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Einkaufsverträge: Optimale Vertragsgestaltung für weltweites Sourcen

Einkaufsverträge
Optimale Vertragsgestaltung für weltweites Sourcen

Der globale Handel boomt und das Einkaufen überall auf der Welt ist für viele Unternehmen gängige Praxis. Doch immer noch sind Verträge, die mit ausländischen Lieferanten geschlossen werden, nicht perfekt. Es gilt, typische Fehler, unattraktive Klauseln und ungünstige Rechtsordnungen mithilfe von entsprechendem Vertragsmanagement zu vermeiden.

Die Initiative „Guided Contracting“ der Bayer AG soll ihren Einkäufern durch maschinengestützte Anwendungen helfen, Einkaufsverträge optimal zu gestalten. Vielleicht kann eine Maschine tatsächlich besser alle Aspekte überblicken, die bei der Vertragsgestaltung für internationale Beschaffungsaktivitäten zu beachten sind. Denn UN-Kaufrecht, Incoterms, nationale Rechtsordnungen und verschiedene Gerichtsstände bilden ein Dickicht an Regelungsmöglichkeiten, das schwer zu durchschauen ist.

Grundsatz: UN-Kaufrecht

Zunächst muss man sich klarmachen, dass das UN-Kaufrecht für alle Einkaufsverträge zwischen deutschen Einkäufern und Lieferanten gilt, die außerhalb der Europäischen Union (EU) ansässig sind. Es sei denn, die Parteien haben dies ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen oder der Lieferant ist in einem der wenigen Staaten ansässig, die diesen völkerrechtlichen Vertrag nicht ratifiziert haben. „Das UN-Kaufrecht gilt derzeit in Deutschland und in weiteren 88 Staaten – aus diesen Staaten kommen über 90 Prozent der deutschen Importe – und bietet damit eine breit angelegte, international durchsetzbare Rechtsgrundlage für Importgeschäfte“, erläutert Professor Dr. Burghard Piltz, Rechtsanwalt in der Kanzlei Ahlers & Vogel in Hamburg. Weltweite Akzeptanz hat das Regelwerk auch deshalb, weil es in dem Sinne ausgewogen ist, dass es mal den Käufer, mal den Lieferanten begünstigt. „Das UN-Kaufrecht hat für den deutschen Einkäufer zum Beispiel den unschätzbaren Vorteil, dass jede Abweichung von dem vereinbarten Vertragsprogramm den Lieferanten zum Schadensersatz verpflichtet – ein Ergebnis, dass bei Geltung deutschen Rechts nicht standardisiert werden kann“, sagt Außenhandelsrechtsexperte Piltz. Ein weiterer Pluspunkt für das CISG (für „United Convention on Contracts for the International Sale of Goods“), wie das UN-Kaufrecht auch genannt wird: Während das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) vom Käufer verlangt, dass ein Mangel unverzüglich gerügt wird, gewährt das CISG eine angemessene Frist für die Mängelrüge, sodass der Käufer hier mehr Zeit zur Überprüfung und Monierung der Ware hat.

Vor- und Nachteile

Da die CISG-Normen überall auf der Welt einen reibungslosen Handel ermöglichen sollen, weisen sie auch lieferantenfreundliche Tendenzen auf. „Die Nachteile, die das UN-Kaufrecht für den Einkäufer zur Folge haben kann, lassen sich aber unschwer durch Importbedingungen oder Ähnliches relativieren“, rät Anwalt Piltz. So stehen beispielsweise dem Einkäufer einige Gewährleistungsansprüche nach CISG nur bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels oder einer wesentlichen Vertragsverletzung zu – solch schwere Verfehlungen kommen in der Praxis nur selten vor. Damit sich die Rechte des Käufers nicht verkürzen, ist diese unvorteilhafte Regelung im Einkaufsvertrag durch eine individuelle, günstigere Klausel auszuschließen, die nicht auf das Kriterium „wesentlich“ abstellt. Dass bei internationalen Einkaufsverträgen mit großer Sorgfalt vorgegangen werden muss, wird hier deutlich. Vor einem leichtfertigen „Wird schon passen“ sei ausdrücklich gewarnt.

Ergänzende Klauseln

Ohnehin regelt das UN-Kaufrecht nicht jede Rechtsfrage, die in der Vertragsbeziehung Käufer-Verkäufer auftreten kann, sondern nur einen fragmentarischen Teil. Für alle übrigen rechtlichen Fragen gilt es, andere Klauseln zu finden oder insgesamt ergänzend eine bestimmte nationale Rechtsordnung zu vereinbaren. Übersieht man eine solche Rechtswahl, greift typischerweise das nationale Recht des Leistungserbringers, also des Lieferanten, ein. Das „Guided Contracting“ von Bayer sollte hier Alarm geben, denn in einer fremden Rechtsordnung bewegt man sich eher ungern.

