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Delivered at terminal (DAT)

Vom 1. Januar 2011 an gelten neue Incoterms
Delivered at terminal (DAT)

Die sogenannten Incoterms regeln im internationalen Handel unter anderem die Bereiche Transportkosten, Gefahrenübergang sowie, falls zutreffend, die erforderlichen Dokumente der Lieferung. Jetzt gilt eine neue Fassung, die Incoterms 2010, die wir hier beschreiben. DAT ist übrigens neu und heißt, dass die Lieferung an ein (Container-)Terminal erfolgt.

Armin Pulic, freier Fachjournalist

Nachdem die Internationale Handelskammer (International Chamber of Commerce; ICC) zuletzt die Incoterms 2000 herausgegeben hat, wurden diese Regeln zum nunmehr siebten Mal seit 1936 überarbeitet. Die Incoterms 2010 (7. Revision) sind im Herbst 2010 erstmals vorgestellt worden und am 1. Januar 2011 „in Kraft getreten“. Damit hat die Kammer die weltweit bekannten Liefer- bzw. Handelsklauseln nach eigenen Angaben den aktuellen Entwicklungen in der Handelspraxis und im Transportwesen angepasst.
Die Incoterms sind aber kein internationales Gesetz oder Abkommen, das automatisch gilt. Sie sind vielmehr ein „Handelsbrauch“ und ein Angebot der Internationalen Handelskammer, das verwendet werden kann, um verschiedene Regelungsbereiche in Einkaufsverträgen durch Standardregeln zu ergänzen. Sind die Incoterms nicht vereinbart, gelten diese auch nicht. Insbesondere aus dem internationalen Warenverkehr sind die Incoterms nicht mehr wegzudenken, sie werden heute auf internationaler Ebene allgemein anerkannt und von der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) unterstützt.
Durch den Einsatz der Incoterms 2010 werden unter anderem die Bereiche Transportkosten, Gefahrenübergang sowie, falls zutreffend, die erforderlichen Dokumente der Lieferung geregelt. Im offiziellen Regelwerk ist jede Regel unter zehn Gesichtspunkten definiert:
  • Allgemeine Verpflichtungen (A1/B2)
  • Lizenzen, Genehmigungen, Formalitäten (A2/B2)
  • Beförderungs- und Versicherungs- verträge (A3/B3)
  • Lieferung und Abnahme (A4/B4)
  • Gefahrenübergang (A5/B5)
  • Kostenverteilung (A6/B6)
  • Benachrichtigungen an den Käufer/Verkäufer (A7/B7)
  • Transportdokument und Liefer- nachweis (A8/B8)
  • Prüfung, Verpackung, Kennzeichnung (A9/B9)
  • Unterstützung mit Informationen und daraus resultierende Kosten (A10/B10)
Durch die Incoterms 2010 werden jedoch beispielsweise die Bereiche Eigentumsübergang, Zahlungsbedingungen, Gerichtsstand und anwendbares Recht sowie die Folgen bei Mängeln und Leistungsstörungen nicht geregelt. Diese sollten deshalb durch den Einkaufsvertrag entsprechend vereinbart werden.
Die bei den Incoterms verwendeten Begriffe „Lieferort“ und „Bestimmungsort“ werden in der Praxis häufig missverstanden. Unter Lieferort ist der Ort gemeint, an dem das Risiko vom Verkäufer auf den Käufer übergeht (Gefahrenübergang). Der Bestimmungsort hingegen ist der Ort, wohin die Ware bestimmt ist, d. h. der Ort, wo der Käufer die Ware übernimmt.
Damit ist klar, dass die Incoterms nur für Warenkaufverträge zur Anwendung kommen. Für Liefervereinbarungen von z. B. Dienstleistungen und Software sind sie nicht geeignet. Ein Aspekt, der in der Praxis zu Unstimmigkeiten führt, ist das Ent-/Abladen: Grundsätzlich ist es Sache des Käufers für das Ent-/Abladen zu sorgen. Einkaufsmanager müssen das bei Preisverhandlungen berücksichtigen, insbesondere wenn dafür etwa ein kostenintensiver Autokran notwendig ist. Nur bei der neuen Incoterms 2010 Regel DAT ist das Ent-/Abladen des Transportgutes Sache des Verkäufers. Strebt das einkaufende Unternehmen bei anderen Regeln abweichend an, dass die Kosten und das Risiko der Abladung der Verkäufer trägt, muss das explizit individuell vereinbart werden.
Die Incoterms waren in der Vergangenheit ausschließlich für den internationalen, grenzüberschreitenden Warenverkehr ausgelegt. In der Praxis wurden die Incoterms aber dennoch häufig auch für den nationalen Warenverkehr sowie innerhalb von Zollgebieten und Freihandelszonen angewendet. Die Internationale Handelskammer hat diese Entwicklungen aufgegriffen und die Incoterms 2010 deshalb ausdrücklich als „nationale und internationale Handelsklauseln“ deklariert. Dazu wurde auch der Text der Incoterms so geändert, dass insbesondere bei den Ein- und Ausfuhrformalitäten (A2/B2) die Ergänzung „falls zutreffend“ („where applicable“) aufgenommen wurde.
