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Auf einem neuen Level

Logistik für die Getränkeindustrie
Auf einem neuen Level

SSI Schäfer hat als Generalunternehmer für Gerolsteiner ein vollautomatisches Kompaktlager realisiert. Es ist eine der modernsten Logistiklösungen in der Getränkeindustrie.Die umgesetzte Konzeption mit Kanallager, Schäfer Lift & Run- System, Orbiter-Shuttles und intelligenter Materialfluss-Steuerung aus dem Lagerverwaltungssystem sorgt bei Gerolsteiner für optimale Flächennutzung, Steigerung von Verfügbarkeit, Lieferfähigkeit und Servicequalität, hohen Durchsatz sowie moderne Arbeitsplätze. Darüber hinaus bietet die Lösung Optionen für ein weiteres Wachstum des Getränkeherstellers.

Heiße Sommermonate, das zeigte beispielsweise der Jahrhundertsommer 2006, stellen Getränkehersteller vor besondere Herausforderungen. Mit ihren Lagerkapazitäten können sie die enorme Nachfrage der Verbraucher kaum vorhalten. Der Lagerdurchsatz kann mit den Anforderungen des wachsenden Verladevolumens nicht mehr mithalten. Das Lager wird zum Nadelöhr zwischen Produktion und Vertrieb.

Zur Vermeidung solcher Situationen hat die Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG mit Sitz in Gerolstein im Rahmen einer internen Effizienzoffensive frühzeitig mit Planungen begonnen, die Distributionslogistik am Standort durch mögliche Automatisierungsmaßnahmen deutlich wirtschaftlicher zu gestalten. Vorrangige Ziele des Getränkeherstellers: Maximierung der Stellplatzkapazitäten, Steigerung der Effizienz im Bereich der Logistik und eine deutliche Verringerung der Lkw-Abfertigungszeiten im Warenausgang. In einer funktionalen Ausschreibung wurden die Anforderungen formuliert und Angebote am Markt eingeholt. Den Zuschlag für das Projekt erhielten als Generalunternehmer für die schlüsselfertige Erstellung inklusive Konzept, Abrissarbeiten und Bauleistungen sowie der technischen Ausstattung die Intralogistikspezialisten von SSI Schäfer, Giebelstadt.
Von Mitte 2011 bis September 2012 realisierte SSI Schäfer für Gerolsteiner in zwei Bauabschnitten eines der modernsten und effizientesten Lager- und Materialflusskonzepte in der Getränkeindustrie. Direkt an der Einweg-Abfüllanlage entstand zunächst ein Lagerkomplex mit 9300 Stellplätzen zur Lagerung der Einweg-Produkte, die etwa 20 Prozent der Gerolsteiner-Gebinde ausmachen. Nach dessen Inbetriebnahme im November 2011 begann der zweite Bauabschnitt des Kompaktlagers, mit dem die Kapazität verdoppelt wurde. Insgesamt stehen in dem neuen, sechsgassigen Hochregallager (HRL) von Gerolsteiner damit seit September 2012 knapp 19 000 Palettenstellplätze zur Verfügung. In der Planung vorgehalten ist darüber hinaus ein Ausbau der Kapazitäten auf bis zu 60 000 Stellplätze. „Die gesamte Konzeption ist auf nachhaltige Zukunftsfähigkeit ausgelegt und das Distributionslager modular erweiterbar“, erklärt Michael Hoffmann, Bereichsleiter Vertrieb Food Retail & Beverage Solutions – Business Development bei SSI Schäfer. „Der bei Bedarf erforderliche weitere Lagerkomplex kann nahtlos an das vorhandene Lager, an die Fördertechnik und die IT angebunden werden.“
Besonderheit: „Durch die Konzeption des Kompaktlagers wird für die Lagerung nur noch ein Viertel der Betriebsfläche benötigt als bei klassischer Blocklagerung. Die bebaute Fläche reduziert sich damit um die Größe von drei Fußballfeldern“, so Rust. Denn einerseits hat SSI Schäfer in dem Kanallager erstmals auf drei übereinander stehenden Ebenen das Schäfer Lift&Run-Konzept umgesetzt; zum anderen wurde dadurch der gesamte Versandbereich mit einer Bühnenkonstruktion überbaut, sodass platzsparend ein Büro- und Sozialbereich sowie eine Sonderhandlingsfläche für den Bau von Display-Paletten in die Anlage integriert sind. „Früher war der Displaybau ausgelagert und die Produkte mussten mehrfach hin und her transportiert werden. Durch die Konzeption von SSI Schäfer erfolgen die Dienstleistungen jetzt direkt am Produktionsstandort. Das spart Zeit, reduziert die Kosten und schont zudem die Umwelt“, fasst Harald Jakoby, Leiter Technische Planung bei Gerolsteiner die Vorteile zusammen.
