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Transformation in der Versicherungsbranche

Dr. Thomas Germer, Group CPO der Ergo Group AG
„From a Payer to a Player“: Wie Ergo den Einkauf hochseetauglich macht

Die Versicherungsbranche steht unter großem Druck. Niedrige Zinsen, volatile Finanzmärkte zunehmende Wechselbereitschaft und veränderte Kundenbedürfnisse bei steigenden Qualitätsansprüchen erfordern dringend neue Strategien. Welchen Beitrag muss der Einkauf – in der Branche traditionell vornehmlich auf Sachkosten ausgerichtet – leisten? Dr. Thomas Germer, Group CPO der Ergo Group AG erklärt, wie er die Transformation angeht. „Meine Rolle ist nicht das Finden eines ruhigen Hafens, sondern Mannschaft und Prozesse hochseetauglich zu machen“, so der 42-Jährige.

Beschaffung aktuell: Sie kennen mittlerweile zwei große Player der Versicherungsbranche. Welche Potenziale muss der Einkauf bei Versicherern generell unbedingt heben?

Dr. Thomas Germer: Der Einkauf muss einen umfassenderen, nachhaltigeren Blick auf Kosten legen und sich stärker als interner Berater und Entscheidungsunterstützer positionieren. Auch bei Strategien für die optimale Wertschöpfungstiefe des eigenen Unternehmens heißt es, sich aktiv einzubringen. Der tradierte Fokus auf indirekte Kategorien und bloße Sachkosten ist zu eng und längst nicht mehr zielführend. Bei Ergo werden wir unsere Expertise künftig auch in direkten Warengruppen, also den Schaden- und Leistungsausgaben, einbringen.

Beschaffung aktuell: In der Ergo Group AG wird das deutsche, das internationale und das Direkt- und Digitalgeschäft in drei eigenen Einheiten gesteuert. Wie unterscheiden sich Anforderungen und Märkte?

Germer: Wir sind in über 30 Ländern aktiv. Im Jahr 2016 haben wir die Ergo Digital Ventures AG als Digitalsparte gegründet, die die digitale Transformation von Ergo vorantreibt. Unter diesem Dach wurde 2017 mit Nexible ein reiner Digitalanbieter unter eigener Marke auf den Weg gebracht. Unsere internen Kunden decken somit den gesamten unternehmerischen Lebenszyklus ab – von der Gründung über die Wachstumsphase bis hin zur Phase der Stabilisierung und Anpassung. Entsprechend unterschiedlich sind Größe, Wertschöpfungstiefe und Reifegrade der jeweiligen Organisationen – und eben auch die Anforderungen und Märkte. Das macht unsere Arbeit abwechslungsreich, aber auch anspruchsvoll. Diesen Fahrtwind muss man mögen.

Beschaffung aktuell: Ergo hat den Einkauf neu definiert. Woran macht sich das fest?

Germer: Die neue Struktur ist an einem umfassenderen und moderneren Verständnis des Einkaufs ausgerichtet. Die Funktion eines Group CPO wurde neu geschaffen. Ich berichte in dieser Funktion direkt an den Vorstand der Ergo Gruppe und habe ein umfassendes weltweites Mandat. Bei der Ausgestaltung genießen wir große Freiheiten, die für mein Team und mich Motivation und Ansporn sind. Wir dürfen und müssen das Thema Einkauf neu denken und als Teil des künftigen Erfolgs von Ergo positionieren. Frei nach dem Motto: „From a payer to a player“.

Beschaffung aktuell: Was ist Ihr ganz spezieller Auftrag als neuer Group CPO?

