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Indirect Spend GUV-wirksam

So werden Einsparungen im Indirect Spend GUV-wirksam
Budgets intelligent anpassen und steuern

Fachabteilungen genießen beim Thema Geld oft große Freiheiten: Ist das Jahresbudget einmal festgeschrieben, wird nur noch selten hingeschaut, wofür die Kollegen aus IT, Marketing oder Büromanagement es ausgeben. Doch durch die Corona-Pandemie sind viele Unternehmen zum Sparen gezwungen und so richten sich die Begehrlichkeiten nicht selten auf die indirekten Bedarfe. Eine pauschale Budgetkürzung, die allen Abteilungen den gleichen Prozentsatz abverlangt, ist dabei nicht zielführend. Außerdem sollten Einkauf und Controlling Vorkehrungen treffen, damit erzielte Einsparungen im Gesamtergebnis sichtbar werden.

Oft kommen die Einsparungen im Indirect Spend nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung an. Häufig liege das daran, dass indirekte Bedarfe in Budgets organisiert werden, über die die Fachabteilungen weitgehend frei verfügen. Werden in einem Bereich des Budgets durch Einsparungen Mittel frei, werden diese schlicht intern umgeschichtet.

Die Wunschlisten der Fachabteilungen

Ein Beispiel aus der Marketing-Abteilung eines Unternehmens: Zunächst gelang es, bei einer dreitägigen Veranstaltung rund 30 Prozent der Kosten einzusparen. Das Ergebnis war, dass das Event um einen Tag verlängert werden sollte, da ja nun Budget übrig war. Von diesen Erfahrungen berichtete Pieter Niehues, Principal und Experte für Indirect Spend bei der Unternehmensberatung Inverto, der auf Einkauf und Supply Chain Management spezialisierten Tochter der Boston Consulting Group: „Das war natürlich nicht Sinn der Übung.“ Schließlich wären mit der Verlängerung alle Einsparungen umgehend wieder ausgegeben worden. Doch die Einsicht der Kreativen hielt sich in Grenzen. Erst der nach harschem Protest des Einkaufs bei der Geschäftsleitung gelang es, die Verlängerung zu verhindern.

Niehues betont, dass dieses Vorgehen eher die Regel als die Ausnahme ist: „Bedarfsträger haben oft Wunschlisten im Kopf, was sie alles machen oder anschaffen würden, wenn sie mehr Geld hätten. Deswegen verteidigen sie ihre Budgets, auch wenn deutliche Kostensenkungspotenziale aufgedeckt werden.“ Hier zeigten sich unterschiedliche Denkansätze: Der Einkäufer will die gleiche Leistung für weniger Geld beschaffen – die Fachabteilungen wollen für das gleiche Geld mehr Leistung. „So werden Einsparerfolge wieder zunichte gemacht“, schlussfolgert Niehues.

Starre Regeln helfen angesichts veränderter Bedarfe wenig

Budgetkürzungen führen selbst in Pandemiezeiten fast zwangsläufig zu Verteilungskonflikten. Der Experte warnt allerdings vor vermeintlich einfachen Lösungen: „Die Methode, in allen Abteilungen Budgets pauschal zu kürzen, scheint auf den ersten Blick konfliktarm und gerecht, weil alle in gleichem Maße abgeben müssen. Sie bildet aber nicht die realen Möglichkeiten ab und kann zu Leistungseinbußen führen.“ So müsse unter Corona-Bedingungen zum Beispiel die IT in vielen Unternehmen mehr ausgeben, um die digitale Infrastruktur auf 100 Prozent Homeoffice auszurichten. Andererseits seien Reisekosten massiv gesunken. Im Marketing wiederum fielen größere Live-Events aus, doch die Kosten für Online-Kommunikation seien gestiegen. Mit einem Pauschalansatz kommt die Geschäftsführung in dieser Situation nicht weit.

Da sich durch die Krise insbesondere indirekte Bedarfsstrukturen massiv verschoben haben, empfiehlt Niehues, die alten, in der Regel aus den Vorjahren fortgeschriebenen Budgets über Bord zu werfen und in allen Bereichen des Indirect Spend neu zu planen. „Die Grundfrage sollte immer lauten‚ ‚was genau brauchen wir?‘“ Das Budget werde dann exakt am Bedarf und dessen Kostenentwicklung ausgerichtet.

Cross-funktionale Zielvereinbarungen statt Spardiktate

Fachabteilungen benötigen dafür die Unterstützung von Einkauf und Controlling. „Einsparpotenziale und deren Auswirkungen sollten gemeinsam definiert und verabschiedet werden. Denn gemeinschaftlich vereinbarte und verfolgte Ziele sind wirkungsvoller als Spardiktate von oben“, weiß Niehues.

Der Einkauf hat dabei die Rolle, konkrete Potenziale zur Kostensenkung und deren Realisierung ausfindig zu machen. Davon gibt es bei den indirekten Bedarfen viele.

Erfolgversprechend sind etwa Bereiche, wo Lieferanten Leistungen in Paketen anbieten. Beispielsweise decken Monatspauschalen für Helpdesk-Services oder Kreativagenturen häufig ein Leistungsspektrum ab, das von Unternehmen nicht komplett abgerufen wird. Oft fehlt auch die Transparenz darüber, welche Leistungen im Paket enthalten sind und wie viel davon tatsächlich erbracht wurde.

Hier muss der Einkauf Abhilfe schaffen, rät der Experte, und nennt ein weiteres Beispiel: „Eine Vielzahl von Unternehmen ist in der IT überlizenziert.“ Das bedeutet, dass viele Unternehmen Softwarelizenzen bezahlen, die sie nur zum Teil oder auch gar nicht (mehr) benötigen. Unternehmen, die ihre Lizenzen aktiv managen und an ihren Bedarf anpassen, sparen nicht selten über 25 Prozent. Ähnliche Potenziale schlummern zum Beispiel in der IT-Infrastruktur, beim Mobilfunk oder auch im Facility-Management.