Ohnehin wirkt sich das Kompaktlager positiv auf die CO2-Bilanz des Herstellers aus. Jakoby: „Durch die Automation und die Versandbereitstellung nach dem Prinzip Ware-zum-Mitarbeiter entfallen die Staplerfahrten, sodass wir allein bei den innerbetrieblichen Transporten neben den Effizienzvorteilen durch die Anlage eine um 20 Prozent verbesserte CO2-Bilanz ausweisen.“
Bis zu 7000 Paletten verlassen inzwischen jede Woche das Distributionslager von Gerolsteiner. „Rechnerisch wird das Lager damit alle 14 Tage einmal komplett umgeschlagen“, so Jakoby. Basis für diesen hohen Durchsatz bildet das Schäfer Lift&Run-Konzept, nach dem die Prozesse in dem Kompaktlager erfolgen. Besonderes Merkmal: Beim Lift&Run sind die vertikalen und die horizontalen Lagerbewegungen getrennt. Die Zu- und Abfuhr der Paletten erfolgt über Vertikallifte. Lagergerät SLR und Lifte bilden zusammen das Transportsystem. Das Zweimast-Lagergerät SLR übernimmt die Paletten quer auf seinen Hubwagen und ist mit einem Kanalfahrzeug, dem Schäfer Orbiter System (SOS), ausgestattet. Das Shuttle übernimmt das Verfahren der Paletten im Regalkanal.
Gesteuert werden die Prozesse vom Lagerverwaltungssystem (LVS) Wamas von SSI Schäfer, das über eine Schnittstelle direkt an das bei Gerolsteiner führende SAP LES angebunden ist. Mit seinen Funktionalitäten deckt das LVS dabei die Warenein- und -ausgangserfassung inklusive Verladekontrolle sowie die Bestands- und Stellplatzverwaltung ab, übernimmt die Steuerung der Materialflüsse und innerbetrieblichen Transporte, leitet die Datenfunk-Kommunikation und sorgt mit seinen Visualisierungsfunktionen für Transparenz der Materialflüsse, Anlagenzustände und der Auftragsbearbeitung.
Die Abläufe: Fahrerlose Transportsysteme sorgen 24 Stunden an allen sieben Wochentagen für eine kontinuierliche, vollautomatische Nachschubversorgung aus dem 200 m entfernten Produktionsgebäude. Die angelieferten Paletten werden in Sechserblöcken automatisch an einen Aufgabetisch und von dort an die Fördertechnik übergeben. Die Paletten werden zunächst auf eine Pufferstrecke in die Vorzone des Kompaktlagers geführt und durchlaufen anschließend eine Kontur- und Gewichtskontrolle. Die jeweiligen Produktionsdaten werden vom SAP-System an das LVS übermittelt. Das LVS errechnet daraufhin die Stellplätze und steuert die Paletten über eine kurze Förderstrecke an die Übergabepunkte zur Einlagerung in einem der beiden Lagerblöcke.
