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Fahrermangel bekämpfen: Online-Marketing in der Logistikbranche

Fahrermangel bekämpfen
Online-Marketing in der Logistikbranche

Viele KMUs sind dabei, ihren Online-Auftritt zu überdenken und fragen sich, was sich im B2B-Bereich tatsächlich lohnt. Der Logistikdienstleister Pfenning Logistics hat sich schon Gedanken gemacht und setzt auf Sichtbarkeit und soziale Medien. So wollen sie nicht nur ihre Fahrer, Lagerarbeiter und Mitarbeiter mit der Zentrale zusammenbringen, sondern auch neue Bewerber anlocken – in einer Zeit, in der großer Fahrermangel in der Branche herrscht, ist das eine zukunftsweisende Strategie.

Remo ist Musiker in der Band „Heyzy“ und war mal Boxer. Ach, und Lkw-Fahrer ist der gelernte Baggerfahrer auch. Was er an seinem Beruf besonders schätzt? „Dass man das Leben frei gestalten kann, dass man seine Interessen ausleben kann“, sagt er. Auch seine Kollegen mag er – sicher einer der Gründe, warum er schon seit über zehn Jahren bei Pfenning Logistics beschäftigt ist. „Man muss arbeiten, das ist klar“, sagt Remo, „und hier habe ich mir das Perfekte ausgesucht.“

Remo ist nur einer von vielen Fahrern, die auf der Webseite Lkw-Logenplatz.de zu Wort kommen. Auf der Webseite postet das Unternehmen Pfenning Logistics Videos und Stories ihrer Fahrer.

„Wir müssen damit anfangen, nicht nur über unsere Fahrer zu sprechen, sondern sie auch selbst zu Wort kommen lassen“, erklärt Yeliz
Kavak-Küstner, Leiterin von Marketing, PR und New Business bei Pfenning Logistics. Die Webseite ist nur ein Standbein der vielseitigen Online-Strategie des Unternehmens.

Der Logistikanbieter ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Der Mitarbeiterstamm erweiterte sich um 1500 auf 3500, das Unternehmen hat neue Lagerflächen erbaut und viele neue Lösungen in den Bereichen Lager, Fuhrpark, Facility Management und Personal sowie die Betreuung des Baus ganzer Logistikzentren hinzugewonnen. Pfenning ist vom Kontrakt-Logistiker zum Full-Service-Provider gewachsen. So stand das Unternehmen vor der Herausforderung, seine Marke und sein Image neu zu gestalten. Dabei hat auch das Online-Marketing einen wichtigen Stellenwert eingenommen – was in der Branche nicht gerade selbstverständlich ist: „Das Thema Online-Marketing wird in der Logistik noch unterschätzt“, sagt Kavak-Küstner. Wie wichtig ein gutes Online-Angebot auch im B2B-Bereich ist, zeigt die Studie „2019 Social Media Use in the Industrial Sector” von IEEE GlobalSpec. Laut dieser Untersuchung steht die Online-Recherche für viele Einkäufer an erster Stelle. Suchmaschinen, Kataloge im Internet und die Webseiten von Anbietern bilden die Top Drei, aber auch Mailings, Online-Ratings und Videos spielen neben traditionellen Kanälen wie Messen, Vorschläge von Kollegen und Fachpublikationen eine Rolle. Zusätzlich finden sich soziale Medien wie LinkedIn und Facebook im Ranking.

Eine Webseite allein reicht nicht

Die Webseite hat sich zum virtuellen Schaufenster eines Unternehmens entwickelt, und deshalb wurde diese Anfang 2019 bei Pfenning Logistics komplett erneuert. „So konnten wir die Weiterentwicklung unserer Firmengruppe besser an unsere Kunden und Ansprechpartner kommunizieren“, sagt Kavak-Küstner. Zur Ansprache von B2B-Kunden dient also ganz klassisch die Webseite. Und dennoch sollten andere Kanäle wie die sozialen Medien von Logistikunternehmen und -einkäufern nicht aus den Augen verloren werden. Kavak-Küstner sagt: „Nur eine Homepage reicht heutzutage einfach nicht mehr. Die junge Generation und auch Fahrer sind heute online unterwegs, vor allem auf Facebook. Diese neuen Kommunikationskanäle müssen bedient werden, und es ist nicht mehr zeitgemäß zu sagen, dass es sich ‚nicht lohnt‘.“ Soziale Medien bieten einem Unternehmen eine größere Reichweite: unter den Mitarbeitern, aber auch darüber hinaus. Für ihre beiden Kampagnen auf sozialen Medien beauftragt Pfenning Logistics eine Agentur, und entwickelt mit dieser zusammen die Redaktionspläne für die geplanten Posts. Dabei kümmern sich mehrere Mitarbeiter um die Wartung und Pflege der Kanäle, die nicht nur zu den normalen Bürozeiten, sondern auch am Wochenende betreut werden, um schnelle Antworten zu garantieren. „Wir wollen die Leute nicht auf Montag vertrösten“, sagt Kavak-Köstner. Die Online-Tätigkeiten zumindest teilweise outzusourcen macht Sinn, denn um einen Auftritt in sozialen Medien richtig zu bedienen, ist für eine Einzelperson oft nicht zu leisten: denn gefragt sind Kenntnisse im Texten, der Bildbearbeitung, Recherche und im Videodreh. Werden diese Tätigkeiten ausgelagert, können selbst KMUs, die personell nicht so dicht aufgestellt sind, eine Online-Kampagne fahren.

