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Warum Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit kein Gegensatz sind

Lieferkettensorgfaltsgesetz bei Big Dutchman
Warum Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit kein Gegensatz sind

Warum Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit kein Gegensatz sind
Thomas Schöne, Einkaufsleiter der Big Dutchman International GmbH und Inga Meng, Mitarbeiterin im Bereich Global Purchasing & Controlling, leiten das Projekt LkSG federführend. Bild: Big Dutchman
Datentransparenz und Verbindung von Einkaufskennzahlen mit Nachhaltigkeitskriterien innerhalb einer All-in-One-Plattform für den strategischen Einkauf: Das war die große Challenge der Einkaufsorganisation bei Big Dutchman. Dort hat man frühzeitig die Weichen gestellt, um die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) automatisiert zu gestalten – und das unter Wirtschaftlichkeitsaspekten.

Big Dutchman hat frühzeitig die Weichen in die richtige Richtung und sich dem LkSG gestellt. Nun liegen erste bemerkenswerte Erfolge vor. Das Unternehmen verweist auf höhere Wertschöpfung und größere Resilienz. Ein Projekt, das anderen Unternehmen als Benchmark dienen kann.

Die Organisation

Das Unternehmen. Big Dutchman mit Sitz im niedersächsischen Vechta entwickelt und vertreibt weltweit Fütterungsanlagen und Stalleinrichtungen für die Haltung von Geflügel und Schweinen. Auf dem blitzblanken, großzügig angelegten Betriebsgelände mit roten Klinkerbauten und überdachten Freiluftbereichen lärmen keine Maschinen. Nur das Summen der Flurförderzeuge ist wahrzunehmen – und der Duft von frischem Holz. Der Grund: Big Dutchman (BD) produziert Anlagen und Zubehörteile nicht selbst. Man entwickelt, schreibt aus, lässt nach Zeichnungen die benötigten Materialien und Produkte bei Lieferanten anfertigen. Kriterien für die Lieferantenauswahl sind neben dem Preis auch Qualität und Flexibilität. In Vechta wird der Großteil auftragsbezogen konsolidiert, konfiguriert und in die beim Haus- und Hoflieferanten nebenan gefertigten hellen Holzkisten mit dem charakteristischen Unternehmenslogo verpackt. Gut 90 Prozent des Umsatzes generiert BD außerhalb Deutschlands.

Der Einkauf. Der strategische Einkauf ist bei BD nach Materialgruppen gegliedert. Auch das Thema Qualität ist im Einkauf angesiedelt. In Vechta werden die globalen Einkaufstätigkeiten der großen Standorte mit Logistikcentern in China, Malaysia, USA und Brasilien koordiniert; dazu gehören Intercompany-Geschäfte, die Überprüfung und Freigabe der lokalen Produktion bei Lieferanten der BD-Tochterunternehmen und die Betreuung einkaufsrelevanter IT-Anwendungen (wie E-Sourcing, EDI und anderer betriebsinterner Plattformen). Mit 28 Mitarbeitern versorgt Vechta zugleich die EMEA-Regionen. Das Einkaufsvolumen beträgt rund 300 Mio. Euro. Im Portfolio sind über 30.000 Artikel und 700 Lieferanten. Wie lässt sich diese Supply Chain unter den geforderten Sustainability-Aspekten in einem 360-Grad-Überblick abbilden?

Das Projekt LkSG

Stichtag für BD ist laut Gesetz der 1. Januar 2024, aber man ist hier seiner Zeit voraus. Bereits vor dem Projektstart hatte BD mit allen wesentlichen Lieferanten einen Code of Conduct vereinbart. „Während andere Unternehmen erst anfangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, haben wir bereits den Großteil des Weges hinter uns“, sagt Thomas Schöne, Einkaufsleiter der Big Dutchman International GmbH. Federführend für das Projekt ist Inga Meng, Mitarbeiterin im Bereich Global Purchasing & Controlling.

Die Ausgangsüberlegung. Am Anfang standen folgende Kernfragen: Was wissen wir bereits in Sachen Nachhaltigkeit – und was nicht? Was ist messbar und tatsächlich belastbar? Wie lösen wir in diesem Kontext die Schwierigkeiten, die (zu) viele Systeme, Medienbrüche und manuelle Tätigkeiten mit sich bringen? Und: Wie und mit wem können wir mehr erreichen als die bloße Zielerfüllung der jetzt geltenden Anforderungen des Gesetzes?