Ausnahme: Wer als Käufer eine schnelle Eigentumsübertragung will, muss in den sauren Apfel beißen und sich nach dem Recht des Landes richten, in dem sich die Ware befindet. Ähnliches gilt für Sicherungsrechte, also abgetretene Forderungen oder sicherungsübereignete Gegenstände. Werden solche Sicherheiten gewährt, dann ist es sinnvoll, für diesen Punkt vorab die Rechtsordnung des Landes zu vereinbaren, in dem diese Sicherungsrechte später durchzusetzen sind.

Wahl des Gerichtsstands

Unabhängig von der Frage, welches Recht zur Anwendung kommt, ist die Frage zu beurteilen, vor welchem Gericht ein etwaiger Rechtsstreit ausgetragen werden soll. Ist hierzu nichts vereinbart, gilt der Gerichtsstand des Beklagten, also der Sitz des Verkäufers, oder des Erfüllungsortes. Der hiesige Einkäufer wünscht sich in aller Regel einen Gerichtsstand in Deutschland: Man kann den vertrauten Anwalt beauftragen, eine etwaige Verhandlung findet in der Nähe statt und die Korrespondenz erfolgt auf Deutsch. Dies erreicht man durch eine entsprechende Gerichtsstandvereinbarung im Vertrag. Möglich ist auch die Vereinbarung eines privaten Schiedsgerichts. „Dies macht neben Vertraulichkeitsgründen insbesondere dann Sinn, wenn Zuverlässigkeit und Effizienz der Gerichte einer bestimmten Jurisdiktion in Zweifel stehen“, sagt Dr. Claus Moritz Trube, Syndikusrechtsanwalt der Bayer AG. „Zumindest in Deutschland und den USA belassen wir es aber regelmäßig bei der staatlichen Gerichtsbarkeit.“

Zwangsvollstreckung im Ausland

Der auf den ersten Blick vorteilhafte inländische Gerichtsstand hat einen kleinen Haken: Wenn nämlich das Urteil eines deutschen Gerichts im Ausland, beim Verkäufer, vollstreckt werden muss. Dann muss dieser „Titel“ erst noch übersetzt werden und ein aufwendiges Anerkennungsverfahren im Ausland durchlaufen. Innerhalb der EU ist man hier weiter: Der Europäische Vollstreckungstitel ermöglicht die direkte Vollstreckung in allen Mitgliedstaaten.

Einkaufs-AGBs zusätzlich sinnvoll

Eine weitere Absicherung für die Käuferseite bieten allgemeine Einkaufsbedingungen des Unternehmens, die in den Kaufvertrag mit dem ausländischen Partner einbezogen werden. „Da es dabei um Vorkehrungen für den Fall geht, dass der Lieferant die Erwartungen des Importeurs nicht erfüllt, kann der Lieferant kaum Einwendungen gegen sachliche Einkaufs-AGBs vorbringen“, sagt Handelsrechtsexperte Piltz. Tue er dies gleichwohl, dürften Besorgnisse im Hinblick auf seine Zuverlässigkeit aufkommen. Auch bei Bayer setzt auf man auf Einkaufs-AGBs im internationalen Warenverkehr: „Insbesondere bei Einkäufen, die keines Papiervertrags im Sinne eines von beiden Seiten unterschriebenen Schriftstücks bedürfen, sondern etwa durch Purchase order abgewickelt werden, verweisen wir in unseren Bestellungen auf unsere Allgemeinen Einkaufsbedingungen“, bestätigt Jurist Trube.

Incoterms

Beliebt ist zudem die Bezugnahme auf die internationalen Handelsklauseln Incoterms. „Anstatt die gebotenen Regelungspunkte eines internationalen Kaufvertrages immer wieder durchzuformulieren, empfiehlt sich, auf eine der Klauseln der Incoterms aufzusetzen und diese bei Bedarf anzupassen“, empfiehlt Außenhandelsrechtler Piltz. Er warnt aber vor der standardmäßigen Verwendung der Klausel DDP („geliefert verzollt“). Die Klausel könne in Deutschland Umsatzsteuerprobleme zur Folge haben und sei zollrechtlich nur schwer umsetzbar. „Die in der Praxis dann üblichen Verfahrensweisen sind für den deutschen Importeur fast immer nachteilig“, so Piltz. Auch hier müsste das Warnsystem des „Guided Contracting“ anschlagen.



Die Nachteile, die das UN-Kaufrecht für den Einkäufer zur Folge haben kann, lassen sich aber unschwer durch Importbedingungen oder Ähnliches relativieren.“
RA Professor Dr. Burghard Piltz


 

Anja Falkenstein,
Rechtsanwältin,
Karlsruhe

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