Germer: Ganz einfach: Ich habe einen wesentlichen Beitrag zum Strategieprogramm zu liefern. Daraus haben wir für den Einkauf unser Programm „Impact“ mit drei Schwerpunkten abgeleitet. Wir professionalisieren und digitalisieren den Einkauf weiter. Wir erweitern unseren Fokus auch auf direkte Warengruppen. Das sind Leistungen, die nicht Ergo-Kollegen, sondern Ergo-Kunden verbrauchen. Und wir internationalisieren unsere Arbeit: In der ersten Welle primär im europäischen Raum und in der zweiten Welle außerhalb der EU.

Beschaffung aktuell: Und wie sehen Ihre persönlichen Ziele im neuen Umfeld aus?

Germer: Meine Mannschaft soll ein wichtiger Baustein des künftigen Erfolgs sein. Der Einkauf wird sich zu einem Branchenstandard weiterentwickeln, auf den auch andere Industrien aufmerksam schauen.

Beschaffung aktuell: Sehr ambitioniert, aber immerhin ein klares Statement. Wie wollen Sie das schaffen?

Germer: Ohne hohe Ziele keine Herausforderung (lacht). Ich setze beispielsweise auf innovative Kooperationsformen und neue Anreiz- und Honorarmodelle mit Anbietern. Warum sollen wir Dienstleister, die mir unseren Endkunden in Kontakt stehen, nicht beispielsweise auch für die Verbesserung des Net Promotor Score bezahlen? Bei der Zusammenarbeit mit unseren internen Kunden arbeiten wir gemeinsam mit den Kollegen aus dem Controlling bereits an Ideen, wie man durch eine anreizorientiertere Budgetsteuerung die frühzeitige Einbindung und den Mehrwert des Einkaufs erhöhen kann.

Beschaffung aktuell: Versicherer brauchen Strategien, um Wechselbereitschaft und Erwartungen der Kunden an neue Technologien in der Kundenkommunikation zu begegnen. Zauberwort: Services.

Germer: Genau. Unsere Kunden erwarten Services, die sie aus anderen Branchen kennen. Wir müssen darauf mit einem entsprechenden Angebot reagieren: online, intuitiv, mit schneller und effizienter Verwaltung, kurzen Antwortzeiten und neuen Produkten – komplettiert durch persönliche Beratung vor Ort oder online. Beispiel IT: Wir werden hier in den kommenden Jahren im Rahmen des Strategieprogramms über 400 Mio. Euro investieren. Das setzt neue Anforderungen in Bezug auf Geschwindigkeit, Qualität und nachhaltiges Denken – auch an den Einkauf.

Beschaffung aktuell: Welche Konsequenzen haben veränderte Kundenbedürfnisse und steigende Qualitätsansprüche für den Einkauf?

Germer: Unser Beitrag geht weit über Bestellungen und Preisverhandlungen hinaus. Wir bauen unsere Rolle als kaufmännischer Berater aus und automatisieren parallel die eher transaktionalen Aufgaben stärker, um mehr Zeit für strategische Tätigkeiten zu haben. Nicht-wertschöpfende Sonderfälle werden konsequent zurückgefahren. Dafür investieren wir in Know-how und intelligente Prozesse und Systeme, um die Schlagkräftigkeit zu erhöhen.

Beschaffung aktuell: Braucht es dazu auch ein anderes Mindset der Mitarbeiter?

Germer: Das Thema Kundenverständnis spielt eine große Rolle. Schließlich fordern wir eine enge Vernetzung und frühzeitigen Dialog mit den Fachbereichen. Wir sprechen auch Vorgänge an, die nicht optimal laufen. Meine Mannschaft ist da auf einem guten Weg. Das merke ich daran, dass wir zunehmend von Fachbereichen eingeladen werden, um vorab einkaufsbezogene Themen zu diskutieren. Und die Fachbereiche haben großen Spaß an den gemeinsamen Erfolgen, das kann ich aktuell bei der Zusammenarbeit mit dem Marketing beobachten. Der Mehrwert einer frühzeitigen Einbindung des Einkaufs im Haus wird also erkannt. Und wo dies noch nicht so ausgeprägt ist, laden wir uns auch schon mal selbst ein (lacht).

