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Organisation des Stahleinkaufs

Stahlpreisentwicklung aktuell – eine Analyse
Organisation des Stahleinkaufs

Im Rahmen unserer regelmäßigen Kolumne machen wir diesmal – aufgrund kaum nennenswerter Entwicklungen der Stahlpreise, dazu nur kurz später – einen kleinen Abstecher und widmen uns dem Bereich der Einkaufsorganisation in kleinen und mittleren Unternehmen. Inwieweit wird dort strategisch gearbeitet? Oder wird in KMUs Stahl eher operativ beschafft?

Hierzu haben wir von Stahlkompakt verschiedene stahlverarbeitende Firmen befragt und einige Ergebnisse vorliegend zusammengefasst. An unserer Analyse haben insgesamt 33 Unternehmen teilgenommen, aus dem hier relevanten Bereich der stahlverarbeitenden KMUs haben uns 16 Firmen tieferen Einblick in ihre Einkaufsorganisation gegeben. Im Bereich der Organisation sind wir dabei u. a. der Frage nachgegangen, inwieweit es eine Trennung in strategischen und operativen Stahleinkauf gibt.

Strategische Ausrichtung. Überraschenderweise haben über 50 Prozent der Unternehmen angegeben, überhaupt keinen strategischen Stahleinkauf zu betreiben. Weitere 26 Prozent haben diese Bereiche nur teilweise getrennt. Eine Korrelation in Abhängigkeit zum Einkaufsvolumen war hierbei kaum zu erkennen.
Unabhängig vom Einkaufsvolumen findet gesonderter strategischer Stahleinkauf in vielen Unternehmen also gar nicht statt. Dabei ist es gerade bei einem so komplexen Einkaufsthema wie Stahl mit seinen über 2000 Sorten sowie einem sehr volatilen Markt äußerst wichtig, strategisch zu arbeiten. Andernfalls wird es kaum gelingen, Verfügbarkeiten und insbesondere wettbewerbsfähige Preise zu erzielen und auch auf Dauer zu sichern.
Strategische Tools, Kennzahlen oder Analysen (z. B. einfachste ABC-Analyse) zur Ableitung strategischer Maßnahmen spielten darüber hinaus für über 80 Prozent der befragten KMUs keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Dementsprechend haben auch 90 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, dass sie keinerlei Materialgruppen-Strategie hätten.
In die Zukunft gerichtete Marktbeobachtung, Lieferantenentwicklung, strategisches Risikomanagement usw. finden dort im Stahleinkauf also faktisch nicht oder kaum statt. In den meisten Fällen wird nicht strategisch vorausgedacht, sondern das Tagesgeschäft operativ „abgearbeitet“.
Optimierung der Prozesse. Obwohl in den betrachteten KMUs hauptsächlich also lediglich operative Beschaffung stattfindet, ist diese in vielen Fällen nicht effizient organisiert. So besteht in der Stahlbeschaffung beinahe ausnahmslos – in 93 Prozent der Unternehmen – keine elektronische Anbindung der Lieferanten bzw. Nutzung eines Lieferantenportals, worüber der Lieferant seine zu verantwortenden Bestände und Bestellungen selber verwaltet. Statt die operativen Prozesse zu automatisieren, Bestände zum Lieferanten zu verlagern o. ä. werden häufig alle Bestellungen nach wie vor per Fax verschickt, Auftragsbestätigungen nachgehalten und bei Eingang im System händisch eingepflegt.
Knapp 70 Prozent der befragten Firmen gaben an, keinerlei Methoden wie etwa Kanban oder Konsignationslager zu nutzen. Man unterlässt es in den KMUs vielfach, strategisch zu arbeiten und konzentriert sich stattdessen auf operative Prozesse, die darüber hinaus dann auch noch ineffizient und wenig modern organisiert sind.
Personal. Der Stahlmarkt mit seiner sehr individuellen Anbieterstruktur und zahlreichen Produktvarianten kann ohne besonders geschultes Personal nicht optimal bearbeitet werden.
Nichts desto trotz wurden in über 60 Prozent der analysierten Unternehmen keinerlei Aus- und Weiterbildungen durchgeführt. Nur 27 Prozent ermöglichten ihren Mitarbeitern den Besuch von Seminaren oder speziellen Trainings.
Der Unterschied zwischen einem guten und einem weniger guten Einkäufer kann durchaus mal fünf bis zehn Prozent geringere oder eben höhere Materialkosten ausmachen. Bei einem Stahl-Einkaufsvolumen von über einer Mio. Euro zahlt sich gezielte Mitarbeiterentwicklung damit auch finanziell spürbar aus.
Zusammen mit Technik. Dass die Einbindung von Einkäufer- und Marktwissen in die Konstruktion auch die Produktgestaltung wesentlich verbessern kann, ist hinlänglich bekannt. So sollte ein Einkäufer z. B. neben den aktuellen Marktpreisen auch die unterschiedlichen Verfügbarkeiten bestimmter Werkstoffe oder Abmessungen kennen und dieses Know-how in die Werkstoffauswahl einbringen. Über den Einkauf könnten z. B. auch Lieferanten als Experten in Wertanalysethemen eingebunden werden. Im Stahleinkauf der KMUs findet diese Zusammenarbeit aber kaum statt. Nur 27 Prozent binden den entsprechender Einkäufer standardisiert auch in die technischen Prozesse ein. 90 Prozent der Unternehmen verzichten zudem ganz oder überwiegend auf die Einbindung externer Experten.
Die Materialgruppe Stahl wird in vielen Firmen stiefmütterlich behandelt. Auch wenn das Einkaufsvolumen über einer Mio. Euro, teilweise auch deutlich darüber, lag, wurden in den befragten Unternehmen Methoden oder Organisationsformen, die in vielen anderen Bereichen Standard sind, nicht eingesetzt. Es ergeben sich daher noch erhebliche Verbesserungspotenziale hinsichtlich der internen Prozesskosten der Firmen, aber auch in den direkten Materialkosten sowie in der Sicherung der Verfügbarkeiten.
Die Marktlage hat sich, wie einleitend bereits angedeutet, zuletzt nicht wesentlich geändert. Die Pkw-Produktion lag im Durchschnitt der letzten drei Monate in etwa auf Vorjahresniveau, die Werte der Auftragseingänge im Maschinenbau sowie in der Bauindustrie waren in den letzten Monaten ebenfalls nicht durch besondere Ausschläge nach oben oder unten gekennzeichnet.
Stahlpreisentwicklung. Die geringen Rohstoffpreise ermöglichen auch weiterhin eine günstige Produktion. Trotz verhältnismäßig niedriger Verkaufspreise müssen daher aus Wirtschaftlichkeitsgründen keine Kapazitäten heruntergefahren werden. Es bleibt also bei unserer Prognose einer Seitwärtsbewegung der Stahlpreise mit vereinzelt sogar leicht sinkenden Preisen. Dies gilt insbesondere für legierte Stähle. Legierungselemente wie Kupfer, Aluminium oder Nickel befinden sich teilweise auf historisch niedrigen Werten (Stand 23.2.2015) und sorgen somit für große Freude bei Einkäufern der entsprechenden Stähle.
Mehr zum Thema „Stahl und Stahlbeschaffung“, insbesondere auch zu den aktuellen Stahlpreisentwicklungen, finden Sie auf www.stahl-kompakt.de.
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