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Interview mit Kaspar Helfrich, CEO, Orderfox AG

Interview mit Kaspar Helfrich, CEO, Orderfox AG
„Wir müssen lernen, in Netzwerken zu denken“

„Wir müssen lernen, in Netzwerken zu denken“
„Wir schaffen Vertrauen und Übersicht im Markt, indem wir das Beschaffungswesen persönlicher und gleichzeitig effizienter gestalten“, sagt Kaspar Helfrich, CEO Orderfox. Bild: Orderfox
Als globale Plattform für den CNC-Markt ist Orderfox vor fünf Jahren an den Start gegangen. Wie sich das Geschäft seitdem entwickelt hat, welchen Mehrwert die Plattform Fertigungsunternehmen und Einkäufern bieten kann und wohin die weitere Entwicklung geht, erläutert Kaspar Helfrich.

 

Beschaffung aktuell: Orderfox hat beim Start auf der EMO 2017 für Aufsehen gesorgt. Wie haben sich Ihre Geschäfte seitdem entwickelt?

Kaspar Helfrich: Ja, das war damals ein gelungener Start. In enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden, Fertigern und Einkäufern konnten wir viele neue Erkenntnisse gewinnen und unser Geschäft auf dieser Grundlage weiter ausbauen. In jüngster Zeit haben wir dem Unternehmen mit dem Wechsel des CEO und der Unternehmensstrategie mehr Energie und einen punktgenauen Fokus verliehen. In unserer zunehmend digitalisierten Welt stellen wir den Menschen wieder ins Zentrum. Wir verbinden Menschen, nicht nur Firmen. Und wir bringen uns selbst dabei ein: Wir schaffen Vertrauen und Übersicht im Markt, indem wir das Beschaffungswesen persönlicher und gleichzeitig effizienter gestalten. Wir haben darüber hinaus einige neue Führungskräfte an Bord geholt, die noch mehr Fachwissen in das Unternehmen einbringen.

Sie haben sich als globale Plattform für den CNC-Markt positioniert, die Fertigungsunternehmen und Einkäufer sowie die Zulieferindustrie der Branche verbindet. Inwieweit ist Ihnen das gelungen?

Helfrich: Auf der Einkäuferseite bedienen wir die hohen Ansprüche der DACH-Region mit Kontakten zu ausgezeichneten und ausgewählten Fertigern in Europa und Asien. Mit 73 Prozent der von uns abgewickelten Aufträge nimmt CNC dabei sicherlich noch die stärkste Rolle ein. Jedoch gewinnen Blechteile und komplexere Baugruppen, aber auch Kunststoffteile, an Bedeutung. Wir treten sowohl auf der Fertiger- als auch der Einkäuferseite als Partner auf, und helfen dabei, rasch und zielorientiert zu Abschlüssen zu kommen. Die Einkäuferseite unterstützen wir mit technischer Beratung und betreuen ab RFQ-Beschreibung den ganzen Ablauf. Wichtig ist dabei, dass wir die Ausschreibung, inklusive aller Zeichnungen, anonym auslegen. Dadurch wird der Einkäufer vor unnötigem Spam geschützt. Auf der Fertigerseite setzen wir auf zielgenaues Matching, sodass unnötige Angebote vermieden werden können.

Laut Website ist schon eine hohe Anzahl an Fertigern bei Orderfox registriert. Können Sie etwas über die regionale Verteilung sagen?

Helfrich: Die höchste Dichte an hochqualifizierten Unternehmen, die bei Orderfox registriert sind, sehen wir klar in der DACH-Region, gefolgt von Osteuropa und Norditalien. Außerhalb Europas verzeichnen die Türkei und Indien ein starkes Wachstum. Orderfox spiegelt die natürliche Verteilung der Fertigungskapazitäten der Regionen wider.

