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Lieferantenmanagement - Vertrauen ist wichtiger Erfolgsfaktor

Zulieferer-Abnehmer-Beziehung
Vertrauen als wichtiger Erfolgsfaktor

Modul- und Systemlieferanten haben sich zu wichtigen Wertschöpfungspartnern entwickelt. Dabei entscheidet nicht nur die Preispolitik, sondern auch die Art der Zusammenarbeit über den langfristigen Geschäftserfolg. Ein Lieferantenmanagement sollte daher auch ein Beziehungsmarketing enthalten, das eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufbaut und aufrechterhält. An der Hochschule in Siegen wurde untersucht, welche Maßnahmen sich eigenen, um das gegenseitige Vertrauen zu stärken.

Voraussetzung für einen Vertrauensaufbau sind: eine offene Kommunikation mit einem kontinuierlichen Informationsaustausch, Glauben in die eigene Fähigkeit, Einfluss auf den anderen zu nehmen, endend mit der Verpflichtung zur Loyalität dem Anderen gegenüber. Dieser Status ist fragil, denn im Falle des opportunistischen Verhaltens eines Akteurs (Verhaltensrisiko), steht die schnelle und nachhaltige Zerstörbarkeit einer jeden Vertrauensbasis. Vertrauen hat auch eine monetäre Dimension, denn besteht Vertrauen zwischen Akteuren, können Kontrollkosten minimiert und dadurch die Kooperationsgewinne maximiert werden.

