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Kauf-, Werk- und andere Verträge

Abgrenzung der Vertragsarten im Beschaffungsrecht
Kauf-, Werk- und andere Verträge

Vom einmaligen Kauf bis zur unbefristeten Einstellung: Je höher die Abhängigkeiten, desto größer auch die gegenseitigen Verpflichtungen, welche der Gesetzgeber zwingend vorschreibt. Verstöße können teuer werden.

Michael Grupp, Journalist, Stuttgart

Wer etwas beschafft, sollte dieses Geschäft auf Basis eines Vertrages vorab schriftlich regeln. Der Gesetzgeber hat unterschiedliche Vertragsarten vorbereitet, welche die wichtigsten Punkte festlegen oder zumindest eingrenzen. Die Vertragspartner haben darüber hinaus die Möglichkeit, ihre Zusammenarbeit innerhalb dieser Grenzen individuell zu vereinbaren. Tun sie das nicht oder ungültig, treten automatisch die gesetzlichen Haftungsbestimmungen, Gewährleistungsregeln und im Zweifelsfall auch branchentypische Entgeltregelungen in Kraft.

Ware gegen Geld

Für den Beschaffer ist der Kaufvertrag der häufigste und damit wichtigste Vertrag. Er regelt den Kauf „handelsüblicher Waren“. Ein Kaufvertrag definiert mindestens vier Grundparameter: Parteien, Ware, Preis und Konditionen. Erfüllt eine der Parteien den Vertrag teilweise nicht (zum Beispiel in puncto Qualität oder Bezahlung), bleibt das Vertragsverhältnis bestehen, bis sich die Partner einigen oder ein Urteil für Klarheit sorgt. Der Lieferant muss also im Zweifelsfall ein zweites oder drittes Mal bis zur endgültigen Vertragserfüllung liefern, der Käufer im Gegenzug auf jeden Fall den vereinbarten Preis zahlen. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet übrigens nicht zwischen Liefer- und Kaufvertrag.

Erfolg gegen Geld

Handelt es sich dagegen um die Beschaffung eines einmaligen Werkes oder einer einmaligen Leistung, tritt der Werkvertrag in Kraft: Bei dieser Vertragsform schuldet der Beauftragte einen vereinbarten Arbeitserfolg. Das können eine Reparatur, ein Bauvorhaben, ein Gutachten, der anstehende Geschäftsbericht oder auch Instandhaltungsarbeiten durch den Hersteller sein. Der Auftragnehmer behält die Weisungsbefugnis über alle eingesetzten Mitarbeiter und kann das Werk nach seinen Vorstellungen, mit seinen Methoden, Werkzeugen und Mitteln erstellen. Entsteht dabei ein durch Copyright geschütztes Werk, wird der Werkvertrag oft mit einem Urheberrechtsvertrag gekoppelt. Dieser regelt dann beispielsweise die mögliche Zweitverwendung der Fotos aus dem Geschäftsbericht oder eine zulässige architektonische Veränderung der neuen Werkshalle. Der Auftraggeber kann den Werkvertrag jederzeit kündigen, der Auftragnehmer nur bei Unzumutbarkeit. Dieser behält in beiden Fällen das Recht auf seine Bezahlung, abzüglich eventuell ersparter Aufwendungen.

Die geschuldete Werkleistung muss im Vertrag möglichst exakt beschrieben sein. Einerseits, um die Abnahme des Werks von Anfang an zu erleichtern, andererseits damit der Auftraggeber nicht in den Verdacht einer Arbeitnehmer-Überlassung kommen kann.

Eine Arbeitnehmer-Überlassung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Verleiher dem Auftraggeber Mitarbeiter zur Verfügung stellt, welche die Arbeit nach den Weisungen und Vorstellungen des Auftraggebers ausführen. Die Vertragspflichten des Verleihers enden mit der Personenauswahl durch den Auftraggeber. Die pauschale Vereinbarung von Montage- oder Schweißer-Leistungen oder gar „Arbeiten aller Art“ sind deutliche Indizien für eine Arbeitnehmer-Überlassung. Eine solche Leiharbeit bringt besondere Rechte und Pflichten mit sich – allen voran Sozialversicherungsbeiträge, aber zum Beispiel auch Fürsorgepflichten, die Forderung nach gleichem Lohn sowie besondere Haftungsregelungen.

Im Rahmen eines Dienstvertrages verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Ableistung eines Dienstes. Ob der gewünschte Erfolg dieses Dienstes erreicht wird, spielt dabei keine Rolle – das ist der wichtigste Unterschied zum Werksvertrag, der sehr wohl ein gewünschtes Ergebnis festschreiben kann. Sanktionsmöglichkeiten hat der Auftraggeber beim Dienstvertrag keine – außer einem Wechsel des Vertragspartners bei nächster Gelegenheit. Typische Dienstverträge werden beispielsweise für Schulungen und Beratungen abgeschlossen. Aber auch der externe Werksschutz wird im Regelfall über einen Dienstvertrag verpflichtet. Gelangen ungebetene Gäste auf das Werksgelände, muss die Basis-Vergütung trotzdem ohne Abschläge bezahlt werden.

Der Arbeitsvertrag

Eine Unterform des Dienstvertrages ist der Arbeitsvertrag, mit dem sich ein nicht-selbstständiger Arbeitnehmer für Lohn oder Gehalt zu einem dauerhaften oder befristeten Dienst verpflichtet. Der Vorteil für den Arbeitgeber liegt in den exklusiven Weisungs- und Gestaltungsberechtigungen in Bezug auf die Arbeit und deren Rahmenbedingungen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Arbeitgeber zu besonders tiefgreifenden Pflichten, beispielsweise zu Urlaub, Entgeltfortzahlung, Sozialleistungen und Kündigungsschutz.


Recht im Einkauf

Die Serie „Rechtsprechung für die Beschaffung“ behandelt juristische Probleme rund um den Einkauf. Sie schafft ein Verständnis für den aktuellen Stand der Rechtsprechung, ersetzt aber nicht die anwaltliche Beratung im Einzelfall.

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