Kostensenkungspotenziale auch bei Investitionsgüterprojekten enorm

Zwar nicht so hohe prozentuale Einsparungen, aber angesichts der Summen beträchtliche absolute Potenziale zur Kostensenkung finden sich bei Investitionsausgaben (Capex). Freilich haben einige Unternehmen Capex-Projekte aufgrund der Pandemie verschoben, doch wenn die Konjunktur wieder anzieht, rücken diese Pläne wieder in den Vordergrund.

Bei Bauprojekten überlässt der Bauherr zumeist dem ausführenden Architekten oder technischen Planer den Einkauf. Das ist nicht sinnvoll, betont Niehues: „Nach der Vergütungsordnung HOAI (siehe Kasten) ist das Honorar für die Architekten und Ingenieure in Deutschland von den Baukosten abhängig. Natürlich fehlt da der Anreiz zur Kostenminimierung.“ Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem letzten Jahr wird die HOAI zwar vom Gesetzgeber neu gefasst, das Problem des Fehlanreizes wird nach derzeitigem Stand jedoch bestehen bleiben, da die Abhängigkeit der Vergütung vom Gesamtvolumen bleiben soll. Unternehmen sollten ihren Einkauf in Bauprojekte einbinden und ihnen den kommerziellen Part überlassen, rät Niehues. „Für den Architekten ist es ebenso von Vorteil, wenn er sich auf seine planerische Aufgabe konzentrieren kann.“

Fachabteilung, Einkauf und Controlling brauchen Übersetzung

Sind Kostensenkungspotenziale identifiziert, bedarf es der Übersetzung in die entsprechenden Budgets. Hierzu müssen Einkauf und Controlling einen Mechanismus vereinbaren, damit die Kostensenkungen ergebniswirksam werden. „Einkäufer denken in Warengruppen-, Controller in Kostenarten-Strukturen. Diese passen in der Regel nicht zusammen“, erläutert Niehues. Als Übersetzungshilfe dient eine Matching-Tabelle. Somit lassen sich Kostenentwicklungen in den Warengruppen in einzelne Kostenarten und anschließend in dahinterliegende Budgets übersetzen. Dann steht einer Verbesserung des Jahresergebnisses ohne Beschneidung relevanter Leistungen nichts mehr entgegen.

Budgethaltern, die reduzierte Budgets als Folge der Pandemie hinnehmen müssen, bleibt ein Trost: Die aktuelle Situation ist eine Ausnahmesituation. Und wer jetzt dazu übergeht, Budgets flexibel an Bedarf und Kostenentwicklungen anzupassen, kann gestärkt aus der Krise hervorgehen. Niehues: „Wenn die Konjunktur wieder anzieht, entstehen Mehrbedarfe, die auch wieder in die Budgets übersetzt werden können.“


Kurz erklärt: Honorarordnung

HOAI wird angepasst

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist eine Verordnung des Bundes zur Regelung der Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen in Deutschland. Die HOAI gilt für alle Personen, die im Inland für inländische Projekte des Ingenieurbauwesens tätig sind, unabhängig von ihrer tatsächlichen Ausbildung, was durch den Langtitel Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen klargestellt wird.

Am 1. Januar 2021 wird eine HOAI in Kraft treten. Die Anpassung ist Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019, dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze gegen das Europarecht unvereinbar erklärt hatte.

Aufgrund der EuGH-Entscheidung gibt es keine verbindlichen Mindest- und Höchstsätze mehr. Es gibt also kein verpflichtendes Preisrecht, an das sich Bauherren und Architekten halten müssen. Allerdings gibt es weiterhin die Honorartafeln wie bisher mit ihren Honorarkorridoren. Die früheren Mindestsätze heißen jetzt allerdings „untere Honorarsätze“ (oder auch Basishonorarsätze), die früheren Höchstsätze „obere Honorarsätze“.

Beide Parteien dürften grundsätzlich auch Honorare unterhalb und oberhalb des Honorarkorridors der HOAI vereinbaren. Aber die Honorare, die innerhalb der HOAI-Honorarspannen liegen, sind diejenigen, die der Gesetzgeber in jedem Fall als angemessen ansieht. Damit soll es einen Ansatzpunkt geben, dass kein ruinöser Preiswettbewerb stattfindet.

Quelle: Bundesarchitektenkammer – BAK -Bundesgemeinschaft der Architektenkammern, Körperschaften des Öffentlichen Rechts e.V., www.bak.de


Der Berater

Inverto GmbH

Inverto ist als internationale Unternehmensberatung ein Spezialisten für strategischen Einkauf und Supply Chain Management in Europa. Das Leistungsangebot reicht von der Identifizierung und Bewertung von Potenzialen zur Kostensenkung und Prozessoptimierung über deren Umsetzung vor Ort bis zur Professionalisierung der gesamten Supply Chain. Als Tochter der Boston Consulting Group unterstützt das Beratungsunternehmen insbesondere bei der Umsetzung von Effizienzsteigerungen.


Hintergrund

Capex

Capex ist die Abkürzung für den englischen Begriff capital expenditures. Mit dem Capex werden Investitionsausgaben für längerfristige Anlagegüter bezeichnet, wie beispielsweise Maschinen, Gebäude, aber auch die Erstausrüstung, Ersatzteile, Rechnersysteme etc. Der Capex ist ein wichtiger Kennwert der Bilanz. Mit den Capex-Kosten erhöhen sich die bilanzierten Aktiva, die langfristig abgeschrieben werden.

Quelle: Wirtschaftslexikon Gabler

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