Beschaffung aktuell: Was bedeutet das für die Lieferanten?

Germer: Bei uns zählt nicht nur der Preis. Wir sind auch offen für Innovationen, die einen Mehrwert bieten. Innovative Lieferanten tun gut daran, aktiv auf uns zuzugehen. Wir sind sehr offen und planen beispielsweise Innovationstage, um mit neuen Lieferanten ins Gespräch zu kommen.

Beschaffung aktuell: Ergo-Produkte sind nicht immer die preisgünstigsten …

Germer: Ergo-Produkte sind nicht immer die preisgünstigsten … Uns ist es wichtig, bei einem einmaligen Kundenerlebnis wettbewerbsfähige Kostenstrukturen sicherzustellen. Solange ein Service oder ein Anbieter besser ist als er teuer ist, finden wir einen Weg der Zusammenarbeit. Das zieht sich durch unser gesamtes Unternehmen mit seinen vielfältigen Bedarfen und lokalen Organisationen. Wir sehen überall die Notwendigkeit von kaufmännisch vertretbaren Lösungen und von Mehrwert, aber auch Differenzierungsfaktoren für den Kunden. Einkauf bei Ergo fokussiert sich daher nicht auf „günstiger“, sondern auf „besser“.

Beschaffung aktuell: Einkäuferisches Kostenmanagement bedeutet ja die Betrachtung der Gesamtkosten für die kreditorischen Ausgaben eines Unternehmens, inklusive Prozess- und Organisationskosten. Hat der Einkauf hierbei die Rolle des Kostenmanagers schon übernommen?

Germer: Bezüglich des Verständnisses und Mandats ja. Die Rolle wird aber derzeit noch unterschiedlich stark gelebt. Das liegt an zwei Faktoren: Zum einen ist die Wahrnehmung des Einkaufs historisch bedingt eher transaktional, so dass man bei strategischen Entscheidungen nicht immer an Einkauf denkt, sondern erst bei der Abwicklung. Zum anderen haben wir – und das auch durch die historische Positionierung bedingt – nicht immer einen „track record“ und vollen Werkzeugkasten, um diese Rolle auch bei den beschriebenen Anforderungen auszufüllen. Mein Team und ich arbeiten an beiden Aspekten: Besser werden und mehr Marketing in eigener Sache betreiben.

Beschaffung aktuell: Wie gelangen die weltweiten Bedarfe heute zum Einkauf? Und in Zukunft?

Germer: In Deutschland haben wir – bis auf letzte noch bestehende Ausnahmen – einen zentralen Einkauf etabliert, um Ressourcen nicht unnötig zu doppeln. Diesen Ansatz unterstütze ich auch in den anderen Ländern. Bisher findet länderübergreifend noch eine eher projektbezogene Zusammenarbeit statt, die je nach Warengruppe und Land unterschiedlich intensiv ausgeprägt ist. Für die künftige Struktur der internationalen Zusammenarbeit haben wir bereits erste Ideen entworfen, die wir mit den Einkaufsteams in den Ländern diskutieren und ausgestalten werden. Internationalität ist ein Geschenk, das wir im Einkauf gerade erst auspacken. Am Einkauf wird man sehr schnell erkennen, dass Ergo nicht mehr ein deutsches Unternehmen mit ausländischen Töchtern ist, sondern eine internationale Versicherungsgruppe mit Wurzeln in Deutschland.

Beschaffung aktuell: Welche Commodities bearbeiten Sie in Ihrer Gruppe?

Germer: Zu den größten Commodities zählen Professional Services, IT sowie Advertising und Communication. Dann kommen Facility Management, Transport und Logistik, Travel, Office Support und Fleet. Bei den direkten Commodities befinden wir uns noch in der Bestandsaufnahme.

Beschaffung aktuell: Was lässt sich zukünftig besser bündeln?