Jeder Lagerblock ist durch eine Bühnenkonstruktion in drei Ebenen unterteilt. „Eine besondere Herausforderung für den Stahlbau“, erklärt Hoffmann. „Denn in beiden Lagerblöcken kommt auf allen Ebenen jeweils ein SLR zum Einsatz. Insgesamt werden also sechs physische Gassen von sechs SLR Lagergeräten bedient. Das musste bei der Statik besonders berücksichtigt werden.“
Die Einlagerungen in den beiden unteren Ebenen der Lagerblöcke erfolgen durch direkte Übergabe an die SLR. Die SLR der oberen Ebenen werden durch insgesamt vier Senkrechtförderer bedient. An den Übergabeplätzen übernehmen die SLR die Paletten auf ihr Orbiter-Lastaufnahmemittel und verfahren sie nach den Informationen des LVS vor den jeweiligen Einlagerungskanal. Jedes SLR bestückt in seiner Gasse rund 3000 Stellplätze. Diese verteilen sich links und rechts der SLR auf sieben Regalzeilen in der Höhe und rund 20 Kanäle pro Regalzeile mit jeweils 12-fachtiefer Lagerung. Nachdem das SLR vor dem zugewiesenen Ort positioniert ist, hebt der Orbiter die Palette leicht an und transportiert sie in die Tiefe des Regalkanals. Dabei nutzt das Shuttle eigene Fahrschienen, die in die Träger des Regalkanals eingearbeitet sind. Gesteuert von der digitalen Wegmessung und Lichtsensorik setzen die Orbiter die Paletten durch leichtes Absenken punktgenau am vorgegebenen Stellplatz im Regalkanal ab und fahren zurück zum SLR. Auslagerungen erfolgen in umgekehrter Reihenfolge. Die ausgelagerten Paletten aus allen Ebenen werden im Erdgeschoss über eine kurze Förderstrecke gegebenenfalls an eine Abgabestation geführt, wo Display-Paletten oder Halb-Chep von den Euro-Trägerpaletten abgehoben werden. Dann führt die Fördertechnik die Paletten zwei Verschiebewagen zu, die pro Lagerblock einen Versandbahnhof mit jeweils 15 Versandtischen bedienen. Parallel dazu können die Paletten zum Displaybau ausgesteuert werden, der im Obergeschoss im Kopfbau installiert ist. Die entsprechende Nachschubsteuerung erfolgt über das LVS Wamas und ist automatisiert. Die konfektionierten Display-Paletten können direkt in den Versandbereich übergeben oder zur Zwischenlagerung wieder im Kompaktlager eingelagert werden.
Pro Stunde leisten die SLR bis zu 150 Ein- und 260 Auslagerungen im neuen Kompaktlager von Gerolsteiner. „Damit bieten wir höchste Liefersicherheit auch bei Spitzenauslastungen und können unseren hohen Ansprüchen an unsere Servicequalität weiter nachkommen“, urteilt Roland Keul, Leiter Logistik beim Gerolsteiner Brunnen, zufrieden. „Die Paletten sind stabiler und wegen des geringeren Handlings deutlich sauberer als früher. Zudem haben wir die Arbeitsplatzprofile mit der neuen Logistikanlage deutlich aufgewertet. Die Mitarbeiter sind heute vorrangig mit der verantwortungsvollen Koordinierung von Prozessen als mit anstrengenden operativen Tätigkeiten befasst.“ Mit Einrichtung des Kompaktlagers konnte Gerolsteiner zudem eine weitere Neuerung zur Effizienzsteigerung realisieren: Die Verladung der Lkws wurde auf die Logistik ausgerichtet und von der in der Getränkeindustrie üblichen Seitenverladung komplett auf Heckverladung umgestellt. „Dadurch können wir bis zu zehn Lkw gleichzeitig beladen“, sagt Keul. „Das bedeutet eine erhebliche Effizienzsteigerung der logistischen Abläufe für unser Unternehmen. Zudem ist es jetzt möglich, die Verladung durch das Fahrerpersonal durchführen zu lassen.“
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