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Neue Mobilitätskonzepte für den Fuhrpark im Check

Fuhrpark
Neue Mobilitätskonzepte im Check

Wie sieht die Flotte der Zukunft aus? Welche unentdeckten und umweltverträglichen Mobilitätsangebote gibt es, die Mitarbeiter locken und binden? Die Unterschiede liegen in der Fortbewegungsart, im Antrieb und in der vertraglichen Gestaltung. Der Trend geht weg von der reinen Dienstwagenbeschaffung und hin zu Fahrrad-Leasing, Jobticket und Kurzzeitmiete.

Betrieblicher Mobilitätsmanager lautet die Berufsbezeichnung für einen Job mit Zukunft. Eine Verschmelzung aus Einkäufer, Fuhrparkmanager, Mobilitätsexperte und Tourismuskaufmann mit der Aufgabe, die Mobilität eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter sicherzustellen. „Es geht um betriebliche Bedarfe und Lösungen über alle Möglichkeiten der Fortbewegung, um Flug- und Bahnverkehr, um gemietete, geleaste oder gekaufte Fahrzeuge, um öffentlichen Verkehr und neue Angebote der vernetzten Mobilität bis hin zu Radverleihsystemen“, beschreibt Professor Uwe Clausen, Leiter Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) & Institut für Transportlogistik (ITL), Technische Universität Dortmund, den Tätigkeitsbereich. „Wichtig ist ein umfassender Blick auf die Mobilität der Mitarbeiter; dies schließt die berufliche Fortbewegung wie Vertriebsfahrten oder Dienstreisen, aber auch das tägliche Pendeln zur Arbeit sowie den ruhenden Verkehr ein.“

Wettbewerbsvorteil Mobilität. Einkauf und Fuhrparkmanagement müssen sich darüber im Klaren sein, dass Mobilität nicht mehr nur dem reibungslosen Betriebsablauf dient, sondern auch zur Mitarbeiterbindung beitragen kann. Sie wird zu einem strategisch wichtigen Werkzeug beim Ringen um Talente. „Gute Mobilitätsangebote werden zu einem Motivationsfaktor, fehlende Angebote zu einem Wettbewerbsnachteil“, bringt es Experte Clausen auf den Punkt. Und „Angebote“ meint nicht nur die sture Dienstwagenbeschaffung, sondern ein schlüssiges Mobilitätskonzept, das für alle individuellen Wünsche der begehrten Fachkräfte etwas im Angebot hat.

Alte Standards haben ausgedient

„Die Anforderungen an flexible und unkomplizierte Mobilitätslösungen steigen“, bestätigt Jürgen Petschenka, Commercial Director bei LeasePlan Deutschland, einer großen Leasinggesellschaft mit Sitz in Düsseldorf. „Unsere Kunden denken derzeit in viele verschiedene Richtungen.“ Dabei geht ein Trend vom Privaten – Stichwort: Sharing Economy – ins Geschäftliche über: Teilen statt Besitzen. „Der Eigentumsgedanke spielt nicht mehr eine so große Rolle. Die Unternehmen wollen einfach Fahrzeuge nutzen können, ohne unnötige finanzielle Risiken einzugehen“, sagt Clemens Stadler, Geschäftsführer von Starent Trucks & Trailers. Der Nutzfahrzeuganbieter aus Österreich ist überzeugt, „dass sich die Miete langfristig besser entwickeln wird.“

Ein weiterer Trend: mehr Individualität

„Im Unternehmen muss der optimale Modal Split für unterschiedliche Nutzergruppen identifiziert werden“, sagt Uwe Clausen. „Insbesondere junge Mitarbeiter wünschen sich Mobilitätsalternativen zum Pkw.“ Die Bedarfe innerhalb der Belegschaft sind mittlerweile höchst unterschiedlich: dem einen ist durch eine Bahncard 100 geholfen, die er auch privat nutzen kann; der andere wohnt so nahe, dass er sich mehr über ein geleastes Dienstfahrrad oder einen E-Scooter freut als über einen unhandlichen Dienstwagen. Ein anderer ist happy, dass er durch Downsizing seines Dienstwagens – also der Wahl eines günstigeren Fahrzeugs – die Differenz zwischen den Leasingraten auf seinem Mobilitätskonto gutgeschrieben bekommt. Von Jobticket und Corporate Carsharing (siehe Kasten) können Mitarbeiter auf sämtlichen Ebenen profitieren.

