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Strategische Transformation im Einkauf bei der Schreiner Group

Strategische Transformation im Einkauf, Teil 3
Wie sich der strategische Einkauf professionalisiert

Wie sich der strategische Einkauf professionalisiert
Bild: Good Studio/stock.adobe.com
Wie entwickelt sich der Einkauf zum strategischen Player im Unternehmen? Wie übernimmt der Einkauf die Verantwortung für die Lieferketten auf Augenhöhe mit Entwicklung, Marketing und Produktion? Diese Artikelserie zeichnet die strategische Transformation im Einkauf bei der Schreiner Group nach und erläutert die zugrunde liegenden Erfolgskonzepte. Erfahren Sie, wie es der Strategische Einkauf schafft, sich zu professionalisieren.

Ist die strategische Transformation in Bewegung gesetzt, müssen die Strategiekonzepte des Einkaufs systematisch entwickelt und Erfolge geerntet werden. Beispielsweise stehen Warengruppen- und Lieferantenstrategien im Fokus. Im dritten Teil der Serie wird gezeigt, wie die Schreiner Group mit der 15M-Architektur der Supply-Strategie schrittweise ein ganzheitliches Einkaufsmanagement aufbaut und somit den Strategischen Einkauf professionalisiert.

Am Ende der ersten Transformationsphase im Jahr 2013 (siehe Teil 2 der Serie in Beschaffung aktuell, Ausgabe April 2020) ist es dem Einkauf bei der Schreiner Group gelungen, einen sichtbaren Wertbeitrag für den Unternehmenserfolg zu leisten. Vielfältige Quick Wins haben erhebliche Kostenreduzierungen, aber auch spürbare Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit den Lieferanten gebracht. Wesentliche Weichen der strategischen Ausrichtung wurden bereits gestellt, z. B. Aufbau einer Warengruppenstruktur, Einkaufsfrüheinbindung in den Entwicklungsprozess, Entwicklung eines Einkaufscontrollings. Da strategische Instrumente allerdings Zeit benötigen bis sie wirken, waren die Erfolge in der Startphase rein operativ.

Story Phase 2

In der zweiten Phase der strategischen Transformation sind die strategischen Konzepte des Einkaufs zu professionalisieren. Dazu wurde ein ganzheitliches Einkaufsmanagementsystem für den Strategischen Einkauf aufgebaut. Dieses orientiert sich an der 15M-Architektur der Supply-Strategie. Das Konzept soll folgend knapp skizziert werden. Gleichzeitig muss für eine erfolgreiche strategische Transformation sichergestellt werden, dass frühzeitig strategische Wertbeiträge für den Unternehmenserfolg realisiert werden. Dies soll beispielhaft am Projekt „gezielte Materialumstellung“ gezeigt werden.

Struktur mit Hilfe der 15M-Architektur

Die 15M-Architektur der Supply-Strategie (vgl. Bild) ist eine Systematik, um alle wesentlichen Aspekte des Strategischen Einkaufs zu strukturieren. Sie wurde in den Jahren 2006 bis 2008 in der Zusammenarbeit mit Unternehmen entwickelt und hat sich seither in vielfältigen Anwendungen bewährt. Insgesamt wird der Strategische Einkauf mit fünf Strategiebausteinen und 15 Modulen strukturiert. Dies ermöglicht eine schrittweise und anwendungsspezifische Implementierung, die sich insbesondere auch an der Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter orientieren kann. Folgend werden die Strategiebausteine am Beispiel der Schreiner Group beschrieben.

Rahmenstrategie

In der Rahmenstrategie wird die strategische Ausrichtung des Einkaufs formuliert, wenn möglich mit explizitem Bezug auf die Unternehmensstrategie. Bereits Ende 2013 wurde bei der Schreiner Group die erste Rahmenstrategie in Form eines detaillierten Strategiepapiers erstellt. In den Jahren 2015/16 erfolgte die erste umfassende Überarbeitung. Wesentliche Inhalte der Rahmenstrategie sind:

  • Wertbeitragsziele und KPIs: Bei der Schreiner Group wurden 16 anspruchsvolle KPIs wie Preisverbesserung, Termintreue, Anteil 2nd Source sowie weitere qualitative Wertbeitragsziele wie der Innovationsbeitrag von Lieferanten festgelegt.
  • Strategische Analysen bezogen sich beispielweise auf die Top-Risiken des Einkaufs, die Entwicklung der Einkaufsorganisation oder des Reifegrads im Einkauf.
  • Herzstück der Strategie ist die Ausrichtung des Einkaufs zum „geschätzten Business-Partner“ und vier strategische Stoßrichtungen, z. B. Exzellenz bei Warengruppenstrategien oder der Aufbau eines schlanken und leistungsfähigen Lieferantenportfolios inklusive der Entwicklung des Preferred-Supplier-Programms.
  • Die strategischen Stoßrichtungen werden mit 15 strategischen Programmen konkretisiert und umgesetzt.