Vertrauen kann als Schlüsselgröße in jeder Beziehung interpretiert werden, weil es die Beziehungspartner dazu animieren soll, ihr opportunistisches Verhalten abzulegen und kurzfristig attraktiven Alternativen zugunsten einer langfristigen Beziehung zu widerstehen. Betrachtet man eine Zulieferer-Abnehmer-Beziehung, so werden hierbei voraussichtlich ein Einkäufer und ein Verkäufer beteiligt sein. Durch Entwicklungen, wie die ständige Abnahme der Fertigungstiefe, erhöht sich nicht nur der Beschaffungsumfang, sondern auch der Anteil an Innovationen, welche durch Lieferanten im Wertschöpfungsprozess erbracht werden. Daher spielt der Preis als Koordinationsinstrument eine immer geringer werdende Rolle. Die Konzentration auf wenige Wertschöpfungspartnerschaften beinhaltet natürlich auch Risiken. Stellt man die Frage, wie sich diese Verhaltensrisiken minimieren lassen, bieten sich verschiedene Maßnahmen an, die sich zum Vertrauensbau eignen. Drei Maßnahmen werden nachfolgend dargestellt.
Betriebsbesichtigungen. Als einfach umzusetzende Maßnahme zur Vertrauenssteigerung können Events, wie Betriebsbesichtigungen eingesetzt werden. Dadurch erhält der Zulieferer Eindrücke zu Produkten, Prozessen, Unternehmenskultur und Kommunikationsverhalten des Abnehmers. Die Attraktivität als Vertrauenspartner kann durch zusätzliche Informationen über die konjunkturelle Entwicklung, den Innovationsgrad, den Unternehmenserfolg sowie die eingesetzte Technologie weiter gesteigert werden. Durch diese Maßnahme soll das personale Vertrauen zwischen den beteiligten Mitarbeitern aufgebaut werden. Die Eignung als Vertrauenspartner hängt im hohen Maße von der Vertrauenswürdigkeit ab. Deren beobachtbare Größen sind: Kompetenz, Integrität, Gesinnung, Kommunikationsbereitschaft und Gleichartigkeit. Da die Zulieferer aus eigenem Antrieb an Betriebsbesichtigungen teilnehmen, ist von einem hohen Involvement (persönliches Engagement) auszugehen. Diese erhöhte Bereitschaft, sowie die erfahrene Aufmerksamkeit stellt eine gute Voraussetzung zur positiven Beziehungspflege dar. Der Erfolg der Maßnahme hängt maßgeblich von den gewonnenen persönlichen Eindrücken ab und weniger von fachlichen oder wertmäßigen Ergebnissen. Mögliche Risiken dieser Maßnahme sind neben Verhaltensrisiken auf Seiten des Zulieferers eine fehlende Leistungsbereitschaft der eingebunden Mitarbeiter.
Lieferantenschulungen durchführen. Schulungen beim Abnehmer werden vorwiegend bei bestehenden Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen eingesetzt, wo neben der Vertrauensförderung idealerweise auch das Leistungsniveau der Zulieferer verbessert werden kann. Die offene Weitergabe der Kompetenzen des Abnehmers und der Informationsaustausch führen auch zur Stärkung der gemeinsamen Vertrauensbasis. Die Informationsweitergabe ist ein Vertrauensvorschuss, sie demonstriert Risikobereitschaft und die Intention eine langfristige Partnerschaft mit dem Zulieferer einzugehen. Diese erhaltene Wertschätzung animiert den Zulieferer, die erbrachte Vorleistung anzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren, um den Vertrauensgeber nicht zu enttäuschen. Grundsätzlich werden Schulungen nur für wirtschaftlich relevante Zulieferer abgehalten, zu denen bereits eine Vertrauensbasis besteht, da sonst das Verhaltensrisiko auf Seiten des Zulieferers zu groß sein kann. Neben einem verfügbaren Schulungsbudget sowie hinreichenden fachlichen Kenntnissen ist auch die Mitwirkungsbereitschaft aller eingebundenen Mitarbeiter notwendig.
Gemeinsame Produktentwicklungen. Bei gemeinsamen Produktentwicklungen spielt der Zeitpunkt der Integration eines Lieferanten eine große Rolle. Je komplexer ein Produkt und je größer der Ressourceneinsatz, desto früher sollte die Lieferantenintegration erfolgen. Nach der Anreiz-Beitrags-Theorie wird die Zulieferer-Abnehmer-Beziehung nur so lange befriedigende Ergebnisse erzielen, solange die jeweiligen Anreize für die Partner nicht geringer sind, als die zu leistenden Beiträge. Der Nutzen des Abnehmers liegt dabei in wettbewerbsstrategischen Vorteilen, wie dem Zugang zu neuen Technologien, der Realisierung von Synergie- und Erfahrungskurveneffekten, Kostenreduktion sowie Zeit- und Flexibilitätsvorteilen. Der größte Nutzen des Lieferanten besteht darin, für einen bestimmten Zeitraum primärer Lieferpartner zu sein. Der Nutzen des Lieferanten entsteht oftmals erst in der Phase der Markteinführung. Allerdings können Lieferanten auch in frühen Phasen profitieren, wenn auch sie Zugang zu neuem Know-how erhalten, welche in eigenen Produkt- und Prozessinnovation münden können. Wichtig ist eine weitgehende Interessenidentität der Partner, was hier bedeutet, dass Ziele gemeinsam und in Übereinstimmung festgelegt werden. Zudem sollte bereits im Vorhinein eine hinreichende Vertrauensbasis zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer aufgebaut werden.
Durch gemeinsame Produktentwicklungen gewinnen Zulieferer und Abnehmer gegenseitige und tiefe Einblicke in das Kooperationsunternehmen. Auf Seiten des Zulieferers sind neben der Vertrauenswürdigkeit auch weitere Kompetenzen, wie das Know-how und die strategische Managementfähigkeit offenkundig. Erkennbar ist ebenfalls die Integrität des Abnehmers, welche vom Zulieferer als Indikator für zukünftiges Handeln angesehen werden kann. Weiterhin kann sich der Zulieferer mithilfe der Maßnahme auch einen Eindruck über die Einflussgrößen Gesinnung, Kommunikationsbereitschaft und Gleichartigkeit bilden, die entsprechendes Potenzial aufweisen und damit das Vertrauen in den Abnehmer fördern.
Es ist dabei herauszustellen, dass es auf das tatsächliche objektive Vorhandensein der Einflussgrößen nicht ankommt, sondern diese Einflussgrößen lediglich in der Wahrnehmung des Zulieferers vorhanden sein müssen. Dabei können Verhaltensrisiken auf beiden Seiten auftreten.
Die beschriebenen Maßnahmen dienen dazu, eine langfristig ausgerichtete, kooperative und wirtschaftliche erfolgreiche Zusammenarbeit aufzubauen. Auch wenn Kooperationsgewinne realisierbar sind, gibt es auch Argumente, welche gegen solche langfristig ausgerichtete Kooperationen sprechen können.
Durch eine Vertrauensbeziehung kann eine starke Abhängigkeit aufgebaut werden, sodass ein Lieferant eine Monopolstellung einnimmt und nur noch schwer austauschbar ist. Langlaufende Kooperationen können zu einer herabgesetzten Fähigkeit führen, sich veränderten Umweltentwicklungen anzupassen und verhindern möglicherweise die Integration neuer Kooperationspartner. Beobachtet werden auch Leistungsrisiken (Qualitätsverluste und Entwicklungsrisiken) sowie Lieferantenauswahlrisiko und Lieferausfallrisiko.
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