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Sieben Tipps für Beschaffungsmanager

Den Wandel im Einkauf aktiv gestalten
Sieben Tipps für Beschaffungsmanager

Sieben Tipps für Beschaffungsmanager
Aus der Erfahrung durchgeführter Transformations-Projekte heraus lassen sich einige Tipps für Beschaffungsmanager ableiten. Bild: ileezhun/Fotolia
Die Rolle der Beschaffung im Unternehmen wandelt sich gerade enorm. Führungskräfte müssen daher aktiv Veränderungen anstoßen: Neue Denkweisen, Prozesse und Technologien sind gefordert. Doch wo sollen sie anfangen? Welcher Weg ist für sie der richtige? Die Antworten auf diese Fragen stehen in keinem Lehrbuch. Dennoch lassen sich aus der Erfahrung heraus einige Tipps für Beschaffungsmanager ableiten.

Die Anforderungen an die Transformation im gesamten Einkauf sind abhängig vom Unternehmen und der Branche, den Fähigkeiten der Mitarbeiter sowie anderen Faktoren – und daher äußerst unterschiedlich. Auf der anderen Seite gibt es bereits Best Practices und bestimmte Ansätze gehen durchaus in die richtige Richtung. Aus der Erfahrung durchgeführter Transformations-Projekte heraus lassen sich einige Tipps für Beschaffungsmanager ableiten:

1. Digitalisieren und automatisieren.

Ein großer Trend in allen Unternehmen ist die Digitalisierung, wobei der Source-to-Pay-Prozess für viele CPOs im Mittelpunkt steht. Doch die damit verbundene Automatisierung, die durch Innovationen im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) noch beschleunigt wird, sehen viele als Bedrohung von Arbeitsplätzen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich bestimmte Rollen im Unternehmen wandeln oder sogar wegfallen werden. Andererseits werden dadurch Kapazitäten frei, die die Beschaffung dringend braucht, um aktuelle und kommende Entwicklungen erfolgreich zu bewältigen. Denn die Liste ihrer Aufgaben wird immer länger: Sie reicht heute von der Kostenorientierung über das Risikomanagement, die Innovationsförderung und die Verbesserung der Liquidität bis hin zur Umsatzsteigerung und vielem mehr, wodurch die Beschaffung immer strategischer wird. Die Digitalisierung kommt, so oder so. CPOs sollten sich daher nicht gegen diese Entwicklung stemmen, sondern sich vielmehr voll darauf einlassen, indem sie ihre Rolle neu definieren und so noch wertvoller für ihr Unternehmen werden. Einige Führungskräfte tun dies bereits. Manche haben sogar ihre Prozesse in der Beschaffung und in der Kreditorenbuchhaltung bereits komplett automatisiert, so wie beispielsweise der französische Finanzdienstleister Crédit Agricole.

2. Die eigenen Lieferanten kennen.

Lieferrisiken sind nichts Neues, aber die stärkere Abhängigkeit von Zulieferern gepaart mit komplexeren, globalen Lieferketten macht es immer schwieriger, das Thema in den Griff zu bekommen. Über soziale Medien werden Vorfälle in wenigen Minuten zu weltweiten Skandalen aufgeblasen, die potenziellen Folgen waren deshalb noch nie so groß. Auch die Compliance, zum Beispiel mit der DSGVO, erfordert die Einbeziehung der Lieferanten. Beschaffungsmanager müssen ihre bestehenden und potenziellen Zulieferer, einschließlich ihrer Lieferketten, daher mit allen Details kennen. Dies mag zunächst schwierig erscheinen. Doch heute sind die nötigen Informationen nicht nur zugänglich, es gibt auch Lösungen für das Supplier Risk and Performance Management, die diese Informationen zusammenführen – und die dann mit nur einem Mausklick wertvolle Einblicke gewähren. Integrierte Aktionspläne, flexible Umfragen und andere Funktionalitäten ermöglichen das schnelle Sammeln von Informationen, die Beseitigung von Mängeln und die Auditierbarkeit der Maßnahmen. Führende Unternehmen gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie belassen es nicht bei der passiven Risikobewertung, sondern setzen auf die proaktive Minimierung von Risiken. So informiert zum Beispiel die US-Hypothekenbank Fannie Mae gefährdete Lieferanten über Sicherheitsbedrohungen aus dem Internet.