Marktstrategien

Für die wesentlichen Beschaffungsmärkte, z. B. gummierte Folien, wird mit der Template-Methode jeweils eine Marktstrategie entwickelt. Nach Vorgabe des Strategietemplates wird der Beschaffungsmarkt analysiert, marktorientierte Ziele (z. B. Preisveränderung im Markt, angestrebte Lieferantenzahl) formuliert, eine umfangreiche Hebelanalyse durchgeführt und letztlich die Strategie in Form von strategischen Stoßrichtungen und Projekten abgeleitet.

Anfangs formulierte der Einkauf die Strategien „für sich selbst“ und stimmte einzelne Projekte fallweise mit den anderen Abteilungen ab, z. B. die Notwendigkeit eine 2nd Source aufzubauen. Damit entwickelt sich die Strategiekompetenz im Einkauf und der Einkauf wird im Unternehmen zunehmend strategisch wahrgenommen. Ein wesentlicher Fortschritt gelingt im Jahr 2015 durch die Einbindung des Einkaufs in das neue Technologiemanagement. Die Marktstrategien des Einkaufs werden damit im Kreis der betroffenen Stakeholder entwickelt. Der Einkauf ist damit im Herzen der Strategieentwicklung angekommen.

Lieferantenstrategien

Neben dem klassischen Lieferantenmanagement wird ein umfassendes Preferred-Supplier Programm aufgebaut. Mit wenigen Lieferanten wird sehr eng partnerschaftlich zusammengearbeitet. Damit ergeben sich neuartige Potenziale. Beispielsweise werden Lieferanten in den Vertriebsprozess eingebunden, um frühzeitig das bestgeeignete Material für den Kundenbedarf zu empfehlen bzw. technologische Risiken im Angebotsprozess abzuschätzen. Das im Folgenden beschriebene Projekt der gezielten Materialumstellung ist ein zweites Beispiel.

Ferner werden die Einkaufsprozesse systematisch fortentwickelt und – für ein mittelständisches Unternehmen – in angemessener Weise digitalisiert. Ebenso wird das Einkaufscontrolling nachhaltig fortentwickelt. 2014 wurde das Reifegradmanagement eingeführt, das in der nächsten Ausgabe (Teil 4) beschrieben wird.

Projekt „Gezielte Materialumstellung“

Der systematische Aufbau des strategischen Einkaufsmanagements ist für die strategische Transformation notwendig, aber nicht hinreichend. Bedeutsam ist ebenso, dass der Nutzen der Strategie sichtbar und möglichst auch messbar wird. Prominentes Beispiel ist das Projekt „gezielte Materialumstellung“. In Zusammenarbeit mit partnerschaftlich eingebundenen Lieferanten werden Materialien durch bessere ersetzt. Typische Potenziale sind kostengünstigere Materialien (falls die Materialien überspezifiziert sind), marktgängige Materialien oder qualitativ zuverlässigere Materialien. Ferner soll die Zahl unterschiedlicher Materialien in den betrachteten Materialgruppen reduziert werden. Das Projekt ist strategisch sehr anspruchsvoll. Der wirtschaftliche Erfolg ist überwältigend, sodass ein klarer Beweis für die Nützlichkeit eines strategischen Vorgehens erbracht wurde.

Am Ende von Phase 2 (Ende 2015) ist der Einkauf der Schreiner Group strategisch ausgerichtet, auch wenn es natürlich noch erhebliche Verbesserungspotenziale gibt. Die Strategiekompetenz des Einkaufs ist im Unternehmen anerkannt. Die Vision des geschätzten Business Partners ist umfangreich etabliert. In den folgenden Artikeln werden die Fortentwicklung der Einkaufsstrategie sowie die Change-Management-Prozesse beschrieben.

 


Die Serie: Strategische Transformation im Einkauf

Bereits erschienen:

Es folgt:

  • Teil 5: Den Change managen

Das Buch

Eine ausführliche Beschreibung der strategischen Transformation bei der Schreiner Group und einer Anleitung zur praktischen Umsetzung mit den drei Erfolgskonzepten findet sich in dem Buch Strategische Transformation im Einkauf: Fallstudie und Anleitung zur praktischen Umsetzung, Gerhard Heß, Manfred Laschinger, Springer/Gabler-Verlag 2019, ISBN 978-3658255398.

Workshop:

Das Institut für Beschaffungsstrategie veranstaltet regelmäßig Workshops, um Einkaufspraktiker für die strategische Transformation im Einkauf fit zu machen:

Zweitägiger Workshop zur Entwicklung des Strategischen Einkaufs und der Supply-Strategie auf Basis der 15M-Architektur, nähere Information: www.beschaffungsstrategie.de


Prof. Dr. Gerhard Heß, TH Nürnberg Georg-Simon-Ohm, Professur für Supply Management und Leiter Institut für Beschaffungsstrategie

 

 


Manfred Laschinger, Einkaufsleiter, Schreiner Group GmbH & Co. KG

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