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Christoph Rößner, Laserhub: „Die Störungen in der Supply Chain hatten ein positives Momentum für uns“

Christoph Rößner, Geschäftsführer und Co-Gründer, Laserhub
„Die Störungen in der Supply Chain hatten ein positives Momentum für uns“

„Die Störungen in der Supply Chain hatten ein positives Momentum für uns“
Christoph Rößner ist Geschäftsführer und Co-Gründer der Beschaffungsplattform Laserhub. Bild: Laserhub

Die Märkte waren und sind weiterhin angespannt. Für eine Beschaffungsplattform mit einer breiten Lieferantenbasis kann das dennoch von Vorteil sein. Warum das so ist, erläutert Christoph Rößner, Geschäftsführer und Co-Gründer von Laserhub, im Gespräch mit der Beschaffung aktuell.

Das Interview führte Yannick Schwab, Redaktion Beschaffung aktuell

Beschaffung aktuell: Herr Rößner, wie haben Sie die Beschaffungsmärkte in den vergangenen Pandemie-Jahren wahrgenommen?

Christoph Rößner: Über die Situation 2020 müssen wir nicht großartig reden – Pandemie, Lockdown, Fabrikschließungen. Ein sehr vorsichtiges Agieren ist bei so einer Krise erstmal das natürliche Verhalten von Zulieferern. Das hat vor allem bei den großen Stahl- und Rohmaterialherstellern stattgefunden. Die Hochöfen wurden runtergefahren und es wurde abgewartet, wie sich der Welthandel entwickelt. Als die Nachfrage wieder stark angestiegen ist, sind die Produzenten nicht hinterhergekommen. Dazu kamen geopolitische Spannungen sowie ein ausgebremster Welthandel. Das hat dazu geführt, dass wir im März und April 2021 eine extrem angespannte Situation auf den Rohstoffmärkten hatten. Wir haben diesbezüglich Frühindikatoren wahrgenommen, weshalb wir nicht unbedingt überrascht waren.

Was für uns verwunderlich war, war die Amplitude der tagesaktuellen Preissprünge. Das bedeutet für eine Plattform, die den Preis für Kunden und Lieferanten stellt, erstmal einen gewissen Stresstest. Preise, die wir früher etwa alle zwei Wochen aktualisiert hatten, musste viel häufiger aktualisiert werden. In dieser Zeit haben wir als Laserhub viel dazugelernt und unsere Preis-Algorithmen zukunftsgerechter aufstellen können, sodass wir für zukünftige externe Schocks sehr gut aufgestellt sind.

Wie hat sich die Situation für den Einkauf dargestellt?

Rößner: Viele EinkäuferInnen waren plötzlich damit konfrontiert, dass ihre Lieferanten nicht mehr vollumfänglich oder gar nicht mehr lieferfähig waren. Eine Plattform mit einer großen Breite an Lieferanten kann diesen Job übernehmen und dafür sorgen, dass der benötigte Teilenachschub auch in Krisenzeiten bestmöglich funktioniert. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen, die eher wenige Lieferanten haben, besteht ein erhebliches Risiko des Ausfalls. Bei größeren Unternehmen, die bisher vor allem in Fernost produzieren, steht nun vermehrt das Nearshoring im Fokus. Blechteile die früher in Asien produziert wurden, werden zusehends wieder in Europa gefertigt.

Das Spannende für uns als Plattform: Große Unternehmen haben oft eine gute Kenntnis des Lieferantenmarktes im Ausland, aber nicht so sehr im Inland. Weshalb Plattformen ein bevorzugter Ansprechpartner sind. Darüber hinaus sehen wir seit Herbst 2021, dass Projekte nach hinten verschoben werden, weil die Problematik nun vermehrt auf der Elektronikseite zuschlägt. Da stehen fertige Blechgehäuse und der Maschinenbauer wartet auf Semiconductors, Touchscreen und Elektronikkomponenten. Es entsteht also ein großer Order-Backlog in Deutschland und in Europa, sodass die Industrie auf einem sehr großen Auftragsbestand sitzt

Hatten Sie und Ihre Produzenten Probleme, die Laserhub-Anwender pünktlich zu beliefern?

Ganz ehrlich: die Heftigkeit der Materialkrise im März 2021 hat uns zunächst überrascht. Wir haben aber rasch verstanden, wie wir als Plattform mit einer derartigen Situation umgehen können. Trotz aller externen Einflussfaktoren können wir zuverlässig an unsere Kunden liefern, wenn wir die Aufträge geschickt im Netzwerk verteilen. Um dies zu ermöglichen, haben wir permanent unser Angebot überprüft und an die Materialsituation angepasst. Aber natürlich kann es auch bei einer Plattform mit einer breiten und diversen Lieferantenbasis zu Verzögerungen kommen, die durch äußere Umstände verursacht sind, auf die wir nur begrenzt einen Einfluss haben. Auch wenn unsere Kunden stets transparent über den Status quo ihrer Aufträge über ihr Kundenkonto informiert sind, informieren wir bei drohenden Verspätungen nochmals proaktiv über E-Mail und stimmen den Liefertermin ab.

Aktuell stehen wir erneut vor einer Materialkrise, bedingt durch den Krieg in der Ukraine. Gehen Sie davon aus, dass sich die Materialsituation wieder normalisieren wird?