Germer: Bündeln hat für uns zwei Aspekte. Innerhalb eines Landes und einzelner Einheiten können wir unseren Bedarf noch stärker bei Vorzugslieferanten bündeln. Das bedeutet: Bessere Qualität und Kosten, leichteres Lieferantenmanagement sowie einfachere Prozesse. Das ist auf alle Warengruppen anwendbar und gerade im Dienstleistungsbereich besonders spannend und herausfordernd, wenn man beispielsweise an Strategieberater oder Headhunter denkt. Länderübergreifend sehen wir Bündelung differenziert. Je lokaler die Beschaffungsmärkte, desto stärker bündeln wir eher Know-how statt Volumina, beispielsweise bei Facility Management Services und Zeitarbeit.

Beschaffung aktuell: Was macht Ausschreibungen so kompliziert in diesem Bereich?

Germer: Mit dem Thema habe ich mich in der Vergangenheit bereits intensiv auseinandergesetzt. Am Ende des Tages braucht man Beschreibbarkeit von Produkten und Services sowie Rivalität am Markt. Beschreibbarkeit wird dabei oft mit „Einfachheit“ gleichgesetzt – das ist eine unnötige Einschränkung und Verkleinerung des Aktionsradius. Wir sind bei Ergo auch mit komplizierten Ausschreibungen – beispielsweise für Beratungseinsätze – erfolgreich. Rivalität wird oft mit „vielen Anbietern“ gleichgesetzt. Auch das trifft es nicht immer. Es gibt sehr wettbewerbsintensive Märkte mit nur zwei Anbietern und eher verschlafene Märkte mit vielen Anbietern. Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Ausschreibungen fair, transparent und klar sind. Nur so stellen wir sicher, dass auch bei künftigen Ausschreibungen wieder viele Unternehmen teilnehmen werden.

Beschaffung aktuell: Welche technischen Plattformen nutzen Einkauf und interne Bedarfsträger heute schon? Und wo bestehen noch Medienbrüche?

Germer: Basis ist eine SAP MM R/3-Lösung mit SAP SRM 7.0. Daneben gibt es eine Vielzahl von Lösungen für Kataloge, Kontraktverwaltung, Ausschreibung, Rechnungsprüfung etc., teilweise angebunden, teilweise stand-alone. Bei den anderen Ländern erwarten wir ein ähnlich vielfältiges Bild – die Bestandsaufnahme läuft. Die unterschiedlichen Systeme resultieren aus der Historie unseres Unternehmens. Wir prüfen aktuell, wie wir unsere IT fit machen für die Zukunft. Dabei geht es um zwei Punkte: Effizient produzieren im operativen Einkauf und effektiv beraten im strategischen Einkauf.

Beschaffung aktuell: Haben technische Lösungen wirklich das Potenzial, Silo-Denken nachhaltig abzubauen?

Germer: Silo-Denken nein, Silo-Handeln ja. Am Silo-Denken müssen wir gemeinsam arbeiten. Unverständnis gegenüber den Fachbereichen hilft dabei nicht. Silo-Denken ist oft nur das Spiegelbild einer Vielzahl extrem anspruchsvoller Projekte mit hohem Ergebnisdruck. Dass die Kolleginnen und Kollegen aus den Fachbereichen zunächst versuchen, ihre Themen zum Erfolg zu führen, ist richtig und nachvollziehbar. Es liegt an uns, zu erklären, warum es übergreifend besser läuft. Hier gilt das Motto: nicht klagen, sondern erklären und besser machen. Dann haben wir die Chance aufzuzeigen, dass Silo-übergreifendes Denken und Handeln einen Mehrwert für alle bietet. Um diesen Punkt zu operationalisieren und Leitplanken zu schaffen, ist eine technische Lösung sinnvoll. Aber Nachhaltigkeit entsteht in Köpfen, nicht in Computern.

Beschaffung aktuell: Wie agiert der Einkauf in Sachen neue Geschäftsmodelle und Dienstleister? Mehr Apps, weniger Papier – und dann?

