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Der richtige Stromtarif spart Kosten

Energieeinkauf
Der richtige Stromtarif spart Kosten

Der Strompreis fließt in Richtung plus: Die durchschnittlichen Energiekosten für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen betragen in Deutschland momentan durchschnittlich 17,2 Cent pro Kilowattstunde und haben sich damit in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt. Intelligente Beschaffungsstrategien können Kosten minimieren.

Mehr als ein Drittel des Strompreises besteht aus Abgaben, Umlagen und Steuern – primär aus der EEG-Umlage, mit der Betreiber von Wind- und Solaranlagen gefördert werden. Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen wurden dafür im vergangenen Jahr mit ungefähr 12 Mrd. Euro belastet. Ausnahmen gelten nur für besonders energieintensive Großbetriebe, die im internationalen Wettbewerb auf konkurrenzfähige Strompreise angewiesen sind. Viele Marktteilnehmer gehen von weiter ansteigenden Preisen aus, wobei es auch Stimmen für seitwärts oder gar fallende Preise gibt. Mit anderen Worten: Der weitere Verlauf ist ungewiss.

Drei gängige Modelle bieten sich für den Energieeinkauf an: Festpreisbeschaffung, Tranchenbeschaffung und strukturierte Beschaffung. Alle Methoden bieten spezifische Vor- und Nachteile. Die Festpreisbeschaffung erfordert den geringsten administrativen Aufwand und ist am weitesten verbreitet. Bei diesem starren Vorgehen wird der Energiebedarf mit dem Versorger für eine bestimmte Dauer (meist ein Jahr) auf Basis des aktuell gültigen Preises vereinbart. Das kann sich kurzfristig im Rahmen steigender Energiekosten rechnen, spätestens mit dem nächsten Vertragsabschluss müssen dann aber eventuell höhere Kosten gezahlt werden. Die Vorteile bestehen im relativ geringen Beschaffungsaufwand
sowie in der Kostensicherheit. Allerdings birgt diese Beschaffungsstrategie das Risiko, zu schlechten Zeitpunkt einen ungünstigen Preis vereinbaren zu müssen. Etwas aufwändiger ist die Tranchenbeschaffung. Dabei wird der Jahresbedarf in mehrere Tranchen unterteilt, die auf Grundlage einer verabredeten Preisformel kurzfristig beschafft werden. Der endgültige Energiepreis steht damit aber erst mit der letzten Teilbeschaffung fest, wenn der gewichtete Durchschnittspreis über alle eingedeckten Tranchen berechnet werden kann. Die strukturierte Beschaffung gilt als Königsdisziplin beim Stromeinkauf. Dabei werden die Strommengen tagesaktuell bei unterschiedlichen Anbietern und von verschiedenen Märkten unter Nutzung von Marktanalysen und Live-Informationen gekauft. Dafür ist zumeist die Zusammenarbeit mit spezialisierten Unternehmen notwendig und sinnvoll. Fakt ist, dass die administrativen Kosten von der Festpreisbetrachtung bis hin zur strukturierten Beschaffung für Dienstleister steigen, was sich durch die volatilen Börsenpreise rechnen kann. Zudem ist nicht jedes Modell für jeden Kunden geeignet bzw. wirtschaftlich, was meist an zu geringen Verbräuchen liegt.

Neben dem Einkauf bietet auch der gezielte Verbrauch Chancen zur Kostenreduktion – allerdings erfordert diese Maßnahme eine flexible Einsatzplanung vor allem der Sekundärverbraucher wie Lüftungs- und Klimaanlagen. Für Unternehmen mit einem jährlichen Strombedarf von mehr als 100.000 Kilowattstunden schreibt die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) eine registrierende Leistungsmessung (RLM) vor. Dabei misst der Netzbetreiber über einen fernauslesbaren Stromzähler in 15-Minuten-Intervallen den jeweiligen Stromverbrauch und errechnet so den Lastgang
seiner Kunden. Der sogenannte Leistungspreis berechnet sich aus den Mittelwerten. Deshalb kann schon eine einzige Lastspitze innerhalb eines Jahres die Energiekosten negativ beeinflussen – auch wenn der durchschnittliche Leistungsbedarf niedriger liegt. Es gilt also, diese Peaks wo immer möglich zu vermeiden. Solche Lastspitzen entstehen zum Beispiel, wenn bei Schichtbeginn mehrere Maschinen gleichzeitig hochgefahren werden, die beim Anlauf verhältnismäßig viel Strom verbrauchen. Hier ist ein zeitversetztes Vorgehen wirtschaftlicher. Darüber hinaus können Maschinen mit hohem Stromverbrauch gegenseitig gesperrt werden. Energieintensive Prozesse sollten darüber hinaus in Tageszeiten mit günstigen Hochlastzeiten verschoben werden – sofern entsprechende Vereinbarungen mit dem Netzbetreiber getroffen wurden.

