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Bestandteil der Einkaufs-DNA: Wie kann der Wandel zu einem agilen Einkauf gestaltet werden?

Aus der Praxis für die Praxis
Agilität als Bestandteil der Einkaufs-DNA

Agilität als Bestandteil der Einkaufs-DNA
Agilität ist mehr als nur eine Methode, ein Konzept oder gar ein Synonym: Agilität ist eine Grundhaltung und die Fähigkeit, eine Balance zwischen Stabilität und Flexibilität zu finden. Bild: k_e_n/stock.adobe.com
In den vergangenen zweieinhalb Jahren sind alle Einkaufsorganisationen mit neuen, bisher nie dagewesenen und kaum vorstellbaren Herausforderungen konfrontiert worden: Sei es durch die Corona-Pandemie, die Chip-Krise oder den Folgen aus dem Ukraine-Krieg. Innerhalb dieser turbulenten bis chaotischen Zeit, hat die Diskussion um die „Agilität im Einkauf“ immer mehr an Bedeutung gewonnen. Doch wie kann der Wandel zu einem agilen Einkauf gestaltet werden?

Ob gut gemeinte „Agilisierungs-Initiative“ oder schlechtes „Buzzword-Bingo“, in den meisten Einkaufsorganisationen bleibt Agilität eine leere Worthülse statt zu einem wirklichen Leistungsbooster zu werden. Nur die wenigsten schaffen den Sprung von der Anwendung agiler Praktiken hin zu einer tatsächlich agil handelnden Organisation. Natürlich können die Gründe, warum die Einkaufsagilisierung scheitert, sehr vielfältig und individuell sein. Nichtsdestotrotz entscheidet maßgeblich das Verständnis von Agilität über die Etablierung eines wirklich agil handelnden Einkaufs.

Einige verstehen die Agilität als eine Ansammlung von Methoden, dahingegen setzen andere die Agilität mit einem Konzept aus der Softwareentwicklung gleich und wieder andere nutzen Agilität als ein Synonym für den Begriff der Flexibilität. Doch damit wird der Kern, was Agilität eigentlich meint, komplett verfehlt.

Denn Agilität ist mehr als nur eine Methode, ein Konzept oder gar ein Synonym: Agilität ist eine Grundhaltung und die Fähigkeit, eine Balance zwischen Stabilität und Flexibilität zu finden. Folglich zielt die Agilität nicht nur auf die Anpassungs-, sondern auch auf die Wandlungsfähigkeit von Organisationen ab. Somit ermöglicht die Agilität schnelle, variable, aber gleichzeitig auch effiziente Anpassungen.

Was Agilität nicht ist

Der Unterschied zwischen agil handeln und agil sein, liegt in der Grundhaltung und Einstellung zur Agilität. So geht es darum ein Umfeld zu schaffen, das die Einkaufsorganisation, die einzelnen Abteilungen, Teams und Mitarbeiter in die Lage versetzt, selbstständiger, schneller, flexibler, anpassungs- und widerstandsfähiger mit der Komplexität, Ungewissheit und Veränderung der Umwelt umzugehen. Hierfür ist es notwendig, die Agilität zu einem grundlegenden Bestandteil der Einkaufs-DNA zu machen. Dadurch kann die Agilität die gesamte Einkaufsorganisation durchdringen.

Infolgedessen kann eine agile Haltung erzeugt werden, die alle Bestandteile und Ebenen des Einkaufs einschließt. Dies führt wiederum dazu, dass die Art und Weise beeinflusst und bestimmt wird, wie mit Situationen umgegangen, Aufgaben erledigt oder Entscheidungen getroffen werden.

Komponenten der agilen DNA

Auch wenn die Agilität ein Bestandteil der Einkaufs-DNA bildet, sind alle Komponenten der DNA, von Nukleinen bis Säuren, zu durchdringen. Demnach sind die Komponenten der Einkaufs-DNA zu betrachten und um den agilen Baustein zu erweitern. In diesem Zusammenhang sind besonders vier DNA-bildende Komponenten zu fokussieren:

1. Vision: Es gilt eine spannende und attraktive Vision für den Einkauf zu formulieren, die eine Spannung zwischen dem gegenwärtigen Ist und dem angestrebten Soll bildet. Dabei kann die Vision auch mit einer Art „Traum“ gleichgesetzt werden, der zwar große Herausforderungen enthält, aber dennoch realistisch in der Erreichung ist.

2. Ziele: Es sind klare, eindeutige, überzeugende und bindende Ziele zu formulieren. Zusätzlich sind die Ziele inspirierend zu gestalten, um eine Mehrleistung anzuregen.

3. Führung: Es gilt, die Mitarbeiter zu unterstützen und dem Einzelnen zu vertrauen statt anzuweisen, zu befehlen oder zu kontrollieren.

4. Zusammenarbeit: Mit dem veränderten Führungsverständnis einhergehend sind Kollaborationen statt Autoritäten zu bilden. Dem Einzelnen, den Teams und den Abteilungen sind Freiräume zu gewähren, in denen selbstbestimmt und selbstverantwortet gearbeitet werden kann. Dabei sind alle zu befähigen, selber Verantwortung zu übernehmen und im Sinne der eigenen Arbeit zu nutzen. Hierfür ist eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre zu schaffen, in der jeder den Mut hat, Bestehendes zu hinterfragen, mögliche Veränderungen anzusprechen und neue Ideen einzubringen.

Langwierigkeit bei der Anpassung

Folglich setzen die agilen Bausteine an den Komponenten der DNA an, die helfen ein Umfeld zu schaffen, indem Vertrauen statt Misstrauen und Mut statt Angst vorherrscht. Demnach spiegeln sich die agilen Bausteine weniger in den Strukturen, Prozessen und Systemen wider, sondern zeigen sich vielmehr im Umgang mit- und untereinander.

Auch wenn die Beschreibung zur Anpassung der Einkaufs-DNA einfach erscheint, bleibt es dennoch ein schwieriges Unterfangen. So erfordert die Änderung der Einkaufs-DNA eine Änderung der Kernbestandteile der Einkaufsorganisation. Damit gleicht die Änderung im Einkauf einer „Operation am offenen (Einkaufs-)Herz. Aufgrund dessen ist es unerlässlich, dass eine hohe Einsatz- und Leistungsbereitschaft aller Beteiligten besteht: Vom Direktor über die Abteilungs- und Teamleiter bis zum einzelnen Mitarbeiter.

Es gilt, die notwendigen Veränderungen und Anpassungen deutlich zu machen, anzustoßen und in der Einkaufsorganisation über alle Ebenen hinweg auszusteuern. Dabei ist jedem bewusst zu machen, dass die agilen Bausteine nicht statisch, sondern form- und entwickelbar sind. So ist jede Komponente bedarfsindividuell anzupassen, zu gestalten und einzuführen.

Schlussendlich schafft erst eine vollständige und umfassende „agile“ Durchdringung der Einkaufs-DNA die Voraussetzung zur Wandlung hin zu einer wirklich agil denkenden und arbeitenden Einkaufsorganisation.


Christine Freye

Purchasing, Business- & Process-Analyst

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