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Materialeinsatz effektiv gestalten

Einsparpotenziale
Materialeinsatz effektiv gestalten

Knapp 40 Prozent ihrer Ausgaben wendet die verarbeitende Industrie für den Einkauf von Material auf. Entsprechend groß sind die Potenziale, um Kosten zu senken. Dem Einkauf kommt dabei eine Schlüsselstellung zu, wie Beispiele aus verschiedenen Unternehmen zeigen. 

Es gibt Wendepunkte, die auch Experten erst im Rückblick auffallen. Je länger die Zäsur zurückliegt, desto schärfer wird der Blick. Die Finanzkrise, die im Jahr 2007 mit dem Platzen der Immobilienblase in den USA ihren globalen Lauf nahm, ist so ein Fall. „Die Märkte für Rohstoffe, aber auch für Halbzeuge wie Stahl sind seither deutlich instabiler geworden“, bemerkt Frank Rösch vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME). Vorangetrieben wird das Auf und Ab der Preise durch die teilweise rasante Entwicklung der Schwellenländer, insbesondere Chinas.

„Die Einkäufer stehen doppelt unter Druck. Sie müssen vorausschauender als früher agieren. Doch sie können nicht sicher sein, dass die Minderausgaben für Material zu mehr Umsatz oder Gewinnsteigerungen führen“, sagt Rösch. Michael Jaeger pflichtet ihm bei. „Schließlich wird der Markt von unseren Kunden genauso präzise beobachtet“, sagt der Einkaufsleiter der Maschinenfabrik Heinrich Georg GmbH in Kreuztal. „Sie sagen dann, dass unser Produkt günstiger werden könne, wenn der Gusspreis um 20 Prozent gesunken sei.“
Volatile Märkte fordern die Einkäufer heraus: Wer zu spät oder zu früh kauft, wer sich zu langfristig bindet, dem drohen sechs- oder siebenstellige Verluste. „Damit steigt aber auch die Bereitschaft, einen effizienten Umgang mit Ressourcen anzustreben, unabhängig von den aktuellen Preisen“, sagt BME-Mann Rösch.
Substitution braucht langen Atem
Zum effizienten Umgang mit Material tritt die Substitution, sofern die Unternehmen nicht den Aufwand scheuen. „Dafür braucht es einen langen Atem“, sagt Rösch. Schon unter Stalin wurde in der Sowjetunion daran geforscht, Kautschuk aus Löwenzahn zu gewinnen. Konkret werden die Pläne aber erst jetzt, da der Automobilzulieferer Continental in Anklam mit dem Aufbau eines entsprechenden Forschungslabors beginnen will. Das würde den viertgrößten Reifenhersteller der Welt unabhängiger von den Gummibaumplantagen Südostasiens machen, deren Produktion zeitweilig von Pilzbefall bedroht wurde und verstärkt von den Staaten der Region nachgefragt wird. Aber auch in der metall- und kunststoffverarbeitenden Industrie ist Substitution ein Thema. Auch hier lockt die Perspektive, durch Einsatz alternativer Materialien preisgünstiger einzukaufen und zugleich die technischen Eigenschaften der Produkte zu verbessern. Doch der Aufwand kann abschrecken. „Wir bearbeiten Qualitätsstähle. Für diese Stähle Ersatzstoffe zu finden, ist schwierig“, sagt Einkaufsleiter Thorsten Kramer von der Pekrun Getriebebau GmbH in Iserlohn, die stattdessen auf die Schließung ihrer Stoffkreisläufe abzielt. „Für Ausschusswaren haben wir ein spezielles Lager, um daraus andere Produkte zu fertigen“, erklärt Kramer.
Ähnlich verhält es sich im Werkzeugmaschinenbau. „Schließlich müssten wir dafür in die Konstruktion unserer Produkte eingreifen“, sagt Einkaufsleiter Michael Jaeger von der Heinrich Georg GmbH. Immerhin hat das mittelständische Unternehmen damit begonnen, aufwendig geschweißte Bauteile in seinen Maschinen durch mit dem Laser geschnittene und gebogene Teile zu ersetzen. „Die Anlagen, besonders die Verkleidungen, werden leichter und sehen besser aus. Manche Teile können wir zudem schneller und kostengünstiger produzieren“, betont Jaeger.
Workshop über Kosteneffizienz
Doch auch wenn Substitution kein Thema ist, kann der Einkauf durchaus eine Schlüsselstellung bei der Steigerung der Material- und Kosteneffizienz einnehmen. So wie bei der Bauer Maschinen und Technologie GmbH &Co. KG aus Weilheim. 2009 führte das Unternehmen einen mehrtätigen Workshop durch. „Das war damals so neu, dass er vom Bundeswirtschaftsministerium finanziert wurde“, erklärt Stephan Groll, Geschäftsbereichsleiter Beschaffung und Vertrieb. Da die Veranstaltung bei den Mitarbeitern so gut ankam, wird sie seit seither in Eigenregie alle ein, zwei Jahre wiederholt.
„Zunächst ging es darum, den Austausch zwischen den Abteilungen zu fördern. Nur indem wir von der Fertigung über die Arbeitsvorbereitung bis hin zu Einkauf und Vertrieb alle Beteiligten an einen Tisch gesetzt haben, konnten wir das Problem des Materialverschnitts lösen“, sagt Groll. Überflüssig wurden die Workshops damit nicht. „Den Materialeinsatz effektiver zu gestalten, ist eine dauernde Aufgabe, die sich lohnt“, sagt er und verweist auf das Beschaffungsvolumen von 12,5 Mio. Euro in 2016. Davon entfielen 2,5 Mio. auf die knapp 60 Materialien, die das Unternehmen einkauft, allen voran Rohguss, Edel- und Baustahl sowie Kunststoffe. „Da zahlt sich maßvoller Einsatz von Rohstoffen und Materialien unmittelbar aus,“ sagt Groll. Auch bei der Wiederverwertung nimmt der Einkauf bei Bauer eine Schlüsselstellung ein: Materialien werden genau getrennt. Die Palette reicht von Metallspänen über Altöl bis zu Verpackungen. Eine 20-Tonnen-Presse hilft, die anfallenden Mengen effektiver zu verwerten. „Rund 100 000 Euro jährlich können wir aus dem Recyclinggeschäft erlösen“, sagt Groll.

Die ganze Vielfalt der Zulieferlösungen

Industrial Supply 2017

Weiterhin steigende Besucherzahlen erwartet die Deutsche Messe AG für die Industrial Supply, die Leitmesse der Zuliefertechnik im Rahmen der Hannover Messe 2017. Im vergangenen Jahr hatte die branchenübergreifende Schau 92 000 Besucher angelockt, davon mehr als ein Drittel aus dem Ausland. „In diesem Jahr integrieren wir mit der SurfaceTechnology Area das gesamte Spektrum der Oberflächentechnik in die Leitmesse“, erklärt Olaf Daebler, bei der Hannover Messe zuständig für die Bereiche Zulieferung und Oberflächentechnik. „Zudem bündeln wir verschiedene Veranstaltungsformate im zentralen Industrial-Supply-Forum.“ Das Vortrags- und Diskussionsprogramm wird so breit gefächert sein wie die gesamte Zuliefermesse, die in den Hallen 4 bis 6 Zulieferlösungen aus der ganzen Welt der Materialien und Verfahren präsentiert. Das Spektrum reicht von Leichtbau, Keramik und CFK über Massivumformung und Guss bis hin zu Fügetechnik, Gummi und Keramik. Wieder mit dabei ist auch der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), der auch den Einkäufertag ausrichtet.

Oliver ZüchnerFachjournalist in Hannover
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