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Gefahr beim Öffnen

Abfertigung von Importcontainern
Gefahr beim Öffnen

Importcontainer werden teilweise zum Schutz vor Schädlingen begast, gasen aus dem Herstellungsprozess nach oder werden nachträglich behandelt, um Korrosion oder Schimmelpilzbefall zu reduzieren. Personen können beim Öffnen des Containers gefährdet sein. Auch in bereits gelüfteten Containern können sich nach mehrstündigem Verschluss erneut Gase aus der Ware ansammeln. Viele Begasungsmittel bzw. Schadstoffe sind geruchlos oder werden durch andere Gerüche überdeckt, so dass diese nur durch spezielle Messungen festgestellt werden können.

Wilfried Müller, Locon-Consult Transport- & Logistikberatung, Dortmund

„Aus Studien ergibt sich, dass etwa jeder fünfte Importcontainer gesundheitsgefährdende Schadstoffkonzentrationen aufweist“, stellt das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung fest. Und tatsächlich geht von vielen Überseecontainern eine schleichende Gefahr für diejenigen aus, die die Frachteinheiten im Empfängerland arglos öffnen und sie entladen. Denn bei Messungen in zwei großen Nordseehäfen stellten Experten in 20 Prozent der Fälle bedenkliche Schadstoffkonzentrationen in der Container-Luft fest. Gemessen wurden Formaldehyd, Benzol, Phosphorwasserstoff, Brommethan, 1,2-Dichlorethan und Trichlornitromethan (Chlorpikrin) sowie hohe Methylbromid-Konzentrationen an Lösungsmitteln und je nach Ladung kamen weitere Gefahrstoffe hinzu.
Hintergrund, dass überhaupt solche Werte, die deutlich über den Arbeitsplatzgrenzwerten liegen, gemessen werden können, bilden die gesetzlichen Bestimmungen, die eine Begasung beispielsweise aller Holzartikel und -verpackungen in Überseecontainern vorschreiben. Die eingeleiteten Gase töten u. a. mögliche „blinde Passagiere“ wie Spinnen oder Holzbockkäfer, die im Empfängerland sonst Schaden an Flora und Fauna anrichten könnten. Die alternative Wärmebehandlung ist wesentlich teurer als die Begasung und wird deswegen seltener eingesetzt.
Begaste Container müssen mit entsprechenden Warnhinweisen gekennzeichnet sein; nur fach- und sachkundige Personen dürfen sie nach der Gefahrstoffverordnung entgasen und öffnen. Doch die Hinweise sind oft beschädigt oder fehlen manchmal sogar ganz. Und so ist für die Menschen am Bestimmungsort häufig nicht nachvollziehbar, welche Ausdünstungen sie im Innern der Frachteinheit erwarten. Zudem finden sich dort häufig auch Ausgasungen von Industriechemikalien der produzierten Güter – auch sie können ein gesundheitsgefährdendes Potenzial haben. Die Mischung von Schädlingsgasen und Industriechemikalien bildet oftmals einen kaum kalkulierbaren Cocktail.
Bestenfalls muss jeder Container bei Ankunft am Bestimmungsort entgast werden, betonen Fachfirmen für die Be- und Entgasung, die beispielsweise in den Nordsee- und Ostseehäfen tätig sind. Allerdings wird nur ein geringer Prozentsatz der umgeschlagenen Container so umfassend behandelt. Alle übrigen Container gehen direkt in den Hinterlandverkehr – eine Gefahr für die Arbeiter, die den Container schließlich an der Rampe eines Spediteurs oder einer Firma im Inland entladen.
Denn beim Entladen, Umladen oder Lagern der Waren können durch den Kontakt mit den Chemikalien ernsthafte Gesundheitsstörungen entstehen. Betroffene klagen dann über Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Unwohlsein, Übelkeit, Reizungen der Bindehäute und der Haut. Ausführliche klinische Untersuchungen belegen sogar Störungen des Nervensystems, einschließlich des Gehirns und der Atemwege. Wegen des oft schleichenden Beginns können Betroffene jedoch nicht immer die Ursachen für ihre Erkrankung erkennen. Deshalb gilt es vorzubeugen und sich der Problematik auch im Sinne des Arbeitsschutzes bewusst zu sein.
Wie aber sollte man nun mit Importcontainern umgehen? Experten raten dazu, jede Frachteinheit mindestens eine halbe Stunde vor dem Ausladen zur Belüftung offen stehen zu lassen – egal ob offensichtlich begast oder nicht. Zudem existieren verbindliche Regeln zum Umgang mit begasten Containern, die in der Technischen Regel für Gefahrstoffe/Arbeitsplatzgrenzwerte (TRGS) 900 nachzulesen sind. Zusätzlich, so die Experten, gibt es einige Tipps und Verhaltensmaßnahmen, mit denen man seine Mitarbeiter weitergehend schützen kann:
  • Verklebte Lüftungsschlitze und Schlauchstücke weisen in den meisten Fällen auf eine Begasung hin – hier ist also Vorsicht geboten.
  • Wegen der möglichen Gesundheitsgefährdung sollte jede Firma einen Ablaufplan und eine Checkliste erstellen, die den Umgang mit Containern verbindlich regeln. Ihre Einhaltung sollte dann allerdings auch überwacht werden.
  • Die Ausbildung von sachkundigen Personen zu diesem Thema ist immens wichtig.
  • Im Zweifelsfall ist die Konzentration von Schadgasen von Profis zu messen und, wenn nötig, der Container professionell entgasen zu lassen.
  • Container sind so zu lüften, dass eventuell vorhandene Gase sich nicht wieder an der Rampe oder in Gebäuden sammeln können. Für die ausreichende Lüftung der Gebäude ist zusätzlich zu sorgen.

  • Weitere Informationen

    Weitere Hinweise zu den Gefährdungen enthalten beispielsweise das Faltblatt „Begaste Container“ der Berufsgenossenschaft Fahrzeughaltungen (BGF) und die Internetseiten des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (BGIA), Suchwort „Importcontainer“ (www.dguv.de/bgia/de).
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