Der Auswahlprozess. Drei externe Berater durften zunächst Vorschläge zum anstehenden Projekt unterbreiten. Thomas Schöne und Inga Meng war es wichtig, dass sich neu gewonnene Informationen zur Nachhaltigkeit über die gesamte Lieferantenbasis hinweg mit bereits vorhandenen Einkaufskennzahlen in einem Supplier-Resource-Management-System verheiraten lassen. Den Zuschlag erhielt die GMVK Procurement Group aus Essen, denn die vermochte neben der reinen Beratungsleistung auch mit zwei signifikanten Zusatznutzen zu punkten – „zum einen mit einer guten IT-Lösung, dem BI-Tool 4EBIT-Plattform, zum anderen durch die Integration der Daten von IntegrityNext, einer Cloud-Lösung für das Monitoring von Nachhaltigkeit und Compliance in der Lieferkette“, erklärt Thomas Schöne. BD wird damit in die Lage versetzt, im 360-Grad-Überblick die Perfomance aller 700 Lieferanten auf Knopfdruck aufzurufen – und zwar in Sachen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Die Integration: Im November 2021 fiel der Startschuss für die Anbindung des Standortes Vechta durch die GMVK GmbH. Ein Ziel war, die IT-Mitarbeiter bei BD weitgehend zu „schonen“. Tatsächlich wurden diese dann auch nur zu Beginn zur Implementierung der Schnittstelle benötigt. Die Integration der Daten aus dem Data Warehouse von BD und aus vereinzelten Excel-Listen beanspruchte nur geringe Ladezeit via VPN. Der Server wird in Essen bei der 4EBIT GmbH gehostet. Technische Basis bilden die Analyse-Engine Qlik und vorkonfigurierte Templates der 4EBIT für den strategischen Einkauf.

Die Lösung. Die 4EBIT-Plattform ist eine All-in-One-Lösung für die Steuerung des strategischen Einkaufs. Sie schafft eine komfortable systematische und systemische Kombination von Einkaufs- und Nachhaltigkeitsdaten. Die Plattform liefert Transparenz und klare Analysen, um daraus Einkaufsstrategien unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien abzuleiten. 4EBIT und GMVK integrieren Pflichten und Anforderungen des LkSG in alltägliche Prozesse des strategischen Einkaufs wie das Lieferantenmanagement, insbesondere die Lieferantenbewertung. Die gesetzliche Pflicht des LkSG wird so zur Kür für ein optimales, nachhaltiges Lieferantenmanagement. Gemeinsam mit BD wurden individuell zugeschnittene Dashboards für ökologische, ökonomische und soziale Kriterien entwickelt. Hieraus lässt sich eine nachhaltige, transparente und sozial gerechte Lieferantenentwicklung managen.

Zu den Kosten: Neben dem einmaligen Projektaufwand fällt lediglich eine jährliche Lizenzgebühr für die User-Pakete an.

Der Fortschritt. „Wir haben bei Big Dutchman eine relativ belastbare Datenqualität vorgefunden. Die Zuarbeit war gut, so dass wir schneller als geplant vorangekommen sind. Es waren nur wenige strategische Vor-Ort-Termine nötig, etwa für Detail-Workshops, um den erarbeiteten Vorschlägen von uns gemeinsam den Feinschliff zu geben. Alles andere läuft seither remote“, erläutert Tobias Löwenthal, Geschäftsführer der 4EBIT GmbH . Bereits nach zwei Wochen standen erste Dashboards. Ein Großteil der Lieferanten registrierte sich schon nach einer Mail-Aufforderung zeitnah auf der IntegrityNext-Plattform. So begann die Datensammlung zu den Nachhaltigkeitskriterien für die Erfüllung der LkSG-Anforderungen. Inga Meng: „Die Bereitschaft war bei den Lieferanten durchweg vorhanden. Da wir aber einer der ersten Kunden waren, die mit dem Thema Nachhaltigkeit an sie herangetreten sind, gab es viele generelle Rückfragen, auch zu IntegrityNext.“ Jeder bestehende und neu hinzukommende Zulieferer hat standardisierte Fragen zu verschiedenen LkSG-relevanten Themenblöcken, etwa zu „Menschen- und Arbeitsrechten“, zu beantworten, die automatisiert im Hintergrund ausgewertet werden. Mitte 2022 waren 500 der 700 Lieferanten angebunden.

Nach der Live-Schaltung können sich die strategischen Einkäufer Ist- und Sollwerte, Erfüllungsgrade, Fortschritte, To-dos und Auffälligkeiten auf Knopfdruck in der Plattform anzeigen lassen. Grüne, gelbe und rote Flaggen zeigen unter anderem den jeweiligen Zustand und Handlungsbedarf in Sachen Nachhaltigkeit. Die möglichen Erkenntnisse reichen weit darüber hinaus. Zum Beispiel kann BD innerhalb der integrierten Lösung durch wenige Klicks die wirtschaftlichen Auswirkungen in Relation zu möglichen roten LkSG-Flaggen von Lieferanten ermitteln und entsprechende Abhilfe- sowie Präventivmaßnahmen festlegen und in die Wege leiten.

