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Bosch: Energieeffizienz und Nachhaltigkeit rücken in den Fokus

Mehr Transparenz für Energiedaten
Kein Kilowatt zu viel

In Echtzeit ermöglicht eine Plattform von Bosch den Blick ins Innere von Industriemaschinen. Die Daten aus der Überwachung nutzt der Konzern in der eigenen Produktion, um Abschaltzeiten von Anlagen zu optimieren und so den Energieverbrauch zu senken. Mit Unterstützung der Plattform spart das Werk in Homburg jährlich mehrere Millionen Euro.

Wenn am Montagmorgen im Saarland in den Homburger Werkshallen die Maschinen hochfahren, kann Fabian Bucksch in seinem Büro dabei zusehen. Ein Lämpchen nach dem anderen leuchtet auf seinem Bildschirm auf. Mit einem Blick erfasst er, ob es irgendwo Anlaufprobleme gibt. Im Stand-by-Modus verbrauchen sie nur noch ein Fünftel dessen, was sie vor fünf Jahren benötigten. „Wir haben unser Abschaltmanagement stark verbessert“, sagt der Energieexperte. Dazu beigetragen haben Anleitungen für die Mitarbeiter, wie sie die Maschinen an- und abschalten sollen, aber auch technische Eingriffe. „Allein dadurch spart das Werk jährlich mehr als 1,2 Millionen Euro.“

Das optimierte Abschaltmanagement ist nur eine von vielen Energiesparmaßnahmen, die den Verbrauch im Werk um knapp elf Millionen Euro drücken konnten. Abgeleitet wurden sie mithilfe der Energy Platform, einer Software, die umfängliche Informationen darüber liefert, wie viel Energie welche Maschine zu welchem Zeitpunkt verbraucht. Die Plattform lässt tief ins Konsumverhalten der Anlagen blicken. „Durch Ober- und Untergrenzen, aber auch durch Vergleiche zwischen den Maschinen können wir sofort erkennen, welche unnötig viel Energie verbrauchen oder welche schlecht ausgelastet sind“, sagt Bucksch. Eine ständige Überwachung sei nicht erforderlich: Bei Abweichungen sendet die Plattform eine Nachricht an den zuständigen Mitarbeiter.

Von der einzelnen Maßnahme zur Plattform

Entstanden ist die Energy Platform als logische Konsequenz: „Wir haben 2007 mit einzelnen Sparmaßahmen angefangen und dann schrittweise und systematisch das große Potenzial erarbeitet“, erzählt Bucksch, der heute mit einem Energieteam aus 14 Mitarbeitern die Energieeffizienz des Werks Homburg verbessert. Hintergrund ist, dass das Homburger Werk mit einem sehr hohen Energieverbrauch umgehen muss. Um den Verbrauch zuordnen zu können, wurden alle Maschinen mit Sensoren aufgerüstet. Die gemessenen Daten werden in der Energy Platform aufbereitet und übersichtlich dargestellt.

Inzwischen überwacht Bosch den eigenen Verbrauch an mehr als 90.000 Datenpunkten mit der intelligenten Lösung. In Homburg sind über die Plattform gut 10.000 Datenpunkte vernetzt. Hier konnten bereits in den ersten beiden Jahren der CO2-Ausstoß um 12 Prozent gesenkt werden. Das Bosch-Werk Blaichach nutzt das System, um Energie- und Produktionsdaten an über 1000 Datenpunkten zu erfassen. Mithilfe der Lösung wurden die Energiekosten bei Maschinen im Bereich Druckluft um bis zu 40 Prozent reduziert.

Den Puls der Maschine messen

An diesem Morgen sieht sich Bucksch mit seinen Kollegen den Druckluftverbrauch vier neuer Schleifmaschinen an. Über den Vergleich bestimmter Kennzahlen erkennen sie, dass eine der Maschinen mehr Druckluft benötigt als die anderen. „Das deutet auf eine Leckage hin“, sagt Bernhard Kohl aus dem Energieteam. „Ohne die Energy Platform hätten wir die undichte Stelle vermutlich erst bei der nächsten Wartung entdeckt.“ Sie erfahren aber noch mehr über den Zustand der Maschine. „An dem Profil der Kennzahlen können wir auch ablesen, wie hoch der Verschleiß der Bauteile ist“, erklärt Andreas Theis, der die Abteilung Technische Funktionen leitet. Der Instandhalter wechselt daher Bauteile nicht mehr präventiv nach festgelegten zeitlichen Intervallen aus, sondern „prädiktiv, also zustandsorientiert“, wie Theis erklärt. „Um die Instandhaltungskosten auf ein Best-Case-Minimum zu senken.“ Für die Instandhalter ist diese Alarmfunktion hilfreich. Muss etwa die Spindel in der Schleifmaschine ausgetauscht werden, informiert die Energy Platform die Mitarbeiter rechtzeitig. „Dadurch sparen wir uns den Kauf einer neuen Spindel und verhindern Qualitätsmängel sowie wochenlangen Maschinenstillstand.“

Seit 2013 vertreibt die Bosch-Tochter Energy and Building Solutions die Plattform – und das Homburger Werk ist nicht nur der erste und größte Kunde, sondern laut Konzernangaben zudem Vorreiter für weitere Anwendungsfälle. „Auch bei der Applikation der Software beim externen Kunden wird das Energieteam aus Homburg hinzugezogen“, erklärt Bucksch. „Auf Wunsch führen wir sogar technische Eingriffe in unserer Werkstatt durch.“

Potenziale im Lastenmanagement

Im Homburger Werk sind mehr als 15 Prozent der 3600 Maschinen im Werk mit der Plattform verbunden. „Als Nächstes wollen wir unsere Produktion mit der Energiezentrale des Werks vernetzen“, sagt Bucksch. Auf Grundlage dieser Daten könne man das Lastenmanagement verbessern. Der Energieexperte gibt ein Beispiel: „Wenn montagmorgens alle Maschinen hochfahren, entsteht eine Spitzenlast, die sich unser Übertragungsnetzbetreiber teuer bezahlen lässt. Prognostiziert die Plattform diese, kann sie von uns gekappt werden, indem wir den Bezug unserer Energie gezielt steuern.“ Die Grundlast konnte innerhalb von fünf Jahren auf bis zu 30 Prozent abgesenkt werden.

Bei ihren Abteilungsleitern läuft das Energieteam offene Türen ein. „Viele Firmen haben das Thema noch nicht auf dem Bildschirm“, beobachtet Arne Köngeter, der die Fertigung in Werk 1 verantwortet. Dabei seien die klassischen Einsparmöglichkeiten durch Automatisierung oder Personalkürzungen weitgehend ausgereizt – während Energie immer teurer werde. Die Mitarbeiter des Werks sind dafür längst sensibilisiert. „Bei uns wird auch nach dem Aufenthalt in den Personalräumen das Licht immer ausgeknipst“, sagt Köngeter abschließend. (ys)

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