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Niedriglohnland mit viel Potenzial

Beschaffungsmarkt Portugal, Teil I
Niedriglohnland mit viel Potenzial

Portugal hat sich langsam aber sicher aus der schweren Wirtschaftskrise herausgearbeitet. Die Konjunktur zog bereits 2014 an, mit voraussichtlich weiter steigender Dynamik in diesem Jahr. Der Stau aus Rezessionsjahren, die positive Nachfrageentwicklung und wachsende Zuversicht haben die Unternehmen 2014 verstärkt in Maschinen und Anlagen investieren lassen. Wir haben 14 portugiesische Unternehmen besucht und uns vor Ort ein Bild gemacht, worin die Stärken von Portugals Zulieferern liegen.

Portugal hat die vergangenen Jahre seit der Krise genutzt, um über 100 umfangreiche Strukturreformen durchzuführen. Unter anderem wurde das Haushaltsdefizit deutlich zurückgeführt, der Arbeitsmarkt flexibilisiert und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gestärkt. Das Land will sich so attraktiver gestalten und die wirtschaftliche Wende schaffen. Laut Experten der staatlichen Agentur für Investitionen und Außenhandel Portugals, die für Exportförderung, Internationalisierung der portugiesischen Unternehmen sowie ausländische Investitionen zuständig ist, bietet Portugal ausländischen Investoren eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen.