Beschaffung aktuell: Herr Rhein, in welchen Bereichen ist ein Energieberater tätig?

Daniel Rhein: Wir beraten grundsätzlich in zwei Bereichen: zum einen mit dem Schwerpunkt „Wirtschaftliche Beschaffung“, zum anderen mit dem Fokus auf die Technik. Die gesamtheitliche Betrachtung ist wichtig, weil eine Energieeinsparmaßnahme durchaus den Wegfall von Steuererstattungen zur Folge haben kann. Wir zeigen Zusammenhänge und bewerten Konsequenzen.

Beschaffung aktuell: Was umfasst die wirtschaftliche Energieberatung?

Rhein: Die wirtschaftliche Seite reicht aus meiner Sicht vom Energieeinkauf, über Steuern, Umlagen und Abgaben bis hin zu Förderprogrammen. Wir überwachen beispielsweise softwaregestützt die Preise der Energiebörse in Leipzig und informieren unsere Kunden zeitnah über relevante Preisschwankungen. Auch spielen Steuern und Abgaben eine immer größere Rolle. Nicht nur was die Kosten anbetrifft, sie erfordern durch die vielen Vorschriften und Gesetze einen immer höheren organisatorischen Aufwand. Diesen Aufwand kann ein Energieberater spürbar minimieren.

Beschaffung aktuell: Wann lohnt der Wechsel des Energieanbieters?

Rhein: Meist lohnt nicht der Wechsel, sondern die Nachverhandlung auf Basis der aktuellen Marktparameter. Als Energieberater wissen wir, zu welchen Konditionen die Versorger an der Börse einkaufen. In steigenden Märkten wissen wir auch, welche Versorger Restmengen mit Preisen günstiger als an der Börse anbieten. Nur falls es keine Einigung gibt, empfehlen wir den Wechsel.

Beschaffung aktuell: Gibt es einen Königsweg zum Energiesparen?

Rhein: Am Anfang steht immer die Potenzialanalyse. Dabei schauen wir uns das gesamte Unternehmen an – inklusive der Zahlen, die uns zur Verfügung gestellt werden. Im Anschluss erstellen wir gemeinsam mit dem Kunden eine Prioritätenliste. Sie berücksichtigt alle Rahmenbedingungen und Wechselwirkungen. Danach begleiten wir die Umsetzung und kümmern uns um Fördermöglichkeiten. Wichtig ist auf jeden Fall die ständige Erfolgskontrolle, ob die Einsparpotenziale auch tatsächlich erreicht wurden.

Beschaffung aktuell: Welchen Aufwand muss ein Unternehmen dafür treiben?

Rhein: Das lässt sich nicht beziffern und ist je nach Unternehmen unterschiedlich. Die Projekte können von einem Tag bis zu vielen Monaten laufen, dementsprechend liegt der finanzielle Aufwand zwischen ein paar Hundert oder ein paar Hunderttausend Euro. Entscheidend ist nicht nur die Gesamtsumme, sondern ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und nicht zuletzt auch die Amortisationszeit. Im Energieeffizienzbereich werden diese oft gelockert und können unserer Erfahrung nach sinnvollerweise bis zu acht Jahren dauern. Es ist vorteilhaft, in wirtschaftlich guten Zeiten zu investieren, um die Fixkosten in Krisenzeiten zu senken.


Michael Grupp,

freier Journalist in Stuttgart

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