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Lieferantenengpässe in der Krise vermeiden

Lieferantenengpässe in der Krise vermeiden
Prävention statt Schockstarre

Prävention statt Schockstarre
Gregor Stühler (Mitte) ist einer der drei Gründer von Scoutbee. Ebenfalls in der Geschäftsführung: Fabian Heinrich (l.) und Lee Galbraith (r.). Bild: Scoutbee
Wie stressresistent sind unsere Lieferketten? Die Corona-Krise, als aktuelles Beispiel, führt uns erneut vor Augen: Fällt ein Zulieferer aus, drohen ganze Produktionsketten wie ein Kartenhaus in sich zusammenzufallen. Doch wie können wir unsere Supply-Chains auf ein breiteres, krisenfestes Fundament stellen? Ein modernes Beschaffungswesen spielt eine zentrale Rolle, so Gregor Stühler, Mitgründer und Geschäftsführer der Lieferanten-Scouting-Software Scoutbee.

„Die Produktion steht still!“ Schlagzeilen wie diese waberten in den vergangenen Wochen in besorgniserregender Frequenz durch die Medien. Die Konzern-Meldungen durch die überregionalen Tageszeitungen, die Mittelständler und Kleinunternehmen durch die lokale Presse. Immer mit im Bunde: die Corona-Krise als Ursache für Kurzarbeit oder Produktionsstopps. Denn die Pandemie nimmt die Lieferketten von beinahe allen Unternehmen unter Beschuss; ganz gleich ob multinationaler Konzern oder Mittelständler, ob Automobilhersteller oder Gießerei. Und das aus gleich mehreren Gründen.

Die Situation bleibt unübersichtlich

Das Damoklesschwert „Lieferausfall” kreist über den Köpfen des produzierenden Gewerbes. Dass Zulieferer aufgrund von Ausgangsbeschränkungen und Lockdowns Schwierigkeiten haben, die Produktion aufrecht zu erhalten, ist in dem Zusammenhang inzwischen bekannt. Wichtiger ist: die Märkte bleiben volatil. Das Schwert kann jeden Moment und überall fallen, solange das Virus grassiert.

Denn Länder wie China fahren ihre Wirtschaft zwar wieder hoch – gleichzeitig brechen durch den Lockdown in Indien große Kapazitäten wieder weg. Und sobald Infizierten-Zahlen an einem Ort im Zuge der Lockerungen wieder steigen, kann die Produktion schnell wieder sinken. Unternehmen sollten somit die Orte ihrer Zulieferer stets unter Beobachtung halten.

Pleiten müssen einkalkuliert werden

Die Corona-Krise reißt jedoch nicht nur temporäre Lücken in die Lieferketten, sie sprengt diese eventuell gänzlich. Im Zuge der Produktionsstopps und Lieferausfälle geraten viele Zulieferer in wirtschaftliche Existenznöte. Die Folgen sind Kurzarbeit – oder gar die Insolvenz.

In der letzten globalen Wirtschaftskrise im Jahr 2008 schnellten die Insolvenzen von Unternehmen in die Höhe. Alleine in Deutschland stiegen die Unternehmensinsolvenzen laut dem Statistischen Bundesamt 2009 im Zuge der Finanzkrise auf 32.687; ein Zuwachs von 11,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einige Lieferanten, die Ware im Rahmen der jetzigen Krise nicht produzieren oder ausliefern können, tauchen unter Umständen im Anschluss an die Krise in diesen Statistiken auf. Lücken in den Zulieferstruktur müssen in der Folge nicht nur temporär, sondern dauerhaft gestopft werden.

Die Preise sind ein Auf und Ab

Lieferengpässe, Exportverbote, fehlende Nachfrage aufgrund von Produktionsstopps – derartige Krisen-Effekte spielen Limbo mit der Preisentwicklung von (Produktions-)Materialien. Ein Beispiel: Der Preis pro Tonne Aluminium sank während der Finanzkrise auf 1130 US-Dollar im März 2009. Bereits im Januar 2010 kletterten die Preise wieder auf 2210 US-Dollar pro Tonne (IndexMundi). Ähnlich verhielt es sich mit einer Vielzahl anderer Rohstoffe, etwa Gummi oder Blei.