Soziale Medien sind nicht gleich soziale Medien. In ihrem „B2B Social Media Report 2017“ fand die Agentur Brandwatch heraus, dass Unternehmen am meisten auf Twitter posten, dann auf News-Seiten, Foren, Facebook, Blogs und Instagram. Instagram hat in den letzten Jahren stark zugelegt. Das spiegelt sich auch darin wider, dass Bilder inzwischen die am öftesten verwendete Posting-Art ist, gefolgt von Links, Videos und am Schluss Statusmeldungen. Die Plattformen unterscheiden sich in ihrer Aufmachung und ihrer Zielgruppe gewaltig. Während Instagram zum Beispiel von farbenfrohen Bildern lebt, sind Xing und LinkedIn inzwischen seriöse Plattformen, auf denen Geschäftskontakte gepflegt werden. Der alte Platzhirsch Facebook dagegen wird von vielen im privaten Bereich genutzt und Twitter schwebt irgendwo zwischen seriösem Nachrichtenkanal und halb-ernstem, öffentlichem Diskussionsforum.

Welcher Content auf welcher Plattform?

Das Unternehmen Pfenning Logistics hat sich langsam vorangetastet, um herauszufinden, welcher Inhalt auf welcher Plattform funktioniert und welcher nicht. Dabei haben sie herausgefunden, dass auf Facebook nicht etwa Fachbeiträge ziehen, sondern Themen, mit denen sich die Zielgruppe identifizieren kann. „Die Leute wollen unterhalten werden“, sagt Kavak-Küstner, „aber der Inhalt muss schon zum Thema Logistik passen und die Leute auch interessieren.“ Bei Pfenning fiel die Entscheidung auf Facebook als Plattform, weil sich hier die Zielgruppe aufhält: die Fahrer und Lagerarbeiter des Unternehmens, die Mitarbeiter in der Zentrale und andere Interessierte und Jobsuchende. Der Ton der Plattform ist einfach ein anderer: „Wir wollen die Leute emotional packen“, sagt Kavak-Küstner, „Dafür sind Xing oder LinkedIn nicht geeignet.“ Die letzteren beiden Plattformen bieten sich dagegen eher zur Pflege von Geschäftsbeziehungen an.

Bindung und Bewerber

Die Ziele für die Einbindung von Facebook sind bei Pfenning auf der einen Seite die Mitarbeiterbindung ans Unternehmen, zum anderen die Anziehung von externen Interessenten, dabei vor allem potenziellen Mitarbeitern. Direkte Wege zum potenziellen Bewerber sind in der Zeit des großen Fahrermangels ein Pluspunkt für jedes Logistikunternehmen. Stellenanzeigen für Fahrer oder Lagerarbeiter können auf Facebook direkt gepostet werden und ohne Umwege ihre Empfänger finden. Denn potenzielle gewerbliche Mitarbeiter haben oft kein Profil auf LinkedIn oder Xing und sind besser über Facebook erreichbar. Dazu kommt, dass Stellenangebote ganz einfach mit Freunden und Bekannten, die auf der Suche nach einem Job sind, geteilt werden können. Auf Facebook verlinkt das Unternehmen dann direkt auf ein einfaches Bewerbungsformular auf der Homepage, was die Einstiegshürden für potenzielle Bewerber senkt. „Die Bewerbungen kommen so auf jeden Fall rein“, sagt Kavak-Küstner.

Das Zweigespann

Das Unternehmen betreibt zwei Online-Kampangen. Auf der einen Facebookseite postet es unternehmensinterne Nachrichten: dass das Unternehmen nunmehr Platz 66 der „Top 100“-Logistikunternehmen belegt, wie das Sommerfest verlaufen ist, aber auch saisonale Grüße oder das ein oder andere lustige Video sind dabei. „Der Bedarf, sich auszutauschen, ist groß“, sagt Kavak-Küstner. Gleichzeitig bietet sich hier eine Möglichkeit, den Mitarbeitern auch emotional etwas zurückzugeben und ihnen für gute Arbeit zu danken. Dann gibt es noch die Landingpage „LKW Logenplatz“, auf dem Fahrer wie Remo vorgestellt werden. Die dazugehörige Facebook-Seite dient dazu, mit Menschen direkt in den Dialog zu treten. Kavak-Küstner sagt: „Wir wollen unsere Fahrer deutschlandweit erreichen. Oft weiß ein Fahrer zum Beispiel in Bremen nicht, was wir in der Zentrale tun oder womit sich andere Fahrer beschäftigen. Sie leben dann in ihrer ganz eigenen Welt.“ Soziale Medien bieten die Gelegenheit, alle an einen Tisch zu holen – zumindest virtuell. Auf dieser Seite postet Pfenning manchmal Humorvolles, manchmal Nachdenkliches, warnt vor einem Sturm oder vor Glatteis und fragt auch mal nach: „Wie bist du Lkw-Fahrer geworden?“ oder „Kannst du dich noch an deinen ersten Lkw erinnern? Erzähl uns davon!“ Denn eines ist klar: wenn man einfach mal nachfragt, bekommt man oft ganz wundervolle Geschichten erzählt.


Das Unternehmen

Die Pfenning Logistics Gruppe

…ist ein Full-Service-Provider mit Hauptsitz in Heddesheim, Baden-Württemberg. Die Kernkompetenzen des Unternehmens sind Lager- und Transportlogistik sowie Logistikberatung. Es bietet aber auch Lösungen in den Bereichen Facility und Security Services, Metallverarbeitung oder beim Aufbau eines Fuhrparks. Das Unternehmen hat 90 Standorte und einen Fuhrpark von 700 Fahrzeugen. Gerade wurde ein zweites Logistikzentrum in Monsheim bei Worms in Betrieb genommen.


Nachgefragt

Einmaleins der sozialen Medien für Einkäufer

Dr. Claudia Hilker, Professorin für Marketing an der Fresenius Hochschule und Unternehmensinhaberin der Beratung „Hilker Consulting“ für Digital Marketing, beantwortet Fragen für Einkäufer über die Social-Media-Nutzung.

Wie können Einkäufer soziale Medien nutzen?

Einkäufer können soziale Bewertungsplattformen nutzen, um potenzielle Lieferanten zu analysieren. Zum Beispiel kann man auf Bewertungsplattformen wie ProvenExpert oder Ekomi Informationen gewinnen zur Frage: Wie zufrieden sind Kunden mit dem Unternehmen? Auch die Bewertungsplattform Kununu.com liefert interessante Informationen: Wie steht es um die Mitarbeiter-Zufriedenheit? Ein Unternehmen mit einer hoher Fluktuation ist oft ein Hinweis auf schlechte Unternehmenskultur.

Eine andere Möglichkeit ist es, Social-Media-Netzwerke für Empfehlungen zu nutzen. Das ist natürlich keine objektiven Umfrage wie die eines Marktforschungsinstituts, aber es kann dabei helfen, neue Anbieter zu finden. Ich habe zum Beispiel kürzlich in einer Facebook Umfrage wissen wollen, welche Internet-Provider meine Kontakte verwenden, weil ich auf der Suche nach einem neuen Anbieter war. Dabei kamen ganz überraschende Ergebnisse heraus. In einer lockeren Diskussion besteht dann die Möglichkeit, weiter zu fragen: Welches Produkt ist empfehlenswert? Welcher Anbieter ist der beste? Es gibt in diesen Diskussionen neben humorvollen Kommentaren auch viele fachliche und kompetente Beiträge. So kann man Anwender-Erfahrungen erkunden und Erkenntnisse aus der Praxis für eigene Kauf-Entscheidungen gewinnen.

Sollten Einkäufer in Zukunft mehr auf soziale Medien achten?

Ich habe viele Einkäufer darin beraten, wie sie soziale Medien nutzen. Eine eigene Präsenz kann schwierig sein, weil sie Einkäufer in einen Gewissenkonflikt bringen kann. Schließlich muss der Einkäufer am Ende in der Lage sein, objektive Entscheidungen zu treffen, wenn es um die Vergabe von Aufträgen geht. Zuviel Nähe zu Anbietern kann als potenzielle Beeinflussung gedeutet werden.

Doch Einkäufer können auch die umgekehrte Strategie nutzen. Sie können digital sichtbar sein und sich offensiv vernetzen. Hier ist wichtig, ganz klar zu unterscheiden – zwischen dem Vernetzen auf der einen und der tatsächlichen Auftragsvergabe auf der anderen Seite. Nur so kann die Souveränität des Einkäufers gewahrt bleiben – das ist ganz klar eine Gewissensfrage zu loyalen Identifikation mit dem Arbeitgeber und sichert die eigene Position und Karriere.


Sanja Döttling, Redakteurin Beschaffung aktuell

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