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Besser werden mit McDonald’s

Supply Chain Management bei McDonald’s
Besser werden mit McDonald’s

Niemand verrät gerne Interna – auch Partnern in der Supply Chain nicht. So verständlich das aus Sicht des einzelnen Unternehmens ist: Der Supply Chain schadet das. Daran hat sich trotz aller neuer Methoden des modernen Supply Chain Managements nicht viel geändert. Bislang nicht. Jetzt jedoch zieht eine in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte einmalige Initiative neue Saiten auf.

Das ist normal: Man hält sich bedeckt, wenn irgendwo Mängel in der Organisation oder im Auftragsdurchlauf auftauchen. Man hält sich jedoch auch dann bedeckt, wenn man eine Best Practice entwickelt hat und diese nutzt – niemand gibt einen Wettbewerbsvorsprung freiwillig auf. Und doch genau das passiert bei der Learning from each other (LFEA)-Initiative, die McDonald’s Deutschland zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML etabliert hat: Die Partner in der Lieferkette stellen sich einerseits gegenseitig ihre Best Practices vor und räumen auf der andern Seite Schwächen im Wertschöpfungsprozess ein, um sich von andern partnerschaftlich helfen zu lassen – ohne Neid oder übertriebene Geheimniskrämerei. Und alle machen mit. Und profitieren davon. Am stärksten natürlich die komplette Supply Chain, McDonald’s und seine Kunden.

Zum aktuellen Zeitpunkt machen bei der LFEA-Initiative Bonduelle und SEDA mit, Develey und Lieken, Hochland, OSI, Aryzta, Havi Logistics und Agrarfrost – alles namhafte Lieferanten von McDonald’s. Und, aus Gründen der in diesen Tagen besonders wichtigen Compliance: keine unmittelbaren Konkurrenten. Denn sobald konkurrierende Unternehmen einer Supply Chain am Tisch säßen, könnte es schnell zu Konflikten kommen. Dabei geht es bei der LFEO-Initiative ums nachgerade Gegenteil. Es geht darum, voneinander zu lernen wie das Akronym schon sagt: LFEO – Learning From Each Other. Wenn einer der Partner in der Supply Chain eine generalisierbare Best Practice entwickelt hat – und jeder Partner hat mindestens eine Best Practice – dann teilt er diese frei, offen und ehrlich mit allen andern, erschließt ihnen das bestmögliche Verbesserungspotenzial, einen Vorteil für McDonald’s. Denn die Initiative trägt Sorge dafür, dass die Best Practices auch tatsächlich umgesetzt werden.

Alle machen mit

Viermal jährlich treffen sich die LFEO-Partner zu je zweitägigen Workshops, um Supply-Chain-relevante Brennpunkte wie unter anderem geeignete Instandhaltungsstrategien, Rahmenfaktoren für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), Themen und Umfang der Mitarbeiterqualifikation oder logistische Fragen zu diskutieren. Bei jedem Workshop werden konkrete Vereinbarungen getroffen, was genau jeder Partner bis zum nächsten Treffen in seinem Unternehmen ändern und verbessern möchte. Ein Partner sagt zum Beispiel zu, bis zum nächsten Mal einen KVP-Prozess zu etablieren und alle am Tisch einigen sich auf die Kriterien für denselben, welche Transparenz angestrebt werden soll, wie die Auswertung der einzelnen Mitarbeiter-Vorschläge und die Nachvollziehbarkeit der Vorschlagsbearbeitung gestaltet und gewährleistet werden soll. Oder man diskutiert und einigt sich auf bestimmte Qualifikationen von Mitarbeitern und macht konkrete Vorschläge für dezidierte Weiterbildungsmaßnahmen und Trainings.

Organisation mit Engagement

Jede dieser Verbesserungen entlang der Lieferkette zeigt auf, wie einzigartig dieses Projekt im deutschen Supply Chain Management ist: Normalerweise hat es Partner in der Supply Chain nicht zu interessieren, wie andere Partner ihre Mitarbeiter weiterbilden. Und doch versteht jeder der LFEO-Partner seine einmal gemachten Zusagen bei den LFEO-Workshops als bindend und verpflichtend. Nur so wird die Supply Chain als Ganzes mit der gebotenen Sicherheit nach jedem Treffen besser.

