eine Antwort: er erklärt, dass es zwei verschiedene Kommunikationsstile gibt. Wer gegen Trump und Co. gewinnen will, muss beide Stile verstehen lernen.

Peter Modler erklärt in diesem Buch, dass es oft nicht die argumentative Überlegenheit ist, die über Sieg und Niederlage entscheidet, sondern „Rang- und Raumverhalten“. Stark basierend auf Deborah Tannens Werk „Talking from 9 to 5: Women and Men at Work“ findet der Autor zwei gegensätzliche Kommunikationsstrategien, die von verschiedenen Menschen je nach Veranlagung angewendet werden.

Zum einen gibt es laut seines Buches die horizontale Strategie, die sich auf Argumente stützt, zum anderen die vertikale Strategie, die mehr Gewicht auf Rangordnungen und Körpersprache legt. Treffen beiden Kommunikationstypen aufeinander – wie bei den Debatten im amerikanischen Wahlkampf, als Hilary den horizontalen, Trump den vertikalen Stil vertrat – wird es interessant: dann kann es nämlich vorkommen, dass der argumentativ überlegene Partner verliert, weil das Alpha-Gehabe des Gegenübers mehr zieht. Körpersprache und verbale Reduzierungen auf einfache Aussagen und ständige Wiederholungen sind also wirkungsvoller als verschlungene Argumentationsketten – zumindest im Gespräch mit den sogenannten „Ignoranten“.

Sie dabei einfach „Ignoranten“ zu nennen spart Modler eine politische Zuordnung der vertikalen Nicht-Argumentierer. Und, man denkt es sich wahrscheinlich schon: Im Buch Tanners waren die beiden Kommunikationsstile Männern und Frauen zugeordnet. Diese Verbindung von Kommunikationsstil und Geschlecht fällt bei Modler weg – und so die Möglichkeit herauszufinden, warum manche Menschen so diskutieren und andere anders.

Neben der genauen Analyse der Kommunikation von Trump und Clinton in den Präsidentschaftsdebatten bietet das Buch Tipps, wie man sich wehren kann, wenn man auf „Ignorante“ trifft. Dazu unterscheidet er drei Eskalationsstufen: High Talk, welcher aus Argumenten besteht und deshalb „horizontal“ ist, als zweite Stufe sogenannter Basic Talk, also das Reich der Ignoranten, welcher einfach und wiederholend abläuft sowie von Formeln geprägt ist und schließlich Move Talk, der aus körpersprachlichen Signalen besteht. Wenn der Gegenüber also auf die Ebene des „Basic Talk“ diskutiert, also einfache Sätze oft wiederholt, dann rät Modler, ihm genauso zu erwidern, bis der Gegenüber sich wieder fängt und man im High Talk weiterdebattieren kann. Dieser einfach gehaltene Ansatz ist Modlers Antwort auf das vorgestellte Diskussionsdilemma des „argumentativen“ Menschen und man kann nicht umhin, ihn als überraschend simpel zu beschreiben. Ob es in der eigenen Wirklichkeit dann doch so leicht geht, pöbelnde Gegner ruhigzustellen, muss der Leser, vielleicht mit einer gesunden Prise Skeptizismus, selbst herausfinden.

Das Buch ist leicht geschrieben und in knackige Kapitel unterteilt; deren Titel bleiben oft rätselhaft (Beispiel: „Die Nebelmaschine“ – Untertitel: „Wie man Lufthoheit unterbindet“) aber der Inhalt ist ansprechend aufgebaut und erzählt. Ein bisschen holprig sind nur die Bezeichnungen der Angehörigen beider Kommunikationsstile, die umständlich umschrieben werden müssen „communityorientiert […] hierarchieaffin“ (p.135) „horizontale […] Menschen“ (p.130) oder „meine eigene kommunikative Herkunft, ob horizontal oder vertikal“ (p.123).

Was in dem Buch, sicherlich bewusst, ausgeklammert wird, ist die moralische Bewertung des „vertikalen“ Stils, der nichts anderes als Rüpel- und Mobbingverhalten ist. Es wäre doch sinnvoll, zu fragen, was für einer Zeit wir leben, in der wir uns in Beruf und Politik mit solch entleerten Konservendialektikern prügeln müssen? Was sagt es über die heutige Zeit aus, dass solche Verhaltensmuster nicht abnehmen, sondern anscheinend sogar zunehmen oder zumindest mehr Gewicht beigemessen bekommen? In der Debatte um die Präsidentschaft war es ja nicht Trumps Verhalten selbst, dass ihm den Sieg einfuhr, sondern die positive Bewertung genau dieses Rüpelverhaltens durch das Publikum.

Wenn das Buch horizontalen Mauerblümchen also genau eine Wahl gibt, nämlich, sich die Verhaltensweisen der Rüpel anzutrainieren, um ernstgenommen zu werden, dann liegt hier eine normative Bewertung vor. Und zwar die, dass der Horizontale sich anzupassen hat oder eben untergeht. Nun ist die Verrauung des öffentlichen Umgangstons natürlich nicht Modlers Schuld. Aber schade ist diese Alternativlosigkeit dennoch.

Eine Rezension von Sanja Döttling


Mit Ignoranten sprechen. Wer argumentiert, verliert.
Peter Modler. Campus Verlag, 2019.
Softcover, 224 Seiten, 19,95 €, ISBN: 978-3593510804

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