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Nicht alles ist relativ

Kommentar
Nicht alles ist relativ

Nicht alles ist relativ
Sanja Döttling

Brexit oder Trump mit seiner aggressiven Twitter-Politik erschienen vor fünf Jahren noch verrückt, heute sind sie Realität. In ihrem Buch „Tod der Wahrheit“ erklärt Michiko Kakutani eindringlich, dass Erscheinungen wie Trump und Boris Johnson nicht plötzlich auftraten – vielmehr sind sie die Ausgeburten einer postmodernen Kultur, in der sich normen- und wertebasierte gesellschaftliche Übereinstimmungen auflösen.

Das geht so weit, bis unsere Realität – also Ereignisse und Fakten – im Subjektivismus ertrinkt. Zuvor unbestrittene Zahlen, wie zum Klimawandel, werden zu einer Frage der Perspektive. Denken wir den postmodernen Subjektivismus einmal zu Ende, dann zerfällt das Konstrukt von Realität und Wahrheit irgendwann komplett. Mehr und mehr löst sich das Material, aus dem unsere heutige Gesellschaft gestrickt wurde, auf, weil manche Menschen mit Gewalt daran rupfen und reißen.

Natürlich ist es richtig, Meinungen zu hinterfragen und nicht allen Statistiken zu glauben. Dennoch: Fakten sind immer noch das, was sie immer waren: Fakten. Nicht alles ist relativ, auch unsere Realität nicht. Freudig zelebrierter, postmoderner Zerfall kann in der Kunst ein gesellschaftskritisches Fingerspiel sein – in der wirtschaftlich-politischen Realität ist er fehlplatziert.

Fakten, seien sie auch noch so unvollkommen, halten zusammen, was wir als Gesellschaft an einem gemeinsamen Weltbild teilen. Es gibt humanistische, moralische und faktische Grundsätze, unumstößliche Wahrheiten, die nicht nur dafür sorgen, dass wir uns als Menschen weiterentwickeln, sondern uns auch erst zu Menschen gemacht haben. In der Charta der Vereinten Nationen sind diese Grundsätze das Streben nach Weltfrieden und Gleichberechtigung sowie unumstößliche Menschenrechte. Und wenn wir den Glauben an diese Grundsätze verlieren, dann wird jede gesellschaftliche und wirtschaftliche Diskussion ihres Gegenstandes beraubt. Deshalb darf und kann das Blendwerk machtbesessener Herren nicht zur Norm unserer Gesellschaft werden.

Sanja Döttling ist Redakteurin bei Beschaffung aktuell

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