Germer: Wir müssen uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass wirkliche Verbesserungen meistens nicht alleine durch die Optimierung des Bestehenden zustande kommen, sondern auch durch das Etablieren neuer Lösungen. Das kann zum Beispiel eine App sein. Oder: Portokosten senken wir nicht nur durch Verhandlungen mit Postdienstleistern, sondern vor allem durch aktive Mitarbeit in Projekten der Kundenkommunikation. Wir sind ständig im Austausch mit unseren internen Kunden und laden auch externe Anbieter ein, aktiv Vorschläge zu machen. Wichtig ist dabei das Problem zu verstehen und nicht mit einer möglichen technischen Lösung anzufangen. Maxime für uns ist, immer aus Kundensicht zu denken – egal ob intern oder extern.

Beschaffung aktuell: Über Digitalisierung wird in Einkaufsabteilungen zwar diskutiert; aber nur in wenigen Fällen wurde bisher konsequent optimiert. Transformation konzentriert sich vorrangig in den typischen Warengruppen Verwaltungs- und Personalsachkosten und weniger bis kaum in den Dienstleistungswarengruppen oder im Schadenmanagement. Wie sieht es bei Ergo aus?

Germer: Wir transformieren das gesamte Unternehmen und damit auch den Einkauf. Digitalisierung hat hohe Priorität. Sie ist kein Selbstzweck, sondern zwingende Voraussetzung, um effizienter produzieren und effektiver beraten zu können. Für alle Warengruppen haben wir ein umfassendes Mandat. Entsprechend transformieren wir auch die Dienstleistungswarengruppen, auch wenn dort der Preishebel leichter zu beeinflussen ist als der Mengenhebel. Das Mandat umfasst außerdem die Schaden- und Leistungsausgaben. Im nächsten Schritt gilt es, die dortigen Erfahrungen intelligent mit den Kompetenzen des Einkaufs zu kombinieren.

Beschaffung aktuell: Wie entwickeln Sie im Einkauf Mitarbeiter weiter und wie nehmen Sie Ängste hinsichtlich Anforderungen in Sachen Disruption?

Germer: Die Transformation der Mannschaft basiert auf drei Säulen: Zum einen Verständnis für Branche, Kunden, Märkte und die darauf abgeleitete Strategie der Ergo und des Einkaufs. Jeder muss die Chance haben, zu verstehen, was auf uns zukommt und wie wir uns aufstellen müssen, um auch künftig erfolgreich zu sein. Das bedeutet auch bei den Fachbereichen Verständnis für Ausgangssituation sowie Denk- und Verhaltensmuster des Einkaufs zu erzeugen. Zweite Säule: Einbindung. Mein gesamtes Team ist eingeladen, sich in die Entwicklung und Ausgestaltung der Strategie einzubringen. Und viele Kolleginnen und Kollegen nutzen das. Auf Basis von Leitplanken arbeiten Arbeitsgruppen konkrete Vorschläge für Verbesserungen aus. So sind auch „Impact!“ als Name unseres Einkaufsstrategieprogramms und das Logo entstanden. Darauf bin ich sehr stolz. Dritter Faktor: Ehrlichkeit. Auf Basis der neuen Anforderungen leiten wir die optimale Rolle und den Weiterentwicklungsbedarf für den Einzelnen ab. Dazu gehört auch, über Sorgen zu reden. Meine Rolle ist allerdings nicht das Finden des ruhigen Hafens, sondern meine Mannschaft und Prozesse hochseetauglich zu machen.

Beschaffung aktuell: Wie gehen Sie das diffizile Thema Einkauf von Dienstleistungen an?