Durch Online-Plattformen steigt die Vergleichbarkeit und damit die Konkurrenz. Können kleinere traditionelle Fertiger sich dagegen abschotten oder sind sie unter Zugzwang, auch online präsent zu sein?

Helfrich: Die überwältigende Mehrheit der fertigenden Betriebe Europas sind Klein- und Mittelbetriebe. Das kommt vom natürlichen Wachstum der Industrie über die Jahrzehnte und steht in Kontrast zur Unternehmenslandschaft von zum Beispiel China. In Krisen, wie wir sie gerade eine nach der anderen durchleben, tendieren Märkte große Marktteilnehmer zu übervorteilen. Um den europäischen Produktionsstandort zu schützen, müssen wir lernen, die über viele Kleinbetriebe verteilten Produktionskapazitäten Europas intelligent zu nutzen. Wir müssen lernen, in Netzwerken zu denken. Dabei geht es nicht um „online“ oder „offline“, sondern um die Frage des „gemeinsam oder alleine“. Globalisierung und Digitalisierung stellen kleinere traditionelle Hersteller vor gewaltige Herausforderungen. Plötzlich müssen sie sich mit Themen weitab ihrer Kernkompetenzen auseinandersetzen. Online-Marketing, Neukundenakquise, API-Anbindungen, Webseiten bauen etc. Wir kümmern uns um all das und noch viel mehr, damit sie sich weiterhin auf das konzentrieren können, was sie am besten können: hochwertige Fertigung.

Es gibt eine große Bandbreite zwischen klassischen Einkaufsplattformen einerseits und Online-Fertigungsplattformen andererseits, die ausgeklügelte Algorithmen zur Auftragskalkulation nutzen. Wie ordnet sich Orderfox in diesem Umfeld ein?

Helfrich: Das Geschäftsmodell von Orderfox richtet sich nach den Bedürfnissen des Marktes. Wir verdienen nur, wenn es zu einer erfolgreichen Projektumsetzung kommt. Wir haben darüber hinaus eine transparente, nachvollziehbare Kostenstruktur, die sich nach der Projektgröße richtet. Wir verbinden die richtigen Menschen miteinander und stellen sicher, dass alles reibungslos abläuft. Unser Team aus Ingenieuren, die sowohl Fertiger und auch Einkäufer kennen, werden dabei von verschiedenen Matching-Algorithmen unterstützt.

Die Coronakrise hat durch Reisebeschränkungen etc. geschäftliche Kontakte erschwert. Zusätzlich belasten gestörte Lieferketten anhaltend die Branche. Ist das Interesse an Plattformen wie Orderfox dadurch gestiegen?

Helfrich: Dieser Trend – die Zunahme an gestörten Lieferketten – hat schon vor der Pandemie begonnen. Er hat sich natürlich während der Covid-Krise noch einmal stark beschleunigt. Die Akteure im Markt schauen mehr denn je nach Lösungen, die dazu beitragen, vertrauenswürdige Hersteller zu finden, mit denen sie ihre Projekte umsetzen können – zu guten Konditionen, für den richtigen Preis. Es ist aber nicht so einfach, wenn man nach einer langen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit einem Hersteller – besonders bei technisch anspruchsvollen Produkten oder bestimmten seltenen Materialien – zu einem anderen Hersteller wechseln muss. Denn die Herstellung basiert meist auf einer Vertrauensbeziehung. Man kann also nicht nur einfach den Produzenten wechseln, sondern muss gleich eine ganze neue Beziehung aufbauen. Dabei hilft Orderfox, diesen Aufbau neuer, alternativer Partnerschaften zu unterstützen und zu forcieren. Hier ist die Nachfrage eindeutig gestiegen. Orderfox ist aber mehr als eine Plattform. Es ist ein Netzwerk, das Einkäufer und passende Hersteller zusammenbringt.

Das Interview führten Dr. Frank-Michael Kieß, Redakteur Konradin Industrie, und Alexander Gölz, Chefredakteur Beschaffung aktuell.

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