3. Eine solide Datengrundlage schaffen.

Über KI und die neuesten Innovationen wird viel diskutiert. Echte Erfolgsmeldungen sind jedoch rar. Wie eine aktuelle Forrester-Studie bestätigt, ist einer der Hauptgründe dafür die schlechte Datenqualität. Erfolgreich und smart arbeitende Beschaffungsmanager, die Analytik und KI nutzen, kümmern sich daher nicht nur um die Implementierung neuer Technologien: Sie setzen sich ebenso intensiv für saubere Daten ein. Integrierte Suiten erzeugen diese, zumindest dann, wenn sie über ein einheitliches Datenmodell verfügen. Darüber hinaus gibt es Lösungen für das Stammdatenmanagement, die Probleme in Backend-Systemen beheben können. Dies ist zum Beispiel durch die Bereinigung und Normierung von Lieferantendatensätzen möglich. Der weltweit aktive Hersteller von Haushaltsgeräten Whirlpool zum Beispiel hat so ein System mit mehreren Backend-Systemen integriert. Bei der Einführung neuer Technologien sollten also die Basics nicht vergessen werden.

4. Darwin vertrauen.

Von Charles Darwin stammt der berühmt gewordene Satz: „Nicht die stärksten oder intelligentesten überleben, sondern diejenigen, die den Wandel am besten bewältigen können.“ Dieses Prinzip der natürlichen Selektion ist heute für Unternehmen so relevant wie noch nie. Denn Märkte und regulatorische Vorgaben verändern sich rasant: Innovative Technologien zerstören traditionelle Geschäftsmodelle, gleichzeitig entstehen neue Risiken, beispielsweise für die Informationssicherheit. Die Beschaffung ist gut aufgestellt, um ihr Unternehmen bei der Anpassung an diesen Wandel zu unterstützen. Sie hilft, neue regulatorische Anforderungen zu erfüllen, sie wechselt Lieferquellen, um auf neue Zölle zu reagieren, und vieles mehr. Erfolgreiche Beschaffungsmanager sorgen dafür, dass ihre Unternehmen agil sind und sich weiterentwickeln können. Das bedeutet zum einen Flexibilität in den Prozessen und zum anderen, dass Technologien ihre Pläne unterstützen und nicht bremsen. Die Cloud ist hierfür das Paradebeispiel. Der Umstieg auf Cloud-basierte Lösungen bietet Unternehmen viele Vorteile. Er kann aber auch limitieren – nämlich dann, wenn die Software bei veränderten Anforderungen keinen Spielraum bietet und das Unternehmen dazu zwingt, seine Prozesse an die Software anzupassen, statt umgekehrt. Das ist ein wesentlicher Grund, warum so viele Unternehmen den Anbieter wechseln. Sie erkennen leider zu spät, dass die Technologie ihre laufenden Bedürfnisse nicht abdeckt. Dabei sollte jede implementierte Lösung auch unvorhergesehene Anforderungen bedienen können.

5. Sich um die Kunden kümmern.

Erfolgreiche Beschaffungsmanager helfen ihren Mitarbeitern, ihre Arbeit zu verbessern. Sie gestalten deren Einkaufserlebnis am Arbeitsplatz so angenehm wie möglich – so wie diese es von privaten Verbraucher-Apps gewohnt sind und daher überall erwarten. Innerhalb von Unternehmen gelten natürlich bestimmte Vorgaben, wie zum Beispiel die Beschaffung im Rahmen bestehender Verträge oder bei bevorzugten Lieferanten. Idealerweise werden diese so in den Beschaffungsprozess integriert, dass das Einkaufserlebnis der Mitarbeiter nahtlos ist, sie zu dem geführt werden, was sie brauchen, und sie den Bestellstatus leicht verfolgen können. Je effizienter Mitarbeiter mithilfe des Einkaufs arbeiten können und je zufriedener sie damit sind, desto besser für die Abteilung und die Karriere des Beschaffungsmanagers. Und je automatisierter die Prozesse, desto mehr Zeit bleibt für strategische Aufgaben.