Fazit und Ausblick

Der Zeitvorsprung ermöglicht dem globalen Ausrüster von nutztierhaltenden Landwirtschaftsbetrieben, sich in den kommenden Monaten ohne Hektik weiter in die Systematik des LkSG und in das fortschrittliche System für die Lieferantenbewertung und Entwicklung einzuarbeiten, das Monitoring zu starten, Analysen zu fahren, Maßnahmen einzuleiten und dabei auch Anpassungen vorzunehmen. „Wir wollen im kommenden Jahr auch von den Erfahrungen derjenigen Unternehmen lernen, die bereits ab 2023 gesetzeskonform handeln müssen“, sagt Projektmanagerin Inga Meng. Aufgrund der neuen Datentransparenz sei man aber schon im laufenden Jahr in der Lage, die richtigen Schlüsse zu ziehen – „das wird die Handlungsschnelligkeit des Einkaufs und damit die des Unternehmens erhöhen“. Einer der beabsichtigten Vorteile sei, dass man fortan viel weniger manuelle (Excel-)Arbeit und Number-Crunching habe und endlich digitales Reporting auf Knopfdruck liefern könne. So sei es auch möglich, einem Lieferanten auf dem Laptop glasklare Informationen in Sachen Umwelt oder Lieferperformance zu präsentieren, weil sich ein belastbares Bild aus einer einzigen Managementkonsole speise. Einkaufsleiter Thomas Schöne verweist zugleich auf einen gewichtigen übergeordneten Effekt: „Die Verbindung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit rechnet sich auf Dauer allein durch die Zeit, die unsere strategischen Einkäufer sparen. Wir agieren gemeinsam innerhalb des komfortablen, flexiblen Systems, teilen Erkenntnisse und können abgestimmt reagieren. Das alles führt auch zu hoher Awareness bei der Geschäftsleitung.“ Im zweiten Schritt ist ein globaler Roll-out der Lösung geplant. Hier gilt es dann, auch die Kolleginnen und Kollegen anderer kontinentaler Hubs wie in den USA und Malaysia anzubinden.

Die Autorin: Sabine Ursel, Journalistin, Wiesbaden


Firmensitz in Vechta
Bild: BD

Big Dutchman

Seit 1938 konzipiert und realisiert Big Dutchman Fütterungsanlagen und Stalleinrichtungen für die Haltung von Schweinen und Geflügel. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 3500 Mitarbeiter und ist in mehr als 100 Ländern vertreten. Der Firmensitz befindet sich in Vechta/Niedersachsen.

Mit 28 Mitarbeitern im Einkauf werden von Vechta aus alle EMEA-Regionen versorgt. Das Einkaufsvolumen beträgt rund 300 Mio. Euro. Im Portfolio sind über 30.000 Artikel und 700 Lieferanten.


Lieferantenmanagement und Nachhaltigkeit (Erfüllung LkSG)

  • Lieferantenbewertung mit Hard Facts und Soft Facts (Kommentare der User)
  • Analysen pro Materialgruppe, Einkäufer, Lieferant und Artikel
  • Qualitätskennzahlen
  • Standortvergleich
  • Zeitraumvergleich
  • Nachhaltigkeit und Compliance
  • Maßnahmenreporting

Daraus ergeben sich Handlungsableitungen für Maßnahmen. Diese lassen sich in der Plattform managen und tracken.


Verbindung von 4EBIT-Plattform und IntegrityNext-Datenpool

Überwachung der gesamten Lieferantenbasis bezüglich Nachhaltigkeit und Compliance, um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, Risiken zu reduzieren und Einkaufsstrategien zu entwickeln

  • Big Dutchman nutzt derzeit sechs von zehn bei IntegrityNext abgedeckten Nachhaltigkeits- und Compliance-Bereichen, das sind: Anti-Korruption/Anti-Bestechung, Umweltschutz, Menschen- und Arbeitsrechte, Arbeitssicherheit, Verantwortung in der Lieferkette, Qualitätsmanagement
  • Einholen von Selbstauskünften aller aktiven Lieferanten auf Basis der standardisierten Fragebögen von IntegrityNext
  • Lieferanten können Zertifikate hochladen oder einfache Ja-/Nein-Fragen beantworten
  • Bewertung der LkSG-Kriterien erfolgt nach dem Ampelsystem
  • Durch Integration in die 4EBIT-Plattform sind alle Daten innerhalb einer Plattform sofort sichtbar, Einkaufsanalysen, Lieferantenbewertung, LkSG-Risikomanagement, Maßnahmen-Reporting und Co.
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