Der Diesel hat ausgedient

Um einer breiten Gruppe der Belegschaft Mobilsein zu ermöglichen, bietet sich ein Konto, Mobilitätsbudget genannt, an. „Mitarbeiter können dann sowohl öffentliche Verkehrsmittel als auch Sharing-Fahrzeuge, Mietwägen, Mitfahren unter Kollegen und Ähnliches im Rahmen ihres Budgets nutzen“, erläutert Clausen. Der Arbeitgeber kann seiner Fantasie freien Lauf lassen und das Budget beliebig zusammenstellen: mit einem vorgegebenen Geldbetrag, einem bestimmten Etat an Kilometern oder sogar einem maximalen CO2-Volumen. Auch Prepaid-Kreditkarten kommen bereits zum Einsatz. Weil beim Budget-Modell Datenschutz und Versteuerung tangiert sind, sollte die Einführung als Chefsache behandelt und gründlich mit Lohnbuchhaltung, Datenschutzbeauftragtem und Betriebsrat abgestimmt werden.

Es gibt etliche Alternativen, aus denen für jede Anforderung gewählt werden kann. „Wir sehen hier ein Miteinander der Mobilitätslösungen je nach Anwendungsfall“, sagt LeasePlan-Manager Petschenka. Während der Elektromotor Einzug in die Pkw-Flotte hält, sind Reichweiten von rund 100 Kilometern im Nutzfahrzeugbereich bis 3,5 Tonnen noch zu gering. „Das erlaubt nur einen Einsatz auf der ‚letzten Meile‘“, so die Einschätzung von Starent-Geschäftsführer Stadler. „Aus unserer Sicht wird sich hier Gas als Treibstoff wesentlich interessanter entwickeln.“

Bei der Leasinggesellschaft Arval Deutschland hat man als Pilotprojekt den Fuhrpark des Mutterkonzern BNP Paribas mit rund 800 Fahrzeugen komplett neu aufgestellt, und zwar nach den Grundsätzen der Corporate Social Responsibility (CSR). Christian Schüßler, Commercial Director bei Arval, erläutert: „Wir haben einen strukturierten Fünf-Schritte-Prozess entwickelt, um den Fuhrpark gemäß unserer CSR-Ziele nachhaltig und wirtschaftlich umzustrukturieren.“ Ersparnis: Ein sechsstelliger Geldbetrag und 21 Tonnen CO2 im Jahr.

Der Eigentumsgedanke spielt nicht mehr eine so große Rolle. Die Unternehmen wollen einfach Fahrzeuge nutzen können, ohne unnötige finanzielle Risiken einzugehen.“

Clemens Stadler

Mobilitätsbudget: Mitarbeiter können dann sowohl öffentliche Verkehrsmittel als auch Sharing-Fahrzeuge, Mietwägen, Mitfahren unter Kollegen und Ähnliches im Rahmen ihres Budgets nutzen.“

Uwe Clausen


Fahrzeugbeschaffung

Unterschiedliche Vertragsmodelle

Kurzzeitmiete sichert die Mobilität in Unternehmen für einen kurzen Zeitraum von wenigen Stunden oder Tagen. Die Vorteile: schnelle Buchung, kurzfristige Verfügbarkeit und Bereitstellung an vielen Orten. Der große Nachteil: Verhältnismäßig teuer.

Langzeitmiete schließt schnell und flexibel Lücken im Fuhrpark ab einem Monat bis hin zu mehreren Jahren. Je länger die Vertragslaufzeit, desto mehr kann auf Kundenwünsche bei der Fahrzeugausstattung eingegangen werden. In dem festen monatlichen Preis sind die meisten Nebenkosten enthalten. Die Laufzeit ist flexibel, sodass das Fahrzeug jederzeit zurückgegeben werden kann. Trotz der längerfristigen Investition resultiert aus der Miete keinerlei Eigentum.

Leasing: Der Leasingnehmer trägt alle Rechte, Pflichten und Risiken selbst, die bei der Miete der Autovermieter trägt. Im Gegensatz zur Langzeitmiete haftet er für Beschädigungen und für den Ausfall. Dafür sind die finanziellen Aufwendungen bei dieser Vertragsform niedriger. Zwar geht das Fahrzeug auch hier nicht ins Eigentum über, aber individuelle Kundenwünsche bei der Ausstattung können berücksichtigt werden.

Kauf: Das Wunschfahrzeug kann individuell konfiguriert werden und geht, gegen hohe Anschaffungskosten, in das Eigentum über (evtl. anders bei einer Sicherungsübereignung im Rahmen einer Finanzierung).

Carsharing unterscheidet sich von der rechtlichen Konstruktion der Miete nicht, funktioniert aber in der Regel online und/oder mit einer App. Das ermöglicht spontanes, schnelles Ausleihen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Abrechnung erfolgt minuten- oder kilometergenau. Wie bei Miete und Leasing: kein Eigentumserwerb.

Corporate Carsharing meint die gemeinsame Nutzung betriebseigener Fahrzeuge durch mehrere Mitarbeiter. Die hierfür zur Verfügung gestellten „Poolfahrzeuge“ stehen im Eigentum des Unternehmens. Sie sind nicht – wie ein Dienstwagen – einem einzelnen Mitarbeiter zugeordnet.


Anja Falkenstein, Rechtsanwältin, Karlsruhe

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