… or should I go?“ Als die englische Punk-Rock-Band The Clash im Jahr 1982 ihren Klassiker veröffentlichte, reiste der damalige Bundespräsident Karl Carstens zum ersten Staatsbesuch eines deutschen Staatsoberhaupts in die Volksrepublik China. Seitdem hat sich die Weltwirtschaft gewaltig verändert. Heute ist das Reich der Mitte die größte Exportnation der Welt und in vielen Bereichen wirkt es so, als wäre eine Abspaltung unvorstellbar. Seltene Erden und Magnesium z. B. bezieht die EU zu mehr als 90 Prozent aus der Volksrepublik, so das DIW in Berlin. 2021 handelten Deutschland und China laut Statistischem Bundesamt Waren im Wert von 246,5 Milliarden Euro. Damit ist das Land zum sechsten Mal in Folge unser wichtigster Handelspartner.
„If I go there will be trouble and if I stay it will be double“, heißt es in einer Zeile des Songs und solche Überlegungen dürften auch in immer mehr Unternehmensführungen eine Rolle spielen. Aufgrund der Coronapolitik, der Strategie „Made in China 2025“, der Unterdrückung ethnischer Minderheiten und der militärischen Bedrohung Taiwans, wägen immer mehr Manager ab, inwieweit ein Rückzug aus China realistisch ist – insbesondere mit Blick auf die Lieferketten. Im Falle Russlands haben die westlichen Staaten nicht lange gezögert, den Angriffskrieg mit Sanktionen zu kontern. Eine Eskalation im Konflikt zwischen China und Taiwan, hätte wohl ähnliche Folgen. Jedoch ist der chinesische Markt für die deutsche Wirtschaft nach den USA, gemeinsam mit Frankreich und den Niederlanden, einer der größten Absatzmärkte.
Sänger und Gitarrist Joe Stummer hatte die Idee die Backing vocals auf Spanisch zu singen – „¿Me debo ir o quedarme?“ Bei der Übersetzung half ihm die Mutter eines Tontechnikers mit südamerikanischen Wurzeln. Was das mit China zu tun hat? Ehrlicherweise wenig. Aber: In Südamerika befinden sich, wie in der Volksrepublik, immense Rohstoffvorkommen. Der Kontinent verfügt über Ressourcen, die für Deutschland von großer Bedeutung sind. Durch den Wegfall von Russland als Handelspartner und den Bedenken gegenüber China, rücken die Mercosur-Länder stärker in den Fokus. Die seit 2019 stockende Ratifizierung des EU-Mercosur-Freihandelsvertrags könnte an Fahrt aufnehmen. „Das Abkommen ist eine gute Basis dafür, die Rohstoffknappheit in Europa zu mildern und die Lieferketten zu diversifizieren“, ist DIHK-Präsident Peter Adrian überzeugt. Auch in Asien gibt es noch Marktpotenzial: Dem AHK World Business Outlook 2022 zufolge, planen Unternehmen ihr Engagement in Indien und Südostasien auszuweiten. Es stellt sich also nicht nur die Frage nach dem Bleiben oder Gehen, sondern auch wohin.
Yannick Schwab
Redakteur der Beschaffung aktuell
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