Wir haben in der Region Porto 14 Unternehmen aus den Bereichen Formen- und Werkzeugbau, Gießerei, Kunststoffspritzguss, Lasertechnik sowie einen Hersteller von Türmen für Windenergieanlagen besucht und über ihre Philosophie, die aktuelle Geschäftslage sowie die Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen gesprochen.
Edaetech, www.edaetech.pt
Das Unternehmen wurde 2002 gegründet und ist ein portugiesisches Familienunternehmen. Nach der Finanzkrise, die Portugal schwer getroffen hatte, waren es 40 Mitarbeiter. Derzeit sind 105 Mitarbeiter beschäftigt. Hauptgeschäftsbereich ist die Fertigung von Prototypenteilen für die Automobilindustrie sowie Blechmodule für den Maschinenbau und 3D-Laserschneiden als ShopFloor.
Im Geschäftsjahr 2015 erzielte Edaetech rund 6,5 Mio. Euro Umsatz, für 2016 werden 7 Mio. Euro anvisiert. Hauptabsatzmarkt ist Portugal mit 36 %, gefolgt von Spanien und Polen (beide 23 %) und Deutschland mit 14 %. Rund 62 % des Umsatzes wird mit dem Prototypenbau für die Automobilindustrie erzielt, 30 % mit allgemeiner Metallbearbeitung und 7 % mit 3D-Laserschneiden als Dienstleistung. Im Gegensatz zu den meisten KMU-Lieferanten entwirft und baut Edaetech seine eigenen Fertigungssysteme wie Laser-Maschinen. „Obwohl der Aufbau einer eigenen Fertigungsanlage teuer ist, bietet er einen Wettbewerbsvorteil “, erläutert Vertriebschef Joáo Lopes. Es sei so möglich, die Beziehung zwischen Prozessen und Design zu optimieren. Zu den Kunden gehören unter anderem Benteler, Arcelor Mittal, Delphi, Faurecia, Kirchhoff, Mahle und Valeo.
Das 1942 gegründete Unternehmen beschäftigt 380 Mitarbeiter und fertigt Großsilos und Behälter, vorwiegend für die Food- und Pharmaindustrie. Ein kleiner Bereich ist der Industriebereich. Hier werden Chemie- und Papierunternehmen beliefert. „Unser größter Kunde ist Nestlé. Der größte deutsche Kunde ist Pumpen- und Armaturenhersteller KSB, erläutert Geschäftsführer Jorge Leite Pinho. Das Unternehmen im Süden Portos gehört zu einer Firmengruppe. Andere Unternehmen in der Gruppe produzieren unter anderem Wärmetauscher. Die Tanks der Portugiesen sind wahre Kolosse. Sie haben ein Fassungsvolumen von bis zu 3 Millionen Litern und wiegen bis zu 180 Tonnen.
„Wir liefern alles komplett schlüsselfertig und haben viele laufende Projekte mit deutschen Firmen“, sagt Pinho. 81,5 % der Produkte gehen in den Export. Mit deutschen Unternehmen macht Arsopi rund 15 % Umsatz pro Jahr. Die Projekte haben Laufzeiten von bis zu 12 Monaten. Neben Portugal hat Arsopi noch Standorte in Spanien und in Sao Paulo in Brasilien.
Das Gießereiunternehmen Ferespe im Norden von Porto beliefert hauptsächlich die petrochemische Industrie. Ferespe beschäftigt am Hauptsitz in Fradelos derzeit 78 Mitarbeiter. Das Unternehmen hat rund 50 Kunden in Deutschland, vorwiegend in den Bereichen Petrochemie, Pumpen und Ventile sowie im maritimen Bereich. In 2015 wurde ein Umsatz von 6,5 Mio. Euro erzielt, davon entfielen 5,9 Mio. Euro auf den Export.
Das Unternehmen ist in stetigem Wachstum, wie Cláudia Rocha, Marketingleiterin, sagt. So wurde im Jahr 2015 der Bau einer neuer Fertigung für Wärmebehandlung begonnen. „Wir haben hier 2,3 Mio. Euro investiert und die Anlage wird in diesem Jahr fertiggestellt werden“, so Rocha. Die Geschäfte mit deutschen Unternehmen gestalten sich laut ihr mitunter als schwierig, ob der Sprache. „Viele Unternehmen präferieren es, in ihren Geschäftsbeziehungen deutsch zu sprechen, das ist ein Problem für uns. Wir sprechen portugiesisch, französisch, spanisch und natürlich englisch. Aber leider nicht deutsch“, erläutert Rocha. Das sei kein Hindernis aber es mache die Beziehungen schwer. Der größte Markt für Ferespe ist die Niederlande, gefolgt von Frankreich und Deutschland.
Quantal Group, www.quantal.pt
Das vierte Unternehmen, Quantal, liegt in Vila do Conde rund 30 km nördlich von Porto.
Die 1995 gegründete Firma Quantal SA war die erste der Gruppe und der Pionier in der Entwicklung von Lasertechnologie für industrielle Anwendungen. Mit einem Umsatzvolumen von rund 12 Mio. Euro exportiert Quantal nach Deutschland, Frankreich, Spanien, England, Schweden, Norwegen, Dänemark und in die Niederlande und die Schweiz. Die Auslastung verteilt sich auf 70 % für den Maschinenbau und 30 % auf den Automotivesektor. Heute beschäftigt das Unternehmen 145 Mitarbeiter. Kerngeschäft sind komplexe Metallprojekte und Produkte nach dem neuesten Stand der Technik. „Wir arbeiten in drei Schichten an sieben Tagen in der Woche, um effektiv und effizient auf unsere Kunden zu reagieren“, erläutert Fábio Ventura, Business Manager bei Quantal. Er fügt hinzu: „Wir sind günstiger als deutsche Zulieferer bei gleicher Qualität“. Die Portugiesen haben eine starke Zusammenarbeit mit dem deutschen Lasertechnik-Spezialisten Trumpf und sind deren bester Kunde in Portugal.

Dreiteilige Serie Portugal

Auslandsmarkt

In den kommenden zwei Ausgaben der Beschaffung aktuell folgen weitere Teile über unseren Besuch vor Ort in Portugal. Unter anderem berichten wir über Unternehmen, die elektrische Bauteile fertigen, einen Automobil-Zulieferer der ursprünglich von zwei Deutschen gegründet wurde und einen großen Player in Sachen Windkraftanlagen.

Alexander Gölz, Redakteur Beschaffung aktuell
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