6. Innovationen von Lieferanten nutzen.

Lieferanten stellen eine riesige Quelle potenzieller Innovationen dar. Zwar wird viel darüber geredet, diese nutzbar zu machen. Die Ergebnisse jedoch bleiben meist aus. Damit wird eine hervorragende Gelegenheit vertan. Denn eine erfolgreiche Zusammenarbeit könnte erhebliche Umsatzchancen eröffnen, Kosten senken und so letztlich die Bedeutung des Einkaufs im Unternehmen deutlich erhöhen. Das zeigt ein Beispiel aus dem Medical-Care-Bereich von MBf Holdings. Dort hatte der Einkauf zusammen mit Lieferanten eine neue ambulante Dienstleistung entwickelt. Er konnte so nicht nur einen strategischen Kunden daran hindern, zur Konkurrenz abzuwandern. Es gelang gleichzeitig, den Umsatz zu steigern und erhebliche Upselling-Möglichkeiten zu schaffen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, solche Kooperationen skalierbar zu machen, und zwar durch effektive Plattformen, die die Kommunikation und den Austausch von Anforderungen zwischen internen Stakeholdern und Lieferanten erleichtern.

7. Best-in-Class ist nicht genug.

Der letzte Tipp soll zeigen, wie wichtig es ist, das Endziel im Blick zu behalten. Beschaffungsteams vergleichen sich gerne mit anderen anhand von Kennzahlen mit dem Ziel, „Klassenbester“ zu werden. Das ist alles schön und gut, aber die wirklich guten unter ihnen betrachten „Best-in-Class“ nicht als das eigentliche Ziel, sondern lediglich als einen Zwischenschritt. Wettbewerbsvorteile werden schließlich nicht dadurch erreicht, dass man ebenso gut ist wie die Konkurrenz und exakt dasselbe macht. Auch werden talentierte Arbeitskräfte nicht dadurch gewonnen und gehalten, indem man sie zwingt, in einem starren, branchentypischen Best-in-Class-Prozess zu arbeiten. Erfolgreiche Player im Markt bestärken ihre Mitarbeiter vielmehr darin, ihre eigenen Ideen zu verwirklichen und strategische Ansätze zu entwickeln, mit denen sie sich vom Wettbewerb abheben. So erkannte zum Beispiel ein führender Telekommunikationsanbieter, dass es eine ungenutzte Einnahmequelle bei gebrauchten Telefonapparaten gibt. Er konfigurierte ein Sourcing-Tool so, dass es Forward Auctions vollzog, und generierte damit dreistellige Millionenumsätze. Meritor, ein führender Automobilzulieferer, entwickelte einen einzigartigen New-Product-Introduction (NPI)-Prozess, um profitablere Produkte weitaus schneller zu launchen als bisher. Die Folge: ein überdurchschnittlicher Kursanstieg. Wer die Weltmeisterschaft gewinnen will, statt einfach nur mitzuspielen, sollte also Technologien nutzen, die schnell das Best-in-Class-Niveau erreichen, ihn aber zugleich dabei unterstützen, darüber hinaus zu wachsen.


Über den Autor

Franck Lheureux

… ist General Manager EMEA bei Ivalua, der Plattform für die Stärkung der unternehmensweiten Beschaffung. Er ist ein ausgewiesener Supply-Chain-Experte, der weltweit Digital-Transformation-Programme diverser Fortune 500-Unternehmen begleitet hat. Ivalua ist von Gartner und anderen Analysten als Leader anerkannt, und mehr als 250 Unternehmen steuern damit ein Einkaufsvolumen für direkte und indirekte Ausgaben von über 500 Milliarden US-Dollar.

de.ivalua.com


Franck Lheureux, General Manager EMEA

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