Unterstützung zwischen den Treffen gewährleistet ein kontinuierlich arbeitendes Projektteam, das Ideen sammelt, Strukturen schafft sowie die Workshops im Detail vorbereitet. Für die nötige Transparenz und Koordination sorgt darüber hinaus ein Steuerungskreis, der derzeit aus Vertretern von McDonald’s Deutschland, Agrarfrost und Fraunhofer IML gebildet wird. „In unserem Familienunternehmen hat nachhaltiges Handeln eine lange Tradition“, sagt Manfred Wulff, Geschäftsführer von Agrarfrost. „Ausschlaggebend für den Erfolg unserer Initiative ist, dass wir in den Workshops konkrete Ziele erarbeiten, die alle beteiligten Unternehmen erreichen müssen. Dadurch macht das alles erst einen Sinn für alle Beteiligten.“

Für die konkrete Zusammenarbeit entlang der Supply Chain und für die Sicherung des erworbenen Wissens wurde eigens eine digitale Plattform gewählt, die in ihren Spezifikationen und Möglichkeiten deutlich über klassische Systeme des Content Managements hinausgeht, quasi ein Facebook für die LFEO-Initiative. Sie ist überdurchschnittlich bedienerfreundlich und ermöglicht damit eine echte Zusammenarbeit auf operativer Ebene: „So einfach zu bedienen wie XING oder Whatsapp“, kommt manchmal die Rückmeldung aus dem Kreis der Beteiligten. Auf dieser Plattform finden die LFEO-Partner jederzeit sämtliche Workshop-Lösungen, Ideen, Prozessbeschreibungen und andere Dokumente wie Protokolle oder Dokumentationen. Diese Unterlagen können außerdem zwischen den Workshops gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt werden. Das alles macht einen nicht gerade geringfügigen Aufwand – doch es zahlt sich aus.

Warum machen das nicht alle?

„Diese Workshop-Reihe unter dem Aspekt des gemeinsamen Lernens hilft uns, unsere hoch gesteckten Effizienzziele nicht nur für den Bereich der Nachhaltigkeit über die nächsten Jahre zu erreichen“, bescheinigt denn auch Thomas Jedinger, Senior Department Head Supply Chain bei McDonald’s Deutschland. „Wichtig ist auch, dass es uns dabei nicht nur um ein einfaches ‚Sharing von Best Practices‘ geht. Vielmehr ist uns wichtig, voneinander zu lernen und gleichzeitig dabei konkrete Ziele mit Lieferanten zu vereinbaren, deren Erreichung uns gemeinsam positiv weiterbringt.“ Das tun die Workshops bereits. So ist es einem der LFEO-Partner dank Austausch und gemeinsamer Zielsetzung bereits gelungen, bestimmte Stillstandzeiten in der Herstellung zu verringern. Wie hinlänglich bekannt, benötigt jeder Produktwechsel in der Herstellung eine gewisse Rüstzeit. Wenn diese dank der Best Practice eines LFEO-Partners auch nur pro Rüstvorgang um fünf Minuten reduziert werden kann, spart das aufs Jahr Stunden und Tage und das wiederum Kosten, wodurch Preise gehalten oder gesenkt werden können. Selbst bei so oft „durchgekauten“ Themen wie der Arbeitssicherheit und Unfallvermeidung lassen sich auf diesem Wege des gegenseitigen Austauschs und dem Commitment zu vereinbarten Zielen noch deutliche Verbesserungen erreichen. Und alle profitieren davon. Wenn das so einfach ist, warum machen das dann nicht längst alle Lieferketten?

Seit einigen Jahren verfolgt McDonald’s Deutschland schon den LFEO-Gedanken, seit zwei Jahren laufen die Workshops. Damit ist der Gastro-Konzern allein auf weiter Flur und nicht nur in seiner Branche. Es gibt viele Supply Chains, aber nur ganz wenige solcher Lieferketten-integrierenden Initiativen. „Schuld“ daran sind zum einen die recht diffizilen Compliance-Regelungen, die eine sehr sorgfältige Auswahl der Partner bedingen. Zum andern herrscht in vielen Lieferketten auch und gerade noch in den Tagen eines modernen Supply Chain Managements eine Insidern bestens vertraute Misstrauenskultur, die echte Partnerschaft erschwert. McDonald’s Deutschland und seinen Lieferanten ist diese Partnerschaft gelungen, die inzwischen von allen mit hoher Begeisterung getragen wird – und hohem Nutzen für alle in Form der Übernahme konkreter Best Practices, in Form von Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen und einer globalen Verbesserung der Supply Chain und ihrer Ergebnisse. Ergebnisse, nach denen jede Supply Chain strebt und die, dank LFEO, für jeden erreichbar ist.


(Screen: McDonald’s)


Dr. Thomas Heller,
Abteilungsleiter Anlagen- und Servicemanagement beim Fraunhofer IML in Dortmund

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