Zu den Neuerungen der Incoterms 2010 gehört auch eine Klassifizierung der Regeln in sieben multimodal anwendbare Regeln (Rules for any Mode or Modes of Transport) und vier nur für See- und Binnenschiffstransport geeignete Regeln (Rules for Sea and Inland Waterway Transport). Diese Zwei-Gliederung der Klauseln soll eine einfachere Übersicht ermöglichen. Die frühere Einteilung in E-Regel (Abholregel), C-Regeln (Verkäufer trägt die Kosten des Haupttransports), D-Regeln (Ankunftsregeln) und F-Regeln (Käufer trägt die Kosten des Haupttransports) kann aber durchaus weiterhin sinnvoll sein, um eine bessere Übersicht zu haben.
Aktuelle Änderung: Vier Regeln entfallen, DAP und DAT kommen neu hinzu. Bei den Incoterms 2010 wurde die Anzahl der Regeln von 13 auf 11 reduziert. Gegenüber den bisher gültigen Incoterms 2000 sind bei den Incoterms 2010 die vier Regeln
  • DAF (delivered at frontier; geliefert Grenze),
  • DES (delivered ex ship, frei ab Schiff),
  • DEQ (delivered ex quay; geliefert ab Kai) und
  • DDU (delivery duty unpaid; geliefert unverzollt)
entfallen. Nach Einschätzung der Internationalen Handelskammer waren diese vier Regeln ohnehin wenig praxisrelevant.
Dafür wurden zwei neue Regeln geschaffen, die multimodal anwendbar sind:
  • DAP (delivered at place; geliefert an Ort) und
  • DAT (delivered at terminal; geliefert an Terminal)
Die Regel DAT entspricht sehr gut der Praxis der modernen (Hafen-)Logistik beim Containerverkehr. Der Begriff „Terminal“ ist dabei weit gefasst und meint etwa ein Hafen-Containerterminal, ein Eisenbahnterminal oder Luftfrachtterminal. Beim Containerverkehr werden die Container häufig ohnehin nicht ans Kai oder an die Längsseite Schiff geliefert, sondern am jeweiligen Containerterminal „abgegeben“. Damit kann DAT insbesondere auch in vielen Fällen die abgeschaffte Regel DEQ (delivered ex quay) ablösen, aber auch DAF, falls ein Terminal an der Grenzstation existiert.
Die neue Regel DAP ist eine äußerst flexibel anwendbare neue Regel. Bei der Anwendung kommt es darauf an, den Bestimmungsort so genau wie möglich festzulegen – etwa durch eine exakte Anschrift oder ein ganz bestimmtes Lagerhaus. Somit können in vielen Fällen die alten Regeln DAF (delivered at frontier) und DES (delivered ex ship) leicht durch die neue DAP ersetzt werden.
Weitere aktuelle Änderung: neuer Kosten- und Gefahrenübergang bei FOB, CFR und CIF. Bei den bereits vorhandenen Regeln FOB (free on board), CFR (cost and freight) und CIF (cost, insurance and freight) bleibt zwar die Drei-Buchstaben-Abkürzung, der Kosten- und Gefahrenübergang ist aber bei den Incoterms 2010 neu geregelt. Bisher war der Gefahrenübergang dieser drei Regeln an der Schiffsreling – bei den Incoterms 2010 ist der Gefahrenübergang nun nach Verladen, also dem Verbringen des Transportgutes an Bord des Schiffs. Bei FOB entspricht dieser neue Gefahrenübergang gleichzeitig dem Kostenübergang. Gegebenenfalls könnte diese Regel so ergänzt werden, dass auch das Stauen („FOB stowed“) oder die Löschkosten („CIF landed“) vom Verkäufer der Ware getragen werden müssen.

English only

Zu beachten

Verwechseln Sie die Incoterms (International Commercial Terms) nicht mit den „Terms of Trade“ (volkswirtschaftliche Kennzahl für das reale Austauschverhältnis zwischen expor- tierten und importierten Gütern) oder den „Trade Terms“ (nationale Handels- bedingungen/-bräuche)!
Legen Sie bereits im Kauf-/Beförderungs- vertrag fest, wer die Terminal-Handling- Charges (THC), LCL-Servicegebühren, Containerreinigungsgebühren etc. zahlen soll, um diese Kostenverteilung eindeutig in Ihrem Sinne zu regeln!
Beachten Sie, dass die englische Sprach- version zur Auslegung der Incoterms 2010 verbindlich ist! Die deutsche Sprachversion ist lediglich eine Übersetzungshilfe.
Geben Sie bei der Verwendung der Incoterms die genaue Regel mit exakt bestimmten Ort und inkl. den Incoterms an, die gelten sollen: z. B. „FOB Rotterdam Incoterms 2010“ oder „DAP Munich, Muster GmbH, Musterstraße 1, 80333 Munich (Germany) Incoterms 2010“! ap
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