Germer: Neben dem Preishebel, den wir als Einkauf relativ eigenständig bespielen können, ist der Mengen- und Qualitätshebel zentral für das Kostenmanagement von Dienstleistungen. Um ihn bewegen zu können, müssen wir die Anforderungen der Fachbereiche kennen und frühzeitig in Prozesse involviert sein. Entsprechend wichtig ist eine intensive und frühzeitige Zusammenarbeit. Daran arbeiten wir. Und wir haben noch eine Reihe anderer Ideen im Kopf.

Beschaffung aktuell: Welche Maßnahmen haben sich dabei als erfolgreich erwiesen?

Germer: Das sind klassische Maßnahmen wie Vorzugspartnerkonzepte, Trennung von Konzeption und Produktion sowie Transparenz über die Konditionen. Und wir erzielen gute Ergebnisse, indem wir gemeinsam mit den Fachbereichen die Zusammensetzung von Beraterteams – insbesondere bei der Managementberatung und Kreativleistungen – kritisch hinterfragen. Natürlich sind auch wir hierbei zwei bekannten Phänomenen ausgesetzt: wenig Zeit für eine Ausschreibung seitens der Fachbereiche und teilweise sogar das Infragestellen des Aufwands, da man ganz schnell starten müsste und auch schon einen Dienstleister kennt.

Beschaffung aktuell: Und wie reagiert bzw. agiert der Einkauf in diesem Fall?

Germer: Die Kunst liegt darin, die echten Notfälle zu erkennen und dennoch zu versuchen, die Leistungen ausreichend zu spezifizieren – was spätestens bei der Vertragserstellung sowieso geschehen muss – um dann noch ausschreiben zu können. Meine Erfahrung ist, dass die beschriebene zögerliche oder ablehnende Haltung daher rührt, dass schlichtweg keine Transparenz über die kaufmännischen Auswirkungen vorhanden ist. Wir arbeiten daher intensiv an der Kommunikation und zeigen Erfolgsbeispiele. Für unsere Fachbereiche ist Einkauf wie ein Fitnessstudio: Durch die reine Anmeldung wird nichts besser – man muss auch hingehen, um Erfolge zu erzielen.

Beschaffung aktuell: Ein schönes Gleichnis. Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview für die Beschaffung aktuell führte die Journalistin und Kommunikationsexpertin Sabine Ursel.


Der Mann

Dr. Thomas Germer

1975 geboren in Hamburg; BWL-Studium an der Universität Gießen; Stationen: Berater bei der Horváth AG; Promotionsstudium an der WHU Otto Beisheim School of Management, ausgezeichnet mit dem BME-Wissenschaftspreis; Mitgründer/Geschäftsführender Gesellschafter der Navardo GmbH; Principal bei der h&z Unternehmensberatung AG; Manager und später Abteilungsleiter Insurance Procurement bei der Axa Konzern AG; CPO bei Axa; seit 2017: Group CPO bei der Ergo Group AG; Germers Einkaufsteam in Deutschland umfasst rund 70 Mitarbeiter.


Das Unternehmen

Ergo Group AG

Ergo ist eine der großen Versicherungsgruppen in Deutschland und Europa. Weltweit ist die Gruppe in mehr als 30 Ländern vertreten und konzentriert sich auf die Regionen Europa und Asien. Unter dem Dach der Gruppe steuern drei Einheiten das deutsche und internationale Geschäft sowie das Digital- und Direktgeschäft (Ergo Deutschland, Ergo International und Ergo Digital Ventures).

Knapp 44 000 Menschen arbeiten als angestellte Mitarbeiter oder als hauptberufliche selbstständige Vermittler für die Gruppe. 2016 nahm die Versicherung 17 Mrd. Euro an Beiträgen ein und erbrachte für ihre Kunden Versicherungsleistungen von 16 Mrd. Euro.


Maxime für uns ist, immer aus Kundensicht zu denken.“
Dr. Thomas Germer


Unsere Transformation der Mannschaft basiert auf drei Säulen: Verständnis, Einbindung, Ehrlichkeit“
Dr. Thomas Germer

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