Rößner: In naher Zukunft ist nicht davon auszugehen. Wenn wir uns jetzt auf die rein wirtschaftlichen Faktoren blicken, ergibt sich ein komplexes Bild. Zum einen kommt ein großer Teil des Blechs, dass wir in der EU verwenden aus den betroffenen Ländern. Dasselbe trifft auch auf Vormaterialen für die Herstellung zu. Das heißt aber nicht automatisch, dass die Bestände knapp werden. Zum anderen sind nämlich Stand jetzt die Lager noch gut gefüllt und die Automobilindustrie hat ihre Nachfrage angepasst. Was aber wiederum zu ganz anderen Folgeerscheinungen führen kann. Und von Energiepreisen haben wir hier noch gar nicht gesprochen. Nichtsdestotrotz sind wir durch die vorherigen Krisen gut vorbereitet. Unsere Lieferantenbasis ist sehr breit und damit resilient. Und wir haben viel in die Market Intelligence investiert, um jede Bewegung schon im Vorhinein antizipieren zu können und dementsprechend zu reagieren. Das wissen unsere Kunden sehr zu schätzen.

Glauben Sie das Thema „Nearshoring“ gewinnt weiter an Relevanz?

Rößner: Ich glaube nicht, dass das Rad der Globalisierung zurückgedreht wird. Aber es gibt Produktgruppen, dazu zähle ich Laser- und Biegeteile, die man auf den Prüfstand stellen muss und das machen auch viele. Bei einem einfachen Laserteil haben Sie zwei große Preistreiber: Erstens das Material, welches weltweit etwa gleich teuer ist, und zweitens eine Maschine mit hohem Automatisierungsgrad. Und eine Trumpf-Maschine kostet in Europa so viel wie in Asien. Bedeutet dadurch, dass es wenig manuellen Aufwand an diesen Teilen gibt, sind Preisunterschiede vernachlässigbar. Es gibt andere Warengruppen, wie komplexe Baugruppen mit manueller Schweißarbeit, wo es sicherlich nach wie vor ein Preisgefälle gibt. Hier wird auch die internationale Beschaffung ein Thema bleiben. ein

Wie hat sich die Laserhub-Plattform im Jahr 2021 entwickelt und wie soll es 2022 weitergehen?

Rößner: 2021 war stark von Materialthemen und Supply-Chain-Störungen geprägt, die für uns aber ein positives Momentum hatten. Einerseits waren wir gezwungen Entwicklungen vorzuziehen, um uns gegenüber den Preisschwankungen besser aufzustellen und in Bezug auf Größe sowie Diversität unseres Lieferantennetzwerks schneller voranzukommen. Das haben wir gemacht und ich würde behaupten, dass Laserhub sehr gut gewappnet ist. Unsere Liefertermintreue ist auf einem Allzeithoch, genauso wie unser Net Promoter Score (NPS). Neben der Kundenzufriedenheit haben wir auch wirtschaftlich ein gutes Jahr hinter uns. Laserhub hat sich dynamisch entwickelt und sehr gute Wachstumsraten ausgewiesen.

2022 bleibt aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg leider noch ein Blick in die Glaskugel. Die gesamte Wirtschaft ist gerade dabei, sich auf diese tragische, humanitäre Katastrophe einzustellen und neu auszurichten. Wir von Laserhub haben bereits sehr früh proaktiv reagiert und unser Materialangebot und Lieferzeiten an die neuen Realitäten angepasst, sodass wir unverändert zuverlässig unsere Kunden beliefern können. Zudem haben wir unsere Kunden über den Status quo auf unserer Plattform informiert und ihnen Tipps an die Hand gegeben, wie diese selbst am besten auf die veränderte Materialsituation reagieren können. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Euro-Raum ist insbesondere wegen des Krieges sehr unsicher. Dennoch werden wir unser Angebot weiter internationalisieren und haben mit Belgien und Luxemburg schon früh dieses Jahr zwei weitere Länder aufgenommen. Darüber hinaus haben wir uns zuletzt in der Fertigungstiefe weiterentwickelt und das Schweißen in unser Portfolio aufgenommen.

Mit welchen Themen muss sich der Einkauf zukünftig auseinandersetzen? Wie wird man den Herausforderungen umgegangen?

Rößner: Ich bin mir sicher, dass die Digitalisierung und Plattformen, die auf eine breite Diversität zurückgreifen und gewisse Risiken abfedern, von der Landschaft nicht mehr verschwinden werden. Unabhängig davon ist es für den Einkauf wichtig, auch abseits solcher Portale das Thema Diversität hochzuhalten. Wenn eine Plattform nicht die Lösung ist – was sie nicht für alle Produktgruppen sein kann – sollten Betriebe mehr Lieferanten in ihr Portfolio aufnehmen und sich geografisch variabel aufstellen, um die Risiken auf der Landkarte zu streuen und auch vermehrt wieder über Lagerhaltung nachdenken. Darüber hinaus sind EinkäuferInnen gut damit beraten, sich mit dem Thema Absichern von Preisschwankungen zu beschäftigen. Es wird eine mehr und mehr komplexere Welt und vor diesem Hintergrund muss und kann die Digitalisierung vieles lösen.

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