Die Folgen für Unternehmen

Die Folgen dieses Corona-Stresstests: die Lieferkette wird gespannt wie ein Gummiband. Je mehr Druck die Krise ausübt, desto wahrscheinlicher fallen Zulieferer aus der Kette. Ergo: das Band reißt. Die betroffenen Unternehmen geraten in große finanzielle Schwierigkeiten. Beim Automobilhersteller Volkswagen standen vor einigen Jahren die Fließbänder des Wolfsburger Stammheims aufgrund eines Streits mit zwei Zulieferern still. Die Zeit berechnete, dass dieser Produktionsstopp das Unternehmen pro Woche knapp 410 Millionen Euro Umsatz kosten würde. Nicht jedes Unternehmen hat die finanziellen Rücklagen wie Volkswagen; oder die Vielzahl anderer Produktionsstandorte, sodass andere Produkte weiter produziert werden können. Die finanziellen Konsequenzen derartiger Produktionsstopps wiegen in diesen Unternehmen deutlich schwerer.

Das Problem: Die Glieder der Lieferketten lassen sich nicht mit einem Fingerschnipp austauschen oder stopfen. Bis ein neuer Lieferant gefunden ist, die Verträge geschlossen sind und die Produktion anlaufen kann vergeht Zeit. Im Best Case: Mehrere Wochen. Im Worst Case: Mehrere Monate.

Flaschenhals Beschaffungswesen

Die entscheidende Frage ist daher, warum die Abhängigkeit vieler Unternehmen – selbst großer Konzerne wie Volkswagen – von einzelnen Zulieferern derart hoch ist? Und warum diese im Bedarfsfall nicht schneller auf Alternativen zugreifen können? Dies hat dreierlei Gründe:

  • Für einige komplexe Produkte gibt es nur wenige, hochspezialisierte Zulieferer. Unternehmen können auf keinen breiten Fundus an Alternativen zugreifen.
  • Bis die Produktion der Ersatz-Zulieferer anläuft vergeht einige Zeit. Die Firmen müssen Werkzeuge bauen oder kaufen, Personal einarbeiten, die Qualitätsprüfung durchlaufen.
  • Das Beschaffungswesen ist ein Nadelöhr.

Gerade letzteres ist einer der Gründe, warum viele Lieferketten nur auf wackeligen Beinen stehen. Denn der derzeitige Status Quo im Beschaffungswesen ist ressourcenaufwändig, zeitintensiv und intransparent.

Die Abläufe im Beschaffungswesen sind trotz Digitalisierung noch immer hochgradig manuell. Lieferantensuchen erfolgen häufig via Suchmaschinen wie Google, Ausstellerlisten auf Messen, einigen hoch-spezifischen Datenbanken oder dem Who-is-Who der Zulieferer.

  • Doch mit dem Namen der potenziellen Zulieferer ist die Suche nicht abgeschlossen. Verfügt dieser über die notwendigen Produktionskapazitäten für die gewünschte Menge, wie lange sind die Lieferzeiten, besitzt er die benötigten Zertifizierungen, wie steht es um seine Vertrauenswürdigkeit? Derartige Fragen lassen sich nur selten über Listen, Datenbanken und das World Wide Web klären. Das Einholen dieser spezifischen Informationen kostet Zeit.
  • Toppen Online-Marketing-Budgets die Qualität? Aufgrund der langwierigen und beschränkten Recherchemöglichkeiten tauchen viele Zulieferer gar nicht erst auf dem Radar der Procurement-Manager auf. Diverse passende Alternativen gehen in den Recherchen zwischen den bekannten Namen verloren oder werden wegen fremdsprachiger Suchbegriffe nicht gefunden.
  • Somit zieht sich die Suche nach neuen Lieferanten wie Kaugummi. Es kostet bereits Tage, um auf eine Longlist mehrerer, vielleicht passender, Namen zu kommen. Wiederum weitere Wochen fallen an, um alle erforderlichen Informationen zusammenzutragen, die es für eine Entscheidung braucht.

In diesem System bindet die Suche nach Lieferanten ein Gros der Kapazitäten, Recherchen werden zum Marathon. Die Folge: die Prozesse im Beschaffungswesen sind sehr reaktiv. Auf Bedarf – etwa für einen neuen Standort oder eine neue Produktlinie – bauen die Teams eine Lieferkette auf. Für Add-Ons wie Alternativ-Zulieferer fehlt die Zeit; das nächste Projekt steht an.

Das Beschaffungswesen hat das Potenzial zum Helden

Die gute Nachricht: Das Beschaffungswesen verfügt über das immense Potenzial, Lieferketten breiter und präventiver aufzustellen falls ein Lieferant ausfallen sollte. Vorausgesetzt, die Unternehmen brechen den Status Quo auf und beschleunigen das Scouting.

An dieser Stelle tritt die Technologie auf den Plan. Genauer gesagt: Künstliche Intelligenz. Moderne Datenbanken bauen ganze Schätze an Lieferantendaten aus aller Welt auf. Sie ziehen Informationen über Lieferanten aus allen Ecken des Planeten über das World Wide Web, von Drittanbietern wie Dun & Bradstreet oder anderen Plattformen. Sie konsolidieren praktisch alles Wissen über Lieferanten, welches bislang in unzähligen einzelnen Quellen in der Unendlichkeit des Internet umherschwirrte, auf einer Plattform und machen sie den Procurement-Teams zugänglich.

Doch da es für Menschen noch immer beinahe unmöglich ist, diese Lawinen an Daten schnell und umfassend zu analysieren, durchforsten stattdessen Künstliche Intelligenzen diese Datenbanken. Man füttert sie mit den eigenen Anforderungen an die Lieferanten – der benötigten Produktionsmenge, den Zertifizierungen, die Lieferanten aufweisen müssen und mehr. Basierend auf diesen Bedürfnissen erstellt die Software dann spezifische Longlists mit geeigneten Zulieferern. Und dies innerhalb von Tagen – nicht über Monate.

Statt endloser Arbeitsstunden in die manuelle Recherche einiger weniger neuer Partner zu stecken, können Procurement-Teams ihre Prioritäten neu verteilen und ganze Zulieferer-Netzwerke aufbauen, auf denen sie ihre Bedarfe verteilen oder die sie für Lieferengpässe in der Hinterhand behalten. Das Nadelöhr Beschaffung wird somit zu einem wichtigen Faktor für Unternehmen, Lieferketten stressresistenter zu machen und Produktionsausfälle – und somit signifikante Umsatzeinbußen – zu vermeiden.

Wir müssen die Lehren aus der Corona-Krise ziehen

Und das ist bitter nötig. Die Corona-Krise ist nur das aktuelle einer langen Reihe an Beispielen, welche uns die Tücken und Lücken heutiger Lieferketten offenlegen. Machen wir uns nichts vor: derartige Krisen sind keine Ausnahmen. Immer wieder erschüttern regionale Naturkatastrophen, Fabrik-Brände oder wirtschaftliche Krisen die Supply Chains.

Wir sind gewarnt. Es gilt die Lieferketten endlich stressresistenter zu machen und nicht nur mögliche Risiken zu messen! Beschaffungsteams müssen agieren, nicht reagieren. Nun greifen uns digitale Helfer unter die Arme, um dies endlich in die Tat umzusetzen.


Interesse geweckt?

Webinar mit Scoutbee: Supply Chains in der Zukunft: Stärkung & Diversifizierung mit digitalem Scouting 

Wenn Sie mehr über das Lieferanten-Scouting mithilfe der Softwarelösung Scoutbee erfahren wollen, dann laden wir Sie zu unserem kostenfreien Webinar ein.

Thema: Supply Chain der Zukunft: Stärkung & Diversifizierung mit digitalem Scouting

Termin: Dienstag, 19. Mai 2020 um 11 Uhr

Sie finden die Anmeldung hier.


Gregor Stühler ist Mitgründer und Geschäftsführer des Unternehmens scoutbee, einer Plattform für die digitale Lieferantensuche. Große Konzerne wie Audi, Airbus, Caterpillar oder Bosch sowie 75 weitere Unternehmen nutzen bereits die Datenbank und die Künstliche Intelligenz des Unternehmens.

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