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Kostentransparenz beim Einkauf von Dienstleistungen

Einkauf von Dienstleistungen
innogy: Auch Personalverrechnungssätze lassen sich filetieren

innogy: Auch Personalverrechnungssätze lassen sich filetieren
Kompetenz Center Personalverrechnungssätze: Olaf Bollermann, Sabine Mückenhausen, Dirk Schröder (v. l). (Bild: Sabine Ursel)
Annahme: Sie benötigen Elektriker, holen Angebote ein und stellen fest: Ein Anbieter ruft 35 Euro Vergütung pro Stunde auf, ein anderer veranschlagt 40 Euro. Haben Sie sich je darüber Gedanken gemacht, warum der eine 5 Euro teurer ist? Das Kompetenz Center Personalverrechnungssätze der innogy SE macht genau das. Die Spezialisten zeigen transparent auf, warum eine Leistung teurer ist als die andere. Das bringt fundierte Argumente für Nachverhandlungen.

Kostenanalytiker im Materialeinkauf gibt es viele. Sie zerlegen ein Bauteil, beziffern die einzelnen Kostenbestandteile und bauen es wieder zusammen … Fertig ist der Zielpreis. Das macht auch das Kompetenz Center Personalverrechnungssätze (KCP) im Konzerneinkauf der innogy, nur eben nicht für Bauteile, sondern für Dienstleistungen. Diese machen einen Anteil von 70 Prozent des Beschaffungsvolumens im Konzerneinkauf des Unternehmens aus. Damit leistet innogy hier Pionierarbeit. Woran zeigt sich das? Bis heute gibt es weder geeignete Tools oder Datenbanken zur Kalkulation von Verrechnungssätzen noch ausgebildete Experten am Markt. Die Kombination der benötigten Qualifikationen aus Affinität für Kalkulationen und den klassischen Einkaufskompetenzen aus Verhandlungsstärke und Durchsetzungsfähigkeit ist selten.

Spreizung bei Preisen bis zu 25 Prozent

Hervorgegangen ist das KCP aus einem vom Konzerneinkauf beauftragten Beratungsprojekt. Dabei fand man heraus, dass aufgrund der Warengruppenstruktur des Konzerneinkaufes für ein und dieselbe Leistung beim gleichen Lieferanten unterschiedliche Preise mit bis zu 25 Prozent Spreizung existierten. Das neu gegründete KCP hatte dies zu hinterfragen und gleichzeitig zu analysieren, ob diese Spreizung gerechtfertigt ist oder nicht. Abteilungsleiterin Sabine Mückenhausen und ihre Kollegen wurden von anderen Tätigkeiten freigestellt, um sich grundlegend in die neue Thematik einarbeiten zu können. Sie entwickelten ein bereits existierendes Kostenkalkulationsschema weiter, holten zum Beispiel Informationen aus Tarifverträgen, zu Entgelten und Eingruppierungen ein und rechneten nach – immer unter der Maßgabe, den Fremdfirmenmitarbeitern sämtliche ihnen zustehenden tarifvertraglichen Ansprüche zu vergüten. Schnell ergaben sich Aha-Effekte: Verdeckte Margen zeigten sich beispielsweise bei der Nachberechnung von Reisekosten oder von Zuschlagsstunden. „Auch die genaue Betrachtung der Einsatzzeiten beim Auftraggeber ist interessant. Es macht durchaus Sinn, für einen Fremdleistungstag 40 statt 38 Stunden anzusetzen, weil dann andere Kosten, z.B. Reisekosten, auf mehr Stunden umgelegt werden können“, sagt Sabine Mückenhausen.

Das KCP beschränkt sich jedoch nicht auf die Berechnung der Zielpreise, sondern unterstützt die anderen Einkaufskollegen auch bei der Verhandlung mit den Lieferanten. Sabine Mückenhausen: „Zulieferer staunten zum Teil nicht schlecht, als ihnen dezidierte Kostenstrukturanalysen zu den Verrechnungssätzen vorgestellt wurden.“ So entwickelte sich die Verhandlung weg von reinen auf Benchmarks gestützten Methoden hin zu einer nachvollziehbaren kostenbasierenden Methodik. Die Akzeptanz dieser Kostenstrukturanalyse beim Lieferanten ist durchaus unterschiedlich: Manch einer fürchte laut Mückenhausen die damit einhergehende Kostentransparenz. Viele jedoch sähen darin eine Chance zur Kostensenkung. Das KCP zeige ihnen zum einen auf, welche Kosten im Vergleich zu den Wettbewerbern höher liegen. Zum anderen würden so nicht mehr – wie bei einer Benchmark-gestützten Verhandlung – alle Lieferanten in einen Topf geworfen, sondern spezifische Kostensituationen des jeweiligen Lieferanten nach Validierung berücksichtigt. Das steigere das Image des Einkaufs auch extern. „Wir reden heute auf Augenhöhe mit den Dienstleistern“, sagt Dirk Schröder, Leiter Procurement Services der innogy. Seine Erfahrung: Bedarfsträger und Lieferanten wünschten sich qualifizierte Einkäufer und nicht reine Preisdrücker. Nicht jeder Lieferant gebe gerne Vertrauliches preis, aber so mancher habe sich auch anerkennend angesichts neuer Informationen und Erkenntnisse über die eigenen Strukturen geäußert.

Mittlerweile wurde ein festes Team aus vier Mitarbeitern etabliert, das die Kollegen im Konzerneinkauf bei Ausschreibungen oder Verhandlungen mit Bestandslieferanten unterstützt. Gemeinsam erreichte Einsparungen würden den zuständigen Einkäufern der Warengruppen zugeschrieben. „Man kann uns für die Unterstützungs- und Beratungsleistungen buchen. Jeder darf sich in unseren Kalender eintragen“, sagt Olaf Bollermann, Mitarbeiter des KCP. Der strategische Einkäufer bleibt jedoch zu jeder Zeit in der Hauptverantwortung. Das KCP liefert eine Methodik zur Transparenzmachung der Verrechnungssätze. „Zusammen mit den Markt- und Warengruppenkenntnissen des strategischen Einkäufers und der technischen Expertise des Fachbereiches ergibt dies ein wirkungsvolles Trio. Wir dirigieren nicht von oben herab, sondern bringen unsere Erkenntnisse ein und reichern die Wissensbasis mit dem Know-how der Einkäufer an. Die einkäuferische Tätigkeit können wir indes nicht ersetzen“, betont Bollermann.

Verstärkter Lerneffekt

Langweilig wird den Mitarbeitern des KCP nicht. Sie sind zuständig für den gesamten Konzerneinkauf und haben damit Einblick in alle Warengruppen, in denen Dienstleistungen beschafft werden. Dies wiederum führt zu einem verstärkten einkaufsweiten Lerneffekt: Denn Erkenntnisse der einen Warengruppe können in eine andere Warengruppe übertragen und dort zielführend eingesetzt werden. „Als lernende Organisation“ bezeichnet Olaf Bollermann die Zusammenarbeit des Konzerneinkaufs mit dem KCP. Auch eine stetige interne Weiterentwicklung ist den Mitarbeitern wichtig. Da es nach den Erfahrungen von innogy am Markt keine geeignete Datenbank für Kalkulationen von Verrechnungssätzen sowie zur Benchmark- und Gemeinkostenanalyse gab, entwickelten die Mitarbeiter diese einfach selbst. Das KCP möchte seinen Fokus auch auf die kalkulatorische Analyse von Leistungsverzeichnissen ausdehnen. Als weiterer Schritt steht das Ausrollen der Leistung auch auf die internationalen Standorte an – alles andere als trivial. Der Grund: Tariflandschaften und Anspruchsgrundlagen sind länderspezifisch unterschiedlich. Ein internationales Ausrollen ist daher auch nur mit landessprachlichem Personal und Wissen möglich.


Was bringt es?

Kostenstrukturanalyse im Fremdpersonalbereich

  • Kostenanalytische Aussagen zu Zielkosten je Qualifikation und Vertragsart
  • Transparenzmachung der Kostenbestandteile des Lieferanten über das Open-Book-Verfahren und Diskussion dieser Erkenntnisse mit den Lieferanten
  • Erreichung nachhaltiger Ergebnisbeiträge durch Reduzierung der Basis für Preissteigerungen bei künftigen Tariferhöhungen
  • Schaffung und Schärfung des Kostenverständnisses der Bedarfsträger durch Aufzeigen einzelner Kostenbestandteile

Sabine